Grundpfandrecht als Interventionsrecht - Pfändung einer Sache, die in den Haftungsverband einer Hypothek fällt, § 865 Abs. 1, 2 iVm Grundpfandrecht


+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Landwirt L hat bei der Bank B einen Kredit in Höhe von €100.000 aufgenommen. Als Sicherheit hat er B eine Hypothek an seinem Hofgrundstück bestellt. Gläubiger G hat einen bereits titulierten Zahlungsanspruch gegen L und lässt bei L einen Traktor pfänden. B erhebt Drittwiderspruchsklage.

Einordnung des Falls

Grundpfandrecht als Interventionsrecht - Pfändung einer Sache, die in den Haftungsverband einer Hypothek fällt, § 865 Abs. 1, 2 iVm Grundpfandrecht

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die bestellte Hypothek erstreckt sich nicht nur auf das Grundstück, sondern auch auf den Traktor.

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Ja, in der Tat!

Nach § 1120 BGB erstreckt sich eine Hypothek nicht nur auf das Grundstück, für das sie bestellt wurde, sondern auch auf die Erzeugnisse, sonstigen Bestandteile und das Zubehör des Grundstücks. All diese Gegenstände gehören zum sog. Haftungsverband der Hypothek. Zubehör sind bewegliche Sachen, die, ohne Bestandteile der Hauptsache zu sein, dem wirtschaftlichen Zwecke der Hauptsache zu dienen bestimmt sind und zu ihr in einem dieser Bestimmung entsprechenden räumlichen Verhältnis stehen. Bei einem Landgut ist das zum Wirtschaftsbetrieb bestimmte Gerät als Zubehör anzusehen (§ 98 Nr. 2 BGB). Die Hypothek wurde an einem Bauernhofgrundstück bestellt. Der auf dem Grundstück befindliche Traktor stellt ein zum Wirtschaftsbetrieb bestimmtes Gerät und damit Zubehör des Grundstücks dar, auf das sich die Hypothek erstreckt.

2. Kann Zubehör gesondert gepfändet werden?

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Nein!

Die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen erfolgt durch Pfändung (§ 803 Abs. 1 S. 1 ZPO). Gegenstände, die jedoch als Zubehör in den Haftungsverband der Hypothek fallen, dürfen nicht gepfändet werden (§ 865 Abs. 2 S. 1 ZPO). Der Traktor fällt als Zubehör in den Haftungsverband der Hypothek und darf daher nicht gepfändet werden. Gegenstände, die in den Haftungsverband der Hypothek fallen, jedoch kein Zubehör sind, dürfen dagegen gepfändet werden, solange sie noch nicht im Rahmen der Immobiliarvollstreckung (Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen) beschlagnahmt worden sind (§ 865 Abs. 2 S. 2 ZPO).

3. B kann sich mit einer Drittwiderspruchsklage gegen die Pfändung des Traktors wehren.

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Genau, so ist das!

Eine Drittwiderspruchsklage ist statthaft, wenn der Kläger als Dritter ein die Veräußerung hinderndes Recht im Sinne des § 771 Abs. 1 ZPO (Interventionsrecht) geltend macht. Nach h.M. hat § 865 Abs. 2 ZPO drittschützende Wirkung. Pfändet also ein Gerichtsvollzieher entgegen § 865 Abs. 2 ZPO einen Gegenstand, der in den Haftungsverband der Hypothek fällt, so begründet dies ein Interventionsrecht zugunsten des Grundpfandrechtsgläubigers. Vorliegend hat der Gerichtsvollzieher gegen § 865 Abs. 2 ZPO verstoßen. Dieser Verstoß begründet ein Interventionsrecht für die B als Hypothekengläubigerin. Da ein Verstoß gegen § 865 Abs. 2 ZPO gleichzeitig einen Verfahrensverstoß darstellt, wäre daneben auch eine Erinnerung (§ 766 ZPO) statthaft. Aufgrund des drittschützenden Charakters von § 865 Abs. 2 ZPO kann sie sowohl vom Vollstreckungsschuldner, als auch vom Grundpfandrechtsgläubiger eingelegt werden. Für den Grundpfandrechtsgläubiger ist eine Drittwiderspruchsklage jedoch rechtsschutzintensiver.

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