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Die Schwestern S1 und S2 betreiben die Autoreparatur-GbR. Als Kunde K seinen defekten Porsche zur Reparatur abgibt, unternimmt S1 mit diesem eine Probefahrt, um die Quelle des Defekts zu erforschen. Sie fährt dabei aber fahrlässig gegen eine Laterne.

Einordnung des Falls

Vertragliche Schadensersatzpflichten

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Werkvertrag ist zwischen S1 und S2 sowie K zustandegekommen.

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Außen-GbR ist rechtsfähig (§ 705 Abs. 2 BGB). Das führt dazu, dass sie auch verpflichtungsfähig ist und Schuldner von Forderungen sein kann. Die Gesellschafter werden hingegen nicht selbst verpflichtet. Eine Gesellschaftsschuld setzt dabei voraus, dass (1) eine rechtsfähige Gesellschaft existiert und (2) diese wirksam verpflichtet wurde. (1) Mit der Autoreparatur-GbR existiert eine rechtsfähige Außen-GbR. (2) Durch die Abgabe in der Werkstatt kommt kein Vertrag mit den einzelnen Gesellschaftern zustande (keine „Doppelverpflichtung“), sondern ausschließlich mit der Autoreparatur-GbR, die von ihren Gesellschaftern bloß vertreten wird.

2. Schuldner des Schadensersatzanspruchs des K (§§ 631, 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB) ist S1 selbst.

Nein, das trifft nicht zu!

Vertragliche Schadensersatzpflichten richten sich gegen die Gesellschaft, nicht gegen ihre Gesellschafter. Denn das Handeln der Gesellschafter wird der Gesellschaft nach hM analog § 31 BGB als eigenes Verhalten zugerechnet; § 278 BGB kommt nach hM nicht zur Anwendung. Nach § 31 BGB ist der Verein für den Schaden verantwortlich, den seine Repräsentanten anderen zufügen. Jedoch regelt § 31 BGB über seinen Wortlaut hinaus analog für jede Gesellschaftsform die Zurechnung pflichtwidrigen oder deliktischen Verhaltens und Verschuldens. Das Schuldverhältnis besteht zwischen der GbR und K, die Verhaltenspflichtverletzung und das Verschulden der S1 wird der GbR analog § 31 BGB zugerechnet, sodass K einen Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB gegen die GbR hat.

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Dolusdave

Dolusdave

21.6.2021, 23:37:14

Ist die Zurechnung bei der GbR analog § 31 BGB allgemein so anerkannt, dass man die Analogievoraussetzungen nicht prüfen muss? Finde das vor dem Hintergrund, dass der Verein eigentlich die Grundform der Kapitalgesellschaft ist, nicht so eindeutig

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

22.6.2021, 02:02:31

Hallo Dolusdave, bei der OHG und der KG wurde bereits in den 1950er Jahren vom BGH klargestellt, dass hier §

31 BGB analog

angewandt wird (vgl. BGH NJW 1952, 538). Und mit der Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Außen-GbR wurde dies auch auf die GbR ausgedehnt (vgl. BGH NJW 2003, 1445; BAG NZA 2008, 348; Palandt, BGB, 80.A. 2021, § 31 Rdnr. 3). Insofern ist es zwar sicher nicht falsch in einer Klausur noch einmal kurz darauf hinzuweisen, warum man die Norm lediglich analog anwendet. Vertiefte Ausführungen würde ich indes aufgrund der relativ klaren Rechtsprechung hier nicht erwarten und ggfs sogar als falsche Schwerpunktsetzung einordnen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

DAV

David.

20.9.2023, 16:02:23

S1 haftet hier aber auch nach § 823, sodass die GbR und S1 Gesamtschuldner sind oder? Im Innenverhältnis hat S1 dann analog § 840 II allein für den Schaden einzustehen?

Nils

Nils

14.1.2024, 00:44:12

Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts muss sich deliktisches Handeln ihres geschäftsführenden Gesellschafters entsprechend § 31 BGB zurechnen lassen. Die Gesellschafter einer GbR haben grundsätzlich auch für gesetzlich begründete Verbindlichkeiten ihrer Gesellschaft persönlich und als Gesamtschuldner einzustehen (24.02.2003 BGH II Z R 385/99). Außerdem liegt hier ein „stärkerer“ vertraglicher Schadenersatzanspruch aus § 280 I BGB vor, da dort das Verschulden vermutet wird, was bei § 823 BGB hingegen nicht der Fall ist.

Lord Denning

Lord Denning

2.6.2024, 22:19:00

Warum ist § 278 nicht anwendbar?

robse27

robse27

10.6.2024, 21:46:33

Hey, dazu Koch § 7 Rn. 5: Gem. § 278 müsste sich die GbR das Fremdverschulden eines Dritten „wie eigenes“ zurechnen lassen müssen. Das sei laut him aber bei der GbR eine falsche Rechtsfolge, denn das Fehlverhalten der Gesellschafter IST ihr eigenes (und kein zurechenbares Fremdverhalten „wie eigenes“). Demnach sei/ist § 31 analog vorzugswürdig. Der „Streit“ kann jedoch regelmäßig dahinstehen, wenn nicht gerade die Haftung für vorsätzliches Verhalten per Individualvereinbarung (nicht: AGB, § 309Nr. 7b) ausgeschlossen wurde; nach § 278 S.2 wäre das nämlich möglich, bei § 31 nicht. In allen anderen Fällen kann die Frage, ob § 278 oder § 31 analog, also regelmäßig dahinstehen, da beide zu i.d.R. gleichen Ergebnissen führen (Windbichler/Bachmann § 9 Rn. 68). Im Deliktsrecht ist die Zurechnung aber immer per § 31 analog (wie bei allen Gesellschaftsformen, so auch Koch aaO). Hoffe das hilft :)

robse27

robse27

10.6.2024, 21:47:40

*hM (nicht „him“, blöde Autokorrektur) ;)

Lord Denning

Lord Denning

18.6.2024, 18:43:12

Vielen Dank, dass hilft sehr.


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