Referendariat

Die Revisionsklausur im Assessorexamen

Begründetheit II: Verletzungen des Verfahrensrechts (Verfahrensrüge)

Rügepräklusion I - Fehlerhafte Mitwirkung einzelner Richter, § 338 Nr. 1 Hs. 2 StPO

Rügepräklusion I - Fehlerhafte Mitwirkung einzelner Richter, § 338 Nr. 1 Hs. 2 StPO

22. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A wird erstinstanzlich vor der großen Strafkammer verurteilt. Statt des Vorsitzenden hatte rechtsfehlerhaft seine Vertreterin den Vorsitz übernommen. Die Rüge des A nach ordnungsgemäßer Mitteilung der Besetzung weist die Kammer zurück und entscheidet in der Sache.

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Einordnung des Falls

Rügepräklusion I - Fehlerhafte Mitwirkung einzelner Richter, § 338 Nr. 1 Hs. 2 StPO

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Da die erstinstanzliche Verhandlung vor der großen Strafkammer stattfand, kommt eine Rügepräklusion in Betracht (§§ 338 Nr. 1Hs. 2, 222a StPO).

Ja, in der Tat!

Die Rügepräklusion des § 338 Nr. 1 Hs. 2 StPO greift nur, wenn § 222a StPO die Mitteilung der Besetzung vorschreibt. Vorgeschrieben ist die Mitteilung nur im ersten Rechtszug vor dem Landgericht und Oberlandesgericht. In diesen Fällen kann der Besetzungseinwand in der Revision nur unter besonderen Voraussetzungen erhoben werden (§ 338 Nr. 1 Hs. 2 StPO). Da es sich hier um eine erstinstanzliche Verhandlung vor dem Landgericht handelt, musste die Besetzung durch das Gericht mitgeteilt werden (§ 222a Abs. 1 StPO). Eine Präklusion kam also grundsätzlich in Betracht.
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2. Die Rügepräklusion tritt hier nicht ein, da die fehlerhafte Besetzung festgestellt wurde (§ 338 Nr. 1 lit. a StPO).

Nein!

Die Revision kann auf die fehlerhafte Besetzung gestützt werden, wenn das Tatgericht in einer Besetzung entschieden hat, deren Vorschriftswidrigkeit nach § 222b Abs. 2 S. 2 StPO durch das Ausgangsgericht oder gemäß § 222b Abs. 3 S. 4 StPO nach Vorlage des Ausgangsgericht durch das Rechtsmittelgericht festgestellt wurde. Weder das Ausgangs- noch das Rechtsmittelgericht haben vorliegend die Vorschriftswidrigkeit der Besetzung festgestellt. Das Ausgangsgericht wies die Besetzungsrüge des A zurück.

3. Die Rügepräklusion tritt hier nicht ein, da die Vorschriften über die Mitteilung verletzt wurden (§ 338 Nr. 1 lit. b lit. aa StPO).

Nein, das ist nicht der Fall!

Ist die Mitteilung nach § 222a Abs. 1 StPO unterblieben, unrichtig oder unvollständig, ist die Besetzungsrüge in der Revision auch ohne erstinstanzliche Rüge oder Feststellung der vorschriftswidrigen Besetzung zulässig. Die Mitteilung durch das Tatgericht erfolgte ordnungsgemäß. Die Rüge war also nicht aus diesem Grund entbehrlich.

4. Die Rüge ist nicht präkludiert, da As frist- und formgerechter Einwand zurückgewiesen wurde, ohne dass das Rechtsmittelgericht entschieden hat (§ 338 Nr. 1 lit. b lit. bb StPO).

Ja, in der Tat!

Die Rüge ist in der Revision nicht präkludiert, wenn der form- und fristgerechte Besetzungseinwand erfolglos blieb und das Rechtsmittelgericht nicht entschieden hat. Erfasst werden auch die Fälle, in denen das Tatgericht ein Urteil fällt, bevor das Rechtsmittelgericht entschieden hat, oder in denen das Tatgericht die Besetzungsrüge dem Rechtsmittelgericht aufgrund der vorherigen Urteilsverkündung oder aus sonstigen Gründen nicht binnen drei Tagen (§ 222b Abs. 3 S. 1 StPO) vorlegte.A hat die Gerichtsbesetzung in der erstinstanzlichen Verhandlung form- und fristgerecht gerügt. Das Tatgericht hielt den Antrag für unbegründet und wies ihn zurück, ohne ihn aber, wie gesetzlich vorgeschrieben, dem Rechtsmittelgericht vorzulegen (§ 222b Abs. 3 S. 1 StPO). Damit ist As Rüge nicht präkludiert.
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