strikte Unrechtsvereinbarung

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A fährt ticketlos mit dem Bus. Dieser wird von der Stadt S in der Rechtsform einer AG betrieben. Kontrolleurin K erwischt A ohne Ticket und fordert € 60 „erhöhtes Beförderungsentgelt“. A bietet K € 10 ein, damit sie die Sache nicht verfolge. K lehnt ab und verlangt die € 60.

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Einordnung des Falls

strikte Unrechtsvereinbarung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. A könnte sich wegen Bestechung nach § 334 Abs. 1 StGB strafbar gemacht haben, indem sie K € 10 anbot.

Ja, in der Tat!

Die Strafbarkeit nach § 334 Abs. 1 StGB setzt voraus: (1)Täter: Jedermann (2) Vorteilsnehmer: Amtsträger (3) Tatobjekt: Vorteil für diesen oder einen Dritten (4) Tathandlung: Anbieten, Versprechen oder Gewähren (5) Pflichtwidrige Diensthandlung (6) Unrechtsvereinbarung A müsste zudem vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft gehandelt haben.
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2. Ist K im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 c StGB dazu bestellt bei einer sonstigen Stelle Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen und damit Amtsträger?

Ja!

„Sonstige Stellen" sind behördenähnliche Institutionen, die befugt sind, bei der Ausführung von Gesetzen und der Erfüllung öffentlicher Aufgaben mitzuwirken.Die Verkehrsbetriebe nehmen mit der Beförderung von Personen im Stadtgebiet eine öffentliche Aufgabe der Daseinsvorsorge auf behördenähnliche Weise wahr. Die Organisationsform als privatrechtliche AG ist dabei nicht relevant. K ist als Kontrolleurin dazu bestellt, für die Verkehrsbetriebe in Erfüllung ihrer Aufgabe tätig zu werden.

3. A hat K einen Vorteil für eine pflichtwidrige Diensthandlung angeboten (§ 334 StGB).

Genau, so ist das!

Ein Vorteil ist jede Leistung materieller oder immaterieller Art, auf die der Amtsträger keinen Anspruch hat und die seine wirtschaftliche, rechtliche oder auch nur persönliche Lage objektiv verbessert. Anbieten ist das Inaussichtstellen eines Vorteils. Diensthandlung ist eine Handlung, die zu den dienstlichen Obliegenheiten des Amtsträgers gehört und von ihm in dienstlicher Eigenschaft vorgenommen wird.Die € 10 stellen einen materiellen Vorteil dar. A hat K gesagt, sie könne die Summe haben, wenn sie von der Verfolgung absehe. § 336 StGB stellt klar, dass das Unterlassen der Vornahme einer Handlung gleichgestellt ist. Es handelt sich um eine pflichtwidrige Diensthandlung.

4. Weil K nicht auf das Angebot von A eingegangen ist, liegt aber keine Unrechtsvereinbarung vor.

Nein, das trifft nicht zu!

Eine Unrechtsvereinbarung liegt vor, wenn zwischen der Tathandlung und der Diensthandlung ein Beziehungsverhältnis dergestalt besteht, dass der Vorteil dem Amtsträger als Gegenleistung für die Diensthandlung zufließen soll. Im Gegensatz zur Vorteilsgewährung verlangt § 334 StGB eine „strikte” Unrechtsvereinbarung in dem Sinne, dass eine inhaltliche Verknüpfung zu einer konkreten Diensthandlung bestehen muss. Ein beidseitiges Einvernehmen ist dagegen nicht nötig.A hat K € 10 angeboten. K sollte im Gegenzug eine bestimmte Diensthandlung - das Verfolgen des Fahrens ohne Ticket - unterlassen. As Angebot hat auf den Abschluss einer Unrechtsvereinbarung gezielt. Dass K sich nicht darauf eingelassen hat, ist gemäß § 334 Abs. 3 Nr. 1 StGB irrelevant.Hintergrund dieser Regelung ist der Sinn und Zweck der Norm: das Vertrauen in das Beamtentum und die Amtsträgerschaft sollen geschützt werden. Deswegen soll bereits der Schein der Käuflichkeit, der dieses Vertrauen erschüttern könnte, pönalisiert werden.
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