Ablehnung eines Sachverständigen, § 74 StPO

23. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A wird freigesprochen. Das Gericht gab einem Ablehnungsgesuch gegen den Sachverständigen S statt und hörte einen anderen, ebenso fachkundigen Sachverständigen, da ersterer zum konkreten Beweisthema diverse Beiträge in Fachzeitschriften veröffentlicht hatte. Die Staatsanwaltschaft geht in Revision.

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Einordnung des Falls

Ablehnung eines Sachverständigen, § 74 StPO

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Das Urteil ist schon deshalb rechtsfehlerhaft, weil ein Sachverständiger grundsätzlich nicht wegen Befangenheit abgelehnt werden kann (§ 74 StPO).

Nein, das trifft nicht zu!

Für den Sachverständigen regelt § 74 Abs. 1 S. 1 StPO, dass er aus denselben Gründen wie eine Gerichtsperson abgelehnt werden kann. Damit wird auf die §§ 22ff. StPO verwiesen. Achtung: Dies gilt nicht für den Ausschlussgrund des § 22 Nr. 5 StPO. Wurde der Sachverständige zuvor als Zeuge vernommen, kann er deshalb nicht abgelehnt werden (§ 74 Abs. 1 S. 2 StPO).
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2. Der Ausschluss des S durch das Tatgericht wegen Befangenheit war rechtsfehlerfrei (§ 24 Abs. 2 StPO).

Nein!

Die Besorgnis der Befangenheit besteht, wenn aus Sicht eines vernünftigen Ablehnenden verständlicherweise ein Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Sachverständigen gerechtfertigt erscheint. Es gelten hier nicht die Grundsätze der Beschwerde. Das Revisionsgericht überprüft die Entscheidung also nur auf Rechtsfehler.Vernünftigerweise kann allein die allgemeine wissenschaftliche Bearbeitung des Themas im Rahmen seiner Berufsausübung keine Besorgnis der Parteilichkeit gegen S begründen, auch wenn sich die vertretene Meinung zu As Nachteil auswirken könnte. Anders ist es nur, wenn der Sachverständige gegen den konkreten Angeklagten Initiative ergreift, indem er etwa eine zu dessen Gunsten ergangene gerichtliche Entscheidung kritisiert.

3. Es wird unwiderleglich vermutet, dass das Urteil auf der rechtsfehlerhaften Ablehnung des S beruht (§ 338 Nr. 3 StPO).

Nein, das ist nicht der Fall!

§ 338 Nr. 3 StPO gilt ausdrücklich nur für Richter und Schöffen. Überdies greift die Vermutungswirkung auch nur bei begründeten Ablehnungsgesuchen, nicht im umgekehrten Fall. Die Staatsanwaltschaft muss also darlegen, dass das Urteil auf dem fehlerhaften Ausschluss des S beruht (§ 337 Abs. 1 StPO).

4. Die Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.

Nein, das trifft nicht zu!

Das Beruhen des Urteils auf der fehlerhaften Ablehnung eines Sachverständigen wird regelmäßig zu verneinen sein, wenn ein anderer, gleichermaßen qualifizierter, Sachverständiger gehört wird. Die Sachkunde des Sachverständigen ist - anders als etwa die Aussage eines Zeugen - ersetzbar. Nur wenn der Sachverständige ersatzlos ausgeschlossen wird, hat die Revision Erfolg.Da vorliegend ein anderer Sachverständiger zum Beweisthema gehört wurde, beruht das Urteil nicht auf dem Ausschluss des S. Besondere Umstände, die ein Beruhen indizieren, sind nicht ersichtlich.
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