Ausschluss des Verletzten einer Straftat, § 22 Nr. 1 StPO

22. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

K, Mitglied der C-Partei e.V., wird wegen Untreue (§ 266 StGB) verurteilt, da er in offizieller Funktion Parteivermögen veruntreute. K meint, der Vorsitzende V sei vom Prozess kraft Gesetzes ausgeschlossen, da auch er Mitglied der C-Partei und damit Verletzter sei.

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Einordnung des Falls

Ausschluss des Verletzten einer Straftat, § 22 Nr. 1 StPO

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. V ist von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen, wenn er selbst durch die Straftat verletzt ist (§ 22 Nr. 1 StPO).

Genau, so ist das!

Als Verletzter der verfahrensgegenständlichen Straftat kann ein Richter nicht mehr unvoreingenommen urteilen. Niemand kann „Richter in eigener Sache” sein. Verletzt ist nur der durch eine Straftat unmittelbar in seinen eigenen Rechten betroffene Richter. Mittelbare Betroffenheit reicht nicht aus. Sind mehrere Strafsachen miteinander verbunden (§§ 2 ff. StPO), so erstreckt sich der Ausschluss auf das gesamte Verfahren, auch wenn der Richter nur in einer der Sachen Verletzter ist.
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2. As Revision ist begründet, weil V als Verletzter kraft Gesetzes ausgeschlossen war (§§ 338 Nr. 2, 22 Nr. 1 StPO).

Nein, das trifft nicht zu!

Verletzter einer Straftat ist ein Richter nur, wenn er unmittelbar in seinen eigenen Rechten betroffen ist. Bei Vermögensdelikten muss bei ihm durch das Tatgeschehen unmittelbar ein Vermögensnachteil bewirkt worden sein.Die C-Partei ist eingetragener Verein und damit rechtsfähig (§ 21 BGB). Träger des Vereinsvermögens sind nicht die Mitglieder, auch nicht zur Gesamthand, sondern der Verein selbst. V ist damit nicht unmittelbar in seinem Vermögen betroffen, sondern nur mittelbar. Er ist nicht Verletzter der Straftat und durfte somit am Verfahren mitwirken. Für eine etwaige Befangenheit nach § 24 Abs. 2 StPO gibt es keine Anhaltspunkte.

3. Wäre die C-Partei ein Verein ohne Rechtspersönlichkeit, wäre V unmittelbar in seinen Rechten verletzt (§ 54 BGB).

Nein!

Viele Parteien in Deutschland sind als Vereine ohne Rechtspersönlichkeit organisiert. Diese Vereine sind grundsätzlich nicht rechtsfähig (§ 54 BGB). Träger des Vereinsvermögens sind die Mitglieder. Nach gefestigter Rechtsprechung haften bei Idealvereinen ohne Rechtspersönlichkeit die Mitglieder aber nur nach § 54 Abs. 2 BGB persönlich. Bei politischen Parteien bewirkt § 37 PartG (lesen) überdies eine Haftungsfreistellung und schließt einen unmittelbaren Schaden generell aus. Auch gehen verschiedene parteienrechtliche Vorschriften von der Rechtsträgerschaft der Partei aus (vgl. §§ 24, 26, 26a PartG). Hieraus wird gefolgert, dass nur die Partei Verletzte ist, nicht aber ihre Mitglieder. Die Gesetzesnovelle des Vereinsrechts zum 01.01.2024 hat das Gesetz an die Rechtsprechung angepasst.
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