+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
TikToker T möchte etwas an seine zahlreichen Fans zurückgeben und beginnt daher mit dem Bau eines Kinderspielplatzes. Da T mittlerweile kein unbeschriebenes Blatt mehr ist, will Baubehörde B – notfalls auch gegen Ts Willen – die Baustelle betreten und nach dem Rechten sehen.
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Einordnung des Falls
Verbleibender Anwendungsbereich der bauordnungsrechtlichen Generalklausel
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Taugliche Ermächtigungsgrundlage für das Betreten und Überwachen der Baustelle ist die Generalklausel der BauO (§ 58 Abs. 2 S. 2 BauO NRW).
Nein, das trifft nicht zu!
Die Generalklausel steht unter dem strikten Vorbehalt, dass ein Sachverhalt nicht durch eine Spezialermächtigung geregelt ist. Von ihr darf nur dann Gebrauch gemacht werden, wenn die speziellen Befugnisse den jeweiligen Sachverhalt nicht regeln. Dies ergibt sich insbesondere aus dem allgemeinen Rechtsgrundsatz „lex specialis derogat legi generali.“Spezielle Ermächtigungsgrundlagen zur Bauüberwachung finden sich in den §§ 83-84 BauO NRW. Auf die Generalklausel darf daher nicht zurückgegriffen werden.
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2. Taugliche Ermächtigungsgrundlage für das Betreten und Überwachen der Baustelle ist § 58 Abs. 7 S. 1 BauO NRW i.V.m. § 83 Abs. 1 BauO NRW.
Ja!
§ 83 BauO NRW ist eine allgemeine Prüfermächtigung, die es der Bauaufsichtsbehörde ermöglicht – in Verbindung mit dem Betretungsrecht des § 58 Abs. 7 S. 1 BauO NRW – jede Baustelle zu überprüfen. Das Betreten von Grundstücken und baulichen Anlagen ist dabei aber nie Selbstzweck, sondern dient der Bauüberwachung. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des Betretungsrechts: „in Ausübung ihres Amtes.” Die Bauüberwachung soll die tatsächliche Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften sichern und dafür sorgen, dass die Pflichten der am Bau Beteiligten (vgl. § 52 BauO NRW) ordnungsgemäß erfüllt werden.Baubehörde B möchte die Baustelle des Spielplatzes zwecks Überprüfung betreten. Die taugliche Ermächtigungsgrundlage dafür ist § 58 Abs. 7 S. 1 BauO NRW i.V.m. § 83 Abs. 1 BauO NRW.
3. Der Tatbestand des § 58 Abs. 7 S. 1 BauO NRW erfordert einen Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften.
Nein, das ist nicht der Fall!
Das Betretungsrecht und die Bauüberwachung sollen der Baubehörde überhaupt erst ermöglichen, einen Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften zu ermitteln. Die Überwachung kann Vorbereitungshandlung für eine Maßnahme aus § 81, § 82 BauO NRW sein. Daher erfordert der Tatbestand keinen Widerspruch zum öffentlichen Baurecht. Die Bauüberwachung gilt dabei nicht nur für genehmigungsbedürftige, sondern auch für verfahrens- und genehmigungsfreie Vorhaben.In der BauO sind zahlreiche spezielle Ermächtigungsgrundlagen enthalten. Im Hinblick darauf ist der verbleibende Anwendungsbereich der Generalklausel denkbar gering – und damit auch die Prüfungsrelevanz. Bevor Du Dich in der Klausur auf die Generalklausel stürzt, solltest Du also zunächst alle in Betracht kommenden Ermächtigungsgrundlagen ausschließen.
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