+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A wird wegen Diebstahls (§ 242 Abs. 1 StGB) zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Bei der Tat stand er unter dem Einfluss von Heroin. Bei der Festnahme gab er an, sein letzter "Hit" sei schon zu lange her, wirkte nervös und fahrig und schien die Beamten kaum wahrzunehmen.

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Einordnung des Falls

§ 21 StGB - Betäubungsmittel

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Äußert sich das Urteil des Tatgerichts nicht zu einem naheliegenden Strafmilderungsgrund, ist dies mit der Darstellungsrüge angreifbar.

Ja!

Darstellungsfehler liegen vor, wenn die Strafzumessung im Urteil lückenhaft, widersprüchlich oder unvollständig ist oder gegen Denk- und Erfahrungssätze verstößt. Liegt ein fakultativer Strafmilderungsgrund nach den tatsächlichen Angaben nahe, muss das Tatgericht sich im Urteil dazu verhalten. Schweigt das Urteil zur Strafmilderung völlig, ist die Darlegung der Strafzumessung lückenhaft. Der Tatrichter muss anhand einer Gesamtwürdigung von Tat und Täter entscheiden, ob der mildere Strafrahmen angewandt wird.
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2. Die Rechtsprechung orientiert sich an bestimmten Promille-Werten, wenn es die eingeschränkte Schuldfähigkeit (§ 21 StGB) eines Angeklagten bestimmt. Gibt es solche Werte auch für Betäubungsmittel?

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Rechtsprechung hat für den Fall der Alkoholintoxikation Richtwerte entwickelt, ab denen eine Schuldunfähigkeit (ab 3,0 Promille) oder verminderte Schuldfähigkeit (ab 2,0 Promille) in Betracht kommt. Diese Werte sind nicht in Stein gemeißelt, eine verminderte Schuldunfähigkeit kann mithin auch unter oder erst über 2,0 Promille bestehen. Sie bieten aber in der Praxis einen wichtigen Anknüpfungspunkt. Vergleichbare Werte gibt es für Betäubungsmittel nicht. Hier ist anhand der Indizien des Einzelfalls („psychodiagnostische Kriterien") die Einschränkung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit zu bewerten.

3. Das Tatgericht hätte sich hier im Urteil mit einer Strafmilderung (§§ 21, 49 Abs. 1 StGB) auseinandersetzen müssen.

Ja, in der Tat!

Dass die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit eingeschränkt (§ 21 StGB) ist, liegt zumindest nahe, wenn der Täter unter starken Entzugserscheinungen leidet und durch sie möglicherweise dazu getrieben wird, sich mittels einer Straftat Drogen zu verschaffen oder wenn er das Delikt im Zustand eines aktuellen Rausches verübt. Hier fanden sich noch Spuren von Heroin in As Blut. Auch wirkt er nervös und fahrig ob der Tatsache, dass er seit längerer Zeit kein Heroin mehr konsumiert hatte. Zudem machte er auf die Beamten einen abwesenden Eindruck. Ein Diebstahl ist überdies typisch für den Bereich der Beschaffungskriminalität. Diese Indizien legen einen Fall des § 21 StGB zumindest nahe. Das Tatgericht hätte sich hiermit im Urteil auseinandersetzen müssen. Da es dies nicht tat, liegt jedenfalls ein Darstellungsfehler vor.
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