Öffentliches Recht

Kommunalrecht

Der Gemeinderat

Allzuständigkeit des Rates - "Mama ist die Beste!"

Allzuständigkeit des Rates - "Mama ist die Beste!"

24. Januar 2025

3 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Bürgermeister B von Zoffenhausen will seiner Mutter das Ehrenbürgerinnenrecht von Zoffenhausen verleihen. Der Gemeinderat protestiert heftig gegen die Entscheidung. Vorsitzender V meint, B sei für die Verleihung des Ehrenbürgerinnenrechts nicht zuständig.

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Einordnung des Falls

Allzuständigkeit des Rates - "Mama ist die Beste!"

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Grundsätzlich ist der Rat für alle Angelegenheiten der Gemeindeverwaltung zuständig.

Ja!

Der Rat der Gemeinde ist für alle Angelegenheiten der Gemeindeverwaltung zuständig (z.B. § 24 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 GemO BW, § 22 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 KV MV, § 28 Abs. 1 Hs. 1 GemO SN). Damit wird die Allzuständigkeit des Rates gesetzlich normiert.
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2. Auch der Bürgermeister kann für bestimmte Angelegenheiten der Gemeindeverwaltung zuständig sein.

Genau, so ist das!

Von dem Grundsatz gibt es Ausnahmen: Insbesondere kann das Gesetz die Organzuständigkeit für bestimmte Angelegenheiten anderen Akteurinnen ausdrücklich zuweisen, oder der Rat bestimmte Angelegenheiten an einen Ausschuss des Rates oder den Bürgermeister übertragen (z.B. § 24 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 GemO BW, § 22 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 KV MV, § 28 Abs. 1 Hs. 2 GemO SN). Die prüfungs- und praxisrelevanteste Ausnahme ist die Zuweisung der Geschäfte der laufenden Verwaltung an den Bürgermeister (z.B. § 24 Abs. 2 S. 3 GemO BW, § 38 Abs. 2 S. 3 KV MV, § 28 Abs. 4 S. 3 GemO SN). Geschäfte der laufenden Verwaltung sind Angelegenheiten, die (1) regelmäßig und häufig vorkommen und (2) die für die jeweilige Gemeinde (unter Berücksichtigung ihrer Größe, Verwaltungstätigkeit und Finanzkraft) weder wirtschaftlich noch grundsätzlich von wesentlicher Bedeutung sind.

3. Der Rat ist für die Verleihung und Entziehung des Ehrenbürgerinnenrechts zuständig.

Ja, in der Tat!

Grundsätzlich ist der Rat für alle Angelegenheiten der Gemeindeverwaltung zuständig (z.B. § 24 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 GemO BW, § 22 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 KV MV, § 28 Abs. 1 Hs. 1 GemO SN). Die GO weist die Verleihung und Entziehung des Ehrenbürgerinnenrechts nicht ausdrücklich dem Bürgermeister zu. Dies ist zudem eine außerordentliche und unregelmäßig stattfindende Entscheidung, weshalb auch kein Geschäft der laufenden Verwaltung gegeben sein kann.

4. Der Rat oder die Ausschüsse des Rates können bestimmte Angelegenheiten an den Bürgermeister zur Entscheidung übertragen.

Ja!

Dies ergibt sich aus z.B. § 24 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 GemO BW, § 22 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 KV MV, § 28 Abs. 1 Hs. 2 GemO SN. Wurde dem Bürgermeister eine Angelegenheit übertragen, ergibt sich seine Entscheidungskompetenz aus z.B. § 44 Abs. 2 S. 1 GemO BW, § 38 Abs. 4 S. 1 KV MV, § 53 Abs. 2 S. 1 GemO SN.

5. Kann der Rat die Verleihung und Entziehung des Ehrenbürgerrechts an den Bürgermeister übertragen?

Nein, das ist nicht der Fall!

Grundsätzlich kann der Rat die Entscheidung über bestimmte Angelegenheiten auf Ausschüsse oder den Bürgermeister übertragen (z.B. § 24 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 GemO BW, § 22 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 KV MV, § 28 Abs. 1 Hs. 2 GemO SN). Die Kommunalgesetze enthalten abschließende Aufzählungen der Angelegenheiten, die nicht übertragen werden dürfen („Vorbehaltsaufgaben“, vgl. z.B. § 39 Abs. 2 GemO BW, § 28 Abs. 2 KV MV, § 28 Abs. 2 Nr. 7 GemO SN). Gemäß z.B. § 39 Abs. 2 Nr. 6 GemO BW, § 28 Abs. 2 Nr. 8 KV MV, § 28 Abs. 2 Nr. 7 GemO SN darf der Rat die Verleihung und die Entziehung/Aberkennung des Ehrenbürgerrechts und einer Ehrenbezeichnung nicht übertragen.

6. B ist für die Verleihung des Ehrenbürgerinnenrechts zuständig.

Nein, das trifft nicht zu!

Es gilt der Grundsatz der Allzuständigkeit des Rates (z.B. § 24 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 GemO BW, § 22 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 KV MV, § 28 Abs. 1 Hs. 1 GemO SN). Dem Bürgermeister wurde die Zuständigkeit nicht durch die GO verliehen. Auch eine etwaige Übertragung wäre unzulässig (z.B. § 39 Abs. 2 Nr. 6 GemO BW, § 28 Abs. 2 Nr. 8 KV MV, § 28 Abs. 2 Nr. 7 GemO SN). Somit ist der Rat für die Verleihung des Ehrenbürgerinnenrechts zuständig.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

ahimes

ahimes

22.11.2024, 16:44:16

Hallo jurafuchs, ihr habt geschrieben, dass "Der Rat oder die Ausschüsse des Rates bestimmte Angelegenheiten an den Bürgermeister zur Entscheidung übertragen können"... zitiert habt ihr eine Norm aus der GO BW. Könnt ihr mir die Parallel Vorschrift für NDS nennen? Ich finde nichts vergleichbares... Wäre schön wenn ihr unter den Lösungen möglichst alle Parallelvorschriften nennen könntet, sonst irrt man lange in seinem Bundesland... Und was wäre die Parallele für § 39 GO BW ? Besten Dank im Voraus :)

Kathi

Kathi

28.12.2024, 16:33:34

Ich habe bei uns nur den § 58 NKomVG gefunden, der beschreibt aber eher die ausschließliche Zuständigkeit in einigen Bereichen. Aber da stehen unter Abs. 1 Nr. 6 zumindest auch die „

Ehre

nbezeichnungen“.

FI

Fiona

4.1.2025, 15:09:58

Hallo liebes Jurafuchs-Team, in Bayern findet sich die entsprechende Regelung für die Unübertragbarkeit in Art. 32 II 2 GO. Allerdings wird hier die

Ehre

nbürgerschaft nicht genannt… gibt es hierfür noch eine andere Regelung oder ist in Bayern die Übertragung an den Bürgermeister möglich? Wenn diese möglich ist, würde ich mir wünschen, dass man die Frage bzgl der Übertragbarkeit nicht allgemein formuliert… das führt dann nur zu falschen Ergebnissen in manchen Bundesländern. Vielleicht wäre eine Formulierung für zB konkret BaWü sinnvoller und dann noch eine Gegenfrage für zB Bayern, wo es anders geregelt ist. (natürlich jeweils mit Verlinkung der Normen, dass es auch ersichtlich ist)


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