Immobilienerwerb & Veräußerung durch GbR

27. Dezember 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

S und T gründen die Immo-GbR (I) und lassen diese ins Gesellschaftsregister eintragen (eGbR). Im Namen der I erwerben sie ein Grundstück. I wird ins Grundbuch eingetragen. Später scheidet S aus und B tritt als neuer Gesellschafter ein. Der Wechsel wird im Register nicht eingetragen. T will das Grundstück an K veräußern. Als B widerspricht, nimmt T einfach S mit zum Notar. K weiß von nichts.

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Einordnung des Falls

Immobilienerwerb & Veräußerung durch GbR

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 8 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Kann eine GbR Eigentümerin eines Grundstücks sein?

Ja!

Die Außen-GbR ist rechtsfähig und damit auch eigentumsfähig (§ 705 Abs. 2 BGB). Die Rechtsfähigkeit der Außen-GbR entspricht spätestens seit der Grundsatzentscheidung des BGH 2001 („Weißes Ross“) der herrschenden Meinung. Diese Rechtsprechung hat der Gesetzgeber durch das MoPeG (ab 1.1.2024) und den neu geschaffenen § 705 Abs. 2 BGB auch gesetzlich ausdrücklich kodifiziert.
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2. Beim Erwerb eines Grundstücks müssen ab 1.1.2024 neben der GbR auch die Gesellschafter ins Grundbuch eingetragen werden (§ 47 Abs. 2 GBO).

Nein, das ist nicht der Fall!

Bislang fehlte es an einem Register aus dem hervorging, wer die Gesellschafter einer GbR sind. Deshalb mussten beim Grundstückserwerb neben der GbR selbst auch ihre Gesellschafter ins Grundbuch eingetragen werden (§ 47 Abs. 2 S. 1 GBO a.F.). Durch die Einführung des Gesellschaftsregisters (vgl. § 707, 707a BGB) ist dies nunmehr nicht mehr erforderlich. Denn eine Eintragung darf nunmehr nur noch erfolgen, wenn die GbR mit ihren Gesellschaftern im Gesellschaftsregister eingetragen ist (§ 47 Abs. 2 GBO). Auch wenn die Eintragung ins Gesellschaftsregister also kein konstitutives Merkmal für die GbR ist, so ist die Eintragung jedenfalls für den Immobilienerwerb unerlässlich.

3. Waren S und T berechtigt die GbR bei der Verfügung über das Grundstück zu vertreten (§§ 873 Abs. 1, 925 BGB)?

Nein, das trifft nicht zu!

Für die Übereignung eines Grundstücks bedarf es einer dinglichen Einigung in Form der Auflassung (§§ 873 Abs. 1, 925 Abs. 1 BGB). Die Vertretung einer GbR nach § 164 Abs. 1 BGB verlangt bei Gesamtvertretungsmacht (§ 720 Abs. 1, Abs. 3 S. 1 BGB) die Vertretung durch alle Gesellschafter. Gesellschafter der Immo-GbR sind zum Zeitpunkt des Notartermins T und B. Eine Vertretung der GbR bei der Grundstücksveräußerung setzt daher grundsätzlich eine gemeinsame Vertretung durch T und B voraus (§§ 164 Abs. 1, 720 Abs. 1, Abs. 3 S. 1 BGB). Da S keine Gesellschafterin mehr war, fehlte S und T die Berechtigung zur Vertretung.

4. Die Vertretungsberechtigung von S und T könnte aber infolge der negativen Publizität des Gesellschaftsregisters über § 707a Abs. 3 S. 1 BGB iVm § 15 Abs. 1 HGB fingiert worden sein.

Ja!

§ 15 Abs. 1 HGB schützt das Vertrauen in die Vollständigkeit der Eintragung (=negative Publizität). Der Dritte wird daher vor nicht eingetragenen und nicht bekannt gemachten richtigen Tatsachen geschützt. Voraussetzung ist, dass es sich (1) um eine eintragungspflichtige Tatsache handelt, (2) diese nicht eingetragen und/oder bekannt gemacht wurde und (3) der Dritte die Tatsache nicht kannte. In der Folge kann derjenige, in dessen Angelegenheit die Tatsache einzutragen war, die Tatsache einem Dritten nicht entgegenhalten.Nur S und T sind als (gesamtvertretungsberechtigte) Gesellschafterinnen eingetragen. Sofern die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 HGB vorliegen, kann K davon ausgehen, dass keine weiteren Gesellschafter existieren und diese somit vertretungsberechtigt sind.

5. Ist der Eintritt in die GbR durch B eine eintragungspflichtige Tatsache (§ 15 Abs. 1 HGB)?

Genau, so ist das!

§ 15 Abs. 1 HGB schützt das Vertrauen in das Fehlen „einzutragender“ Tatsachen. Damit sind eintragungspflichtige (und nach § 10 HGB bekannt zu machende) Tatsachen gemeint. Nach § 707 Abs. 3 S. 2 BGB sind sowohl das Ausscheiden als auch der Austritt eines Gesellschafters eintragungspflichtige Tatsachen. Bs Eintritt wurde entgegen dieser Pflicht weder eingetragen, noch bekanntgemacht.

6. Wusste K, dass B in die Gesellschaft eingetreten ist und damit T und S die Vertretungsbefugnis fehlte (§ 15 Abs. 1 HGB)?

Nein, das trifft nicht zu!

Nur bei positiver Kenntnis des Dritten von der nicht eingetragenen Tatsache scheidet der Vertrauensschutz aus. Die Gutgläubigkeit des Dritten wird widerlegbar vermutet. Geschützt wird ein abstraktes Vertrauen. Der Dritte muss also nicht gerade im Vertrauen auf das Fehlen der Eintragung und Bekanntmachung eine Handlung vorgenommen haben. Anzeichen dafür, dass K von dem Eintritt eines neuen Gesellschafters wusste, gibt es nicht. Es ist daher von seiner Unkenntnis auszugehen. Dass der Dritte sich über den Inhalt des Gesellschaftsregisters informiert hat, wird nicht vorausgesetzt. Es wird unwiderlegbar vermutet, dass er im Vertrauen auf den Registerinhalt gehandelt hat.

7. B kann K seinen Eintritt und die dadurch bedingte fehlende Vertretungsmacht von S und T nicht entgegenhalten, sodass die Grundstücksübertragung zwischen der Immo-GbR und K wirksam zustande gekommen ist (§ 15 Abs. 1 HGB).

Ja!

Derjenige, in dessen Angelegenheit die Tatsache einzutragen war, kann diese einem Dritten nicht entgegenhalten. Betroffen ist, wem die Eintragung und Bekanntmachung einzuleiten oblag. Auf den Grund der fehlenden Eintragung kommt es nicht an. Die Anmeldepflicht trifft nach § 707 Abs. 4 S. 1 BGB alle Gesellschafter und damit auch den eintretenden B.§ 707 Abs. 4 BGB ist den bereits geltenden Regelungen zur OHG (§ 106 Abs. 7 HGB) nachgebildet.

8. Die durch das Gesellschaftsregister fingierte Vertretungsmacht gilt aber nur für das Verfügungsgeschäft (Grundstücksübertragung) und nicht den zugrunde liegenden Grundstückskaufvertrag, sodass das an K veräußerte Grundstück wieder kondiziert werden kann (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB) zusteht.

Nein, das ist nicht der Fall!

MoPeG-Änderung (1.1.2024): Die bislang geltende Regelung des § 899 S. 2 BGB a.F. war nach hM nicht auf das Verpflichtungsgeschäft anwendbar (§§ 433, 311b Abs. 1 S. 1 BGB). Folge: Auf Ebene des Verpflichtungsgeschäfts fehlte es in Fällen des § 899a S. 2 BGB an einer wirksamen Vertretung, sodass das Grundstück durch den Erwerber rechtsgrundlos erworben und damit kondizierbar ist (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB).Die Publizitätswirkung von § 707a Abs. 3 S. 1 BGB i.V.m. § 15 HGB gilt dagegen für alle - also sowohl dingliche als auch schuldrechtliche - Rechtsgeschäfte der GbR bzw. der für sie auftretenden Gesellschafter.Auch im Hinblick auf den Abschluss des Grundstückkaufvertrags wird die Vertretungsmacht damit fingiert. Auch die notwendige notarielle Beurkundung ist erfolgt (§ 311b Abs. 1 BGB), sodass ein wirksamer Grundstückskaufvertrag vorliegt.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Nils

Nils

13.1.2024, 18:07:49

Die Vertiefung in der vorletzten Frage, dass § 707 IV § 108 HGB bzw. § 143 III nachgebildet sei, dürfte falsch sein. § 106 HGB sieht passender aus.

LELEE

Leo Lee

14.1.2024, 07:33:28

Hallo Nils, vielen Dank für die Rückmeldung! In der

Tat

ist 707 IV BGB nahezu deckungsgleich mit 106 VII HGB :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo


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