Einführungsfall Vorsatz

21. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

D hat R Goldohrringe gestohlen. H weiß, dass die Ohrringe eigentlich R gehören und ist sich sicher, dass D sie nur illegal bekommen haben kann. H weiß aber nicht genau, wie D sie erlangt hat. H kauft D die Ohrringe ab und will sie später selber gewinnbringend weiterveräußern.

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Einordnung des Falls

Einführungsfall Vorsatz

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. H könnte sich wegen Hehlerei strafbar gemacht haben, indem er die Ohrringe von D ankaufte (§ 259 Abs. 1 StGB).

Genau, so ist das!

Objektive Voraussetzungen des § 259 Abs. 1 StGB sind: (1) Rechtswidrige, gegen fremdes Vermögen gerichtete Vortat eines anderen (2) durch die der Vortäter die Sache erlangt hat (3) Tathandlung: Ankaufen oder die Sache sich oder einem Dritten auf andere Weise verschaffen oder sie absetzen oder beim Absetzen helfen H müsste subjektiv vorsätzlich und mit eigen- oder fremdnütziger Bereicherungsabsicht gehandelt haben. Zudem müsste H die Tat rechtswidrig und schuldhaft begangen haben.
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2. Hat H den objektiven Tatbestand des § 259 Abs. 1 StGB erfüllt?

Ja, in der Tat!

D hat R die Ohrringe gestohlen. Er hat sie also aus einer rechtswidrigen, gegen das Vermögen gerichteten Vortat erlangt. D hat die Ohrringe an H verkauft und übergeben, so dass H die tatsächliche Verfügungsgewalt darüber erlangt hat. H hat die Ohrringe damit angekauft.Die Tathandlung „Ankaufen” ist ein Unterfall des „Sich-Verschaffen”. Sie ist erst verwirklicht, wenn der Hehler die tatsächliche Verfügungsgewalt über die Sache erlangt. Der bloße Abschluss eines Kaufvertrags genügt deshalb noch nicht.

3. H kannte die genauen Umstände der Vortat nicht. Fehlte somit Hs Vorsatz hinsichtlich des Vorliegens einer tauglichen Vortat eines anderen?

Nein!

Vorsatz meint das Wissen und Wollen der Verwirklichung aller objektiven Tatbestandsmerkmale. Bei der Hehlerei muss der Hehler auch erkennen, dass die Sache durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete Tat erlangt wurde. Er muss die Tat aber nicht in allen Einzelheiten erfassen.H wusste nicht genau, wie D an die Goldohrringe gelangt war. Er wusste aber, dass sie eigentlich R gehörten und D sie durch eine Straftat erlangt hatte. Diese Kenntnis reicht aus, um Hs Vorsatz zu bejahen.

4. Hatte H auch Vorsatz bezüglich seiner Tathandlung?

Genau, so ist das!

Der Täter handelt vorsätzlich bezüglich der Tathandlung, wenn er diese mit Absicht, Wissentlichkeit oder Eventualvorsatz begeht.H wollte die Goldohrringe erlangen, um sie später selber weiterveräußern zu können. Er hatte Vorsatz bezüglich des Ankaufens.

5. H handelte auch mit Bereicherungsabsicht.

Ja, in der Tat!

Der Täter handelt in Bereicherungsabsicht, wenn er die Absicht hat, sich oder einen Dritten zu bereichern, das heißt einen Vermögensvorteil zu erlangen oder einem Dritten zu verschaffen. Es muss dem Täter im Sinne zielgerichteten Wollens (dolus directus 1. Grades) auf einen zusätzlichen geldwerten Vorteil ankommen.H wollte die Ohrringe haben, um sie später gewinnbringend weiterveräußern zu können und so einen geldwerten Vorteil zu erzielen. Es kam ihm gerade auf diese Bereicherung an. H handelte in Bereicherungsabsicht.
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