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Die Polizei - Befugnisse und Weisungsgebundenheit

Die Polizei - Befugnisse und Weisungsgebundenheit

2. April 2025

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Ermittlungsrichterin R ordnet die Durchsuchung von Bs Wohnung an. Staatsanwalt S weist den Polizisten P an, die Durchsuchung vorzunehmen. P weigert sich, da er dies für unzweckmäßig hält. Stattdessen entschließt er sich auf eigene Faust, Cs Wohnung durchsuchen zu lassen.

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Einordnung des Falls

Die Polizei - Befugnisse und Weisungsgebundenheit

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Staatsanwaltschaft ist zwar Herrin des Ermittlungsverfahrens, aber zur Durchführung der Ermittlungen auf die Polizei angewiesen.

Ja, in der Tat!

Die Staatsanwaltschaft hat keine eigenen ausführenden Organe und hat auch nicht die Kapazitäten, um selbst Ermittlungsmaßnahmen durchzuführen. Sie ist deshalb auf die Polizei angewiesen.In der Praxis führt die Polizei die Ermittlungen in der Regel weitgehend selbstständig und legt der Staatsanwaltschaft regelmäßig die Akten nur für die Abschlussentscheidung (§ 170 StPO) vor. „Herrin des Ermittlungsverfahrens” und damit leitungsbefugt bleibt aber die Staatsanwaltschaft.
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2. Die sogenannten Ermittlungsbeamten der Staatsanwaltschaft fungieren in den Ermittlungen als ihr „verlängerter Arm“ (§ 152 Abs. 1 GVG).

Ja!

Für die Durchführung der Ermittlungen stehen der Staatsanwaltschaft insbesondere die Ermittlungsbeamten der Staatsanwaltschaft zur Verfügung (§ 152 GVG). Sie fungieren als „verlängerter Arm der Staatsanwaltschaft“, unterliegen deshalb deren Weisungen (§ 152 Abs. 1 GVG) und sind mit besonderen Befugnissen ausgestattet.

3. Jeder Polizeibeamte ist gleichzeitig Ermittlungsbeamter der Staatsanwaltschaft (§ 152 GVG).

Nein, das ist nicht der Fall!

Dies gilt nicht für jeden Polizeibeamten. Nur ein Teil der Beamten des Polizeidienstes ist gleichzeitig Ermittlungsbeamter der Staatsanwaltschaft. Wer Ermittlungsbeamter ist, wird durch die Landesregierungen bzw. deren Justizverwaltungsapparate bestimmt (§ 152 Abs. 2 GVG).Unterscheide also im Gesetzeswortlaut immer zwischen den Ermittlungsbeamten der Staatsanwaltschaft und dem weiteren Begriff der Beamten des Polizeidienstes (z.B. § 127 Abs. 2 StPO).

4. P ist nicht Ermittlungsbeamter der Staatsanwaltschaft (§ 152 Abs. 1 GVG). Muss P dem Ersuchen des S trotzdem Folge leisten (§ 161 Abs. 1 S. 2 StPO)?

Ja, in der Tat!

Die Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft sind in dieser Eigenschaft verpflichtet, den Anordnungen der Staatsanwaltschaft ihres Bezirks Folge zu leisten (§ 152 Abs. 1 GVG, § 161 Abs. 1 S. 2 StPO). Daneben müssen aber auch alle „regulären” Beamten der Polizei dem Ersuchen der Staatsanwaltschaft Folge leisten (§ 161 Abs. 1 S. 2 StPO). Im Ergebnis ergibt sich hier in der Weisungsgebundenheit kein Unterschied.Auch wenn P nicht Ermittlungsbeamter der Staatsanwaltschaft ist, muss er dem Ersuchen des S Folge leisten.P kann das Ersuchen auch nicht deshalb ablehnen, weil er die Maßnahme für unzweckmäßig hält. Nur gesetzeswidrige Maßnahmen darf er nicht befolgen. Dazu später mehr.

5. P hat Cs Wohnung „auf eigene Faust“ vorgenommen. Ergibt sich aus § 127 Abs. 1 S. 1 StPO Ps Ermächtigung für die Durchsuchung?

Nein!

Die Beamten des Polizeidienstes haben bedeutende Zwangsrechte, etwa zur vorläufigen Festnahme (§§ 127 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, 163b Abs. 1 S. 2 StPO). Die Ermittlungsbeamten haben nach der StPO gegenüber den „regulären” Beamten des Polizeidienstes dazu eine Reihe besonderer Befugnisse. Sie können in bestimmten Fällen bei Gefahr im Verzug eigenständig Maßnahmen anordnen, etwa bei der körperlichen Untersuchung (§ 81a Abs. 2 StPO) oder der Durchsuchung (§ 105 Abs. 1 StPO). Durchsuchungen richten sich nach §§ 102ff. StPO, nicht § 127 Abs. 1 StPO. Beachte den Wortlaut des Gesetzes: § 127 Abs. 1 S. 1 StPO spricht von „Beamten des Polizeidienstes“, § 105 Abs. 1 StPO von „Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft“.

6. Die Durchsuchung bei C durfte der P als „einfacher“ Polizeibeamter selbst anordnen (§ 105 Abs. 1 StPO).

Nein, das ist nicht der Fall!

Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen angeordnet werden (§ 105 Abs. 1 StPO).P ist nicht Ermittlungsbeamter der Staatsanwaltschaft gem. § 152 Abs. 1 GVG. Selbst wenn Gefahr im Verzug vorläge, wäre P nicht anordnungsbefugt.Merke dir also: (1) Sowohl reguläre Polizeibeamte, als auch Ermittlungsbeamte müssen Weisungen der Staatsanwaltschaft befolgen. (2) Ermittlungsbeamte haben neben den allgemeinen polizeilichen Befugnissen, die allen Beamten der Polizei zukommen, das Recht, bei Gefahr im Verzug selbstständig besondere Maßnahmen anzuordnen.
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