Öffentliches Recht

Kommunalrecht

Der Gemeinderat

Allzuständigkeit des Rates - "Mama ist die Beste!"

Allzuständigkeit des Rates - "Mama ist die Beste!"

22. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Bürgermeister B von Zoffenhausen will seiner Mutter das Ehrenbürgerinnenrecht von Zoffenhausen verleihen. Der Gemeinderat protestiert heftig gegen die Entscheidung. Vorsitzender V meint, B sei für die Verleihung des Ehrenbürgerinnenrechts nicht zuständig.

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Einordnung des Falls

Allzuständigkeit des Rates - "Mama ist die Beste!"

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Grundsätzlich ist der Rat für alle Angelegenheiten der Gemeindeverwaltung zuständig.

Ja!

Der Rat der Gemeinde ist für alle Angelegenheiten der Gemeindeverwaltung zuständig (z.B. § 24 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 GemO BW, § 22 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 KV MV, § 28 Abs. 1 Hs. 1 GemO SN). Damit wird die Allzuständigkeit des Rates gesetzlich normiert.
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2. Auch der Bürgermeister kann für bestimmte Angelegenheiten der Gemeindeverwaltung zuständig sein.

Genau, so ist das!

Von dem Grundsatz gibt es Ausnahmen: Insbesondere kann das Gesetz die Organzuständigkeit für bestimmte Angelegenheiten anderen Akteurinnen ausdrücklich zuweisen, oder der Rat bestimmte Angelegenheiten an einen Ausschuss des Rates oder den Bürgermeister übertragen (z.B. § 24 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 GemO BW, § 22 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 KV MV, § 28 Abs. 1 Hs. 2 GemO SN). Die prüfungs- und praxisrelevanteste Ausnahme ist die Zuweisung der Geschäfte der laufenden Verwaltung an den Bürgermeister (z.B. § 24 Abs. 2 S. 3 GemO BW, § 38 Abs. 2 S. 3 KV MV, § 28 Abs. 4 S. 3 GemO SN). Geschäfte der laufenden Verwaltung sind Angelegenheiten, die (1) regelmäßig und häufig vorkommen und (2) die für die jeweilige Gemeinde (unter Berücksichtigung ihrer Größe, Verwaltungstätigkeit und Finanzkraft) weder wirtschaftlich noch grundsätzlich von wesentlicher Bedeutung sind.

3. Der Rat ist für die Verleihung und Entziehung des Ehrenbürgerinnenrechts zuständig.

Ja, in der Tat!

Grundsätzlich ist der Rat für alle Angelegenheiten der Gemeindeverwaltung zuständig (z.B. § 24 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 GemO BW, § 22 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 KV MV, § 28 Abs. 1 Hs. 1 GemO SN). Die GO weist die Verleihung und Entziehung des Ehrenbürgerinnenrechts nicht ausdrücklich dem Bürgermeister zu. Dies ist zudem eine außerordentliche und unregelmäßig stattfindende Entscheidung, weshalb auch kein Geschäft der laufenden Verwaltung gegeben sein kann.

4. Der Rat oder die Ausschüsse des Rates können bestimmte Angelegenheiten an den Bürgermeister zur Entscheidung übertragen.

Ja!

Dies ergibt sich aus z.B. § 24 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 GemO BW, § 22 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 KV MV, § 28 Abs. 1 Hs. 2 GemO SN. Wurde dem Bürgermeister eine Angelegenheit übertragen, ergibt sich seine Entscheidungskompetenz aus z.B. § 44 Abs. 2 S. 1 GemO BW, § 38 Abs. 4 S. 1 KV MV, § 53 Abs. 2 S. 1 GemO SN.

5. Kann der Rat die Verleihung und Entziehung des Ehrenbürgerrechts an den Bürgermeister übertragen?

Nein, das ist nicht der Fall!

Grundsätzlich kann der Rat die Entscheidung über bestimmte Angelegenheiten auf Ausschüsse oder den Bürgermeister übertragen (z.B. § 24 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 GemO BW, § 22 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 KV MV, § 28 Abs. 1 Hs. 2 GemO SN). Die Kommunalgesetze enthalten abschließende Aufzählungen der Angelegenheiten, die nicht übertragen werden dürfen („Vorbehaltsaufgaben“, vgl. z.B. § 39 Abs. 2 GemO BW, § 28 Abs. 2 KV MV, § 28 Abs. 2 Nr. 7 GemO SN). Gemäß z.B. § 39 Abs. 2 Nr. 6 GemO BW, § 28 Abs. 2 Nr. 8 KV MV, § 28 Abs. 2 Nr. 7 GemO SN darf der Rat die Verleihung und die Entziehung/Aberkennung des Ehrenbürgerrechts und einer Ehrenbezeichnung nicht übertragen.

6. B ist für die Verleihung des Ehrenbürgerinnenrechts zuständig.

Nein, das trifft nicht zu!

Es gilt der Grundsatz der Allzuständigkeit des Rates (z.B. § 24 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 GemO BW, § 22 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 KV MV, § 28 Abs. 1 Hs. 1 GemO SN). Dem Bürgermeister wurde die Zuständigkeit nicht durch die GO verliehen. Auch eine etwaige Übertragung wäre unzulässig (z.B. § 39 Abs. 2 Nr. 6 GemO BW, § 28 Abs. 2 Nr. 8 KV MV, § 28 Abs. 2 Nr. 7 GemO SN). Somit ist der Rat für die Verleihung des Ehrenbürgerinnenrechts zuständig.
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