1. Könnte A sich nach den §§ 267 ff. StGB strafbar gemacht haben, indem er am PC ein Prüfungszeugnis und fünf weitere Arbeitszeugnisse erstellte?
Ja!
Grundsätzlich solltest du deine Prüfung immer mit dem schwersten Delikt anfangen. Hier bietet es sich an, mit den Urkundsdelikten anzufangen, da A die Zeugnisse zunächst selbst erstellte und diese nutzen wollte, um mit ihnen über seinen beruflichen Werdegang zu täuschen.
Schutzgut der Delikte nach §§ 267 ff. StGB ist insbesondere die Sicherheit und Zuverlässigkeit des Rechtsverkehrs. Durch die fortschreitende technische Entwicklung wurde die Einfügung der §§ 268, 269 StGB nötig, um Strafbarkeitslücken zu schließen, die dadurch entstanden, dass manche beweiserheblichen Daten nur digital verfügbar sind.
Indem A das Prüfungszeugnis und die Arbeitszeugnisse an seinem PC anfertigte, erweckte er den Eindruck, die Zeugnisse seien ihm tatsächlich von der IHK (= Industrie- und Handelskammer) und seinen ehemaligen Arbeitgebern ausgestellt worden.
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2. Zunächst könnte sich A nach § 267 Abs. 1 Var. 1 StGB strafbar gemacht haben. Müsste es sich dafür bei den von A erstellten PDF-Zeugnissen um Urkunden handeln?
Genau, so ist das!
Innerhalb der Prüfung der §§ 267 ff. StGB bietet es sich an, den § 267 Abs. 1 StGB (zumindest kurz) zu prüfen. Wenn dieser ganz offensichtlich nicht in Betracht kommt, kannst Du ihn entsprechend kurz ablehnen.
Der objektive Tatbestand der Urkundenfälschung nach “ 267 StGB enthält folgende Tatvarianten:
(1) Verfälschen einer echten Urkunde (Var. 2)
(2) Herstellen einer unechten Urkunde (Var. 1)
(3) Gebrauchen einer unechten/verfälschten Urkunde (Var. 3)
Eine Urkunde ist jede verkörperte Gedankenerklärung („Perpetuierungsfunktion“), die zum Beweis im Rechtsverkehr geeignet und bestimmt ist („Beweisfunktion“) und ihren Aussteller erkennen lässt („Garantiefunktion“). A hat keine bereits vorhandenen Zeugnisse bearbeitet, sondern die Zeugnisse ganz neu erstellt. In Betracht kommen damit nur § 267 Abs. 1 Var. 1 StGB und § 267 Abs. 1 Var. 3 StGB. In beiden Fällen müssen die erstellten Zeugnisse die Merkmale einer Urkunde erfüllen.
3. Sind die versandten E-Mail-Anhänge eine verkörperte Gedankenerklärung (Perpetuierungsfunktion)?
Nein, das trifft nicht zu!
Eine Urkunde im Sinne des materiellen Strafrechts ist jede verkörperte menschliche Gedankenerklärung (Perpetuierungsfunktion), die zum Beweis im Rechtsverkehr geeignet und bestimmt ist (Beweisfunktion) und die ihren Aussteller erkennen lässt (Garantiefunktion). Die Gedankenerklärung ist verkörpert, wenn sie eine hinreichend feste Verbindung mit einem körperlichen Gegenstand aufweist und visuell erfassbar ist.
Die E-Mail-Anhänge haben keine feste Verbindung mit einem körperlichen Gegenstand. Die bloße Einsehbarkeit über einen Bildschirm genügt nicht. Daher sind sie mangels visueller Wahrnehmbarkeit keine verkörperte Gedankenerklärung. Damit hat sich A mangels Vorliegens einer Urkunde durch das Übersenden der Zeugnisse nicht nach § 267 StGB strafbar gemacht.
Nach dem OLG Celle könnte eine Urkunde vorliegen, wenn die angehängten Dokumente ausgedruckt wurden (RdNr. 44), wozu die Vorinstanz jedoch keine Feststellungen getroffen hatte. Ein anderer Fall läge vor, wenn A ein Dokument einscannt und per E-Mail versendet hätte. In diesem Fall kommt eine Strafbarkeit nach § 267 Abs. 1 Var. 1, Var. 3 StGB in Betracht.
4. A hat sich nicht nach § 267 StGB strafbar gemacht. Könnte es erforderlich sein, zu prüfen, ob A sich nach einem anderen Delikt der §§ 267 ff. StGB strafbar gemacht hat?
Ja!
In den Fällen, in denen eine Strafbarkeit nach § 267 StGB mangels verkörperter Gedankenerklärung nicht in Betracht kommt, solltest Du unbedingt noch an die §§ 268, 269 StGB denken!
§ 269 StGB wurde geschaffen, um Strafbarkeitslücken zu schließen. Manche Daten gibt es nur digital, z. B. in Datenbanken oder elektronischen Registern.
Diese sind nicht wie Papierurkunden körperlich und direkt sichtbar. Trotzdem können sie im Rechtsverkehr genauso bedeutend sein. Die Staatsanwaltschaft wandte sich mit ihrer Revision dagegen, dass A nicht wegen der Fälschung beweiserheblicher Daten nach § 269 StGB verurteilt wurde (RdNr. 3).
Eine Strafbarkeit nach § 268 StGB kommt dagegen nicht in Betracht. § 268 StGB schützt das Vertrauen in die Echtheit und Unverfälschtheit technischer Aufzeichnungen, also Aufzeichnungen, die nicht von Menschen, sondern von technischen Geräten erzeugt werden.
5. Als Tatobjekt fordert § 269 Abs. 1 StGB „beweiserhebliche Daten“. Könnten per E-Mail versendete Daten beweiserhebliche Daten sein?
Genau, so ist das!
Daten sind alle - noch nicht notwendigerweise gespeicherten - Informationen, die Gegenstand eines Datenverarbeitungsprozesses sein können. Beweiserheblich sind Daten, wenn sie dazu bestimmt sind, im Rechtsverkehr für rechtserhebliche Tatsachen verwendet zu werden.
Der Anhang der E-Mail ist eine Information, die Gegenstand eines Datenverarbeitungsprozesses sein kann. Die Daten waren dazu bestimmt, im Rechtsverkehr zu beweisen, dass A eine Kaufmannsausbildung und langjährige Berufserfahrung hat.
Mache dir klar, dass § 269 StGB nur Lücken schließen soll, weil Daten nicht visuell wahrnehmbar sind. Bis auf das Erfordernis der verkörperten Gedankenerklärung müssen alle anderen Merkmale einer Urkunde nach § 267 StGB erfüllt sein (vgl. Wortlaut „…vorliegen würde“).
6. Arbeitszeugnisse werden üblicherweise im Original als Papier übersendet. Könnten daher Zweifel daran aufkommen, ob die angehängten Zeugnisse zum Beweis im Rechtsverkehr geeignet sind?
Ja, in der Tat!
Eine Urkunde i.S.d. § 267 StGB ist jede verkörperte menschliche Gedankenerklärung (Perpetuierungsfunktion), die zum Beweis im Rechtsverkehr geeignet und bestimmt ist (Beweisfunktion) und die ihren Aussteller erkennen lässt (Garantiefunktion).
Da wir die Strafbarkeit nach § 269 StGB prüfen, müssen die angehängten Zeugnisse alle Merkmale des § 267 StGB bis auf „verkörpert“ erfüllen.
Die angehängten Zeugnisse enthalten Erklärungen darüber, dass A eine Kaufmannsausbildung und langjährige Berufsausbildung hat und damit eine menschliche Gedankenerklärung. Zeugnisse werden jedoch in der Regel im Original in Papierform übersendet. Folglich ergeben sich Zweifel daran, ob die selbst erstellten PDFs zum Beweis im Rechtsverkehr geeignet sind. Ebenso ist zweifelhaft, ob mangels Stempel oder Unterschrift auf dem üblicherweise im Original übersandten Zeugnis der Aussteller erkennbar ist.
7. Bloße Kopien sind keine Urkunde im Sinne des § 267 StGB. Könnte der Gedanke auf E-Mail-Anhänge übertragbar sein, so dass danach zu fragen ist, ob der Anhang als bloße Reproduktion oder als „Original“ erscheint?
Ja!
Nach der Rspr. des BGH sind Kopien, die als solche erkennbar sind, keine Urkunden im Sinne von § 267 StGB. Denn reine Reproduktionen sind erkennbar nicht dazu bestimmt und geeignet, einen Beweis im Rechtsverkehr zu erbringen. Ist die Reproduktion erkennbar, besteht kein Schutzbedürfnis. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Kopie den Anschein erweckt, es handele sich um ein Original. In diesem Fall ist die Beweisfunktion gerade anzunehmen.
Nach dem OLG Celle ist auch bei Mail-Anhängen danach zu differenzieren, ob sie als originärer Erklärungsträger oder lediglich als sekundärer Beleg für die Existenz einer eingescannten Papierurkunde fungieren sollen (RdNr. 42). § 269 StGB solle nicht zu einer Ausweitung des strafrechtlichen Schutzes von Reproduktionen von Urkunden führen. Da „Zeugnisse üblicherweise als Original-Papierdokumente ausgegeben werden, so dass ein entsprechendes PDF-Dokument erkennbar als Reproduktion erscheint“, seien die E-Mail-Anhänge nicht von § 269 StGB erfasst (RdNr. 42).
Wenn man darauf abstellt, dass Zeugnisse meist in Papierform übersendet werden, ist die Argumentation nachvollziehbar. In Anbetracht dessen, dass sich am PC selbst erstellte Dokumente optisch durchaus von einer Kopie unterscheiden, bleibt unklar, inwiefern am PC erstellte Dokumente überhaupt geeignet sind, als Reproduktion zu erscheinen (anders als z.B. ein Scan einer geänderten Bescheinigung, die als Mail-Anhang verschickt wird, OLG Hamburg, Beschl. v. 6. 11. 2012 - 2-63/11).
8. Könnte A sich wegen Betruges gegenüber G und zulasten der W-GmbH strafbar gemacht haben, indem er G durch Vorlage der gefälschten Zeugnisse über seine Qualifikationen täuschte (§ 263 Abs. 1 StGB)?
Genau, so ist das!
Eine Strafbarkeit wegen Betruges setzt voraus:
(I) Objektiver Tatbestand
(1) Täuschung über Tatsachen
(2) Irrtum (kausal durch Täuschung)
(3) Vermögensverfügung (kausal durch Irrtum)
(4) Vermögensschaden oder Vermögensgefährdung (kausal durch Vermögensverfügung)
(II) Subjektiver Tatbestand
(1) Vorsatz
(2) Bereicherungsabsicht
(III) Rechtswidrigkeit
(IV) Schuld
(V) Strafzumessung § 263 Abs. 3 StGB (Regelbeispiele)
(VI) In den Fällen der § 263 Abs. 4 StGB i.V.m. §§ 247, 248a StGB: Strafantrag
A hat mit seiner Bewerbung die gefälschten Zeugnisse geschickt, um den Eindruck zu erwecken, die entsprechenden Arbeitsqualifikationen zu besitzen. Da G dachte, A besäße die entsprechenden Qualifikationen, hat G ihn angestellt. Da As Arbeitsleistung jedoch den angegebenen Qualifikationen nicht entsprach, könnte A sich wegen Betruges strafbar gemacht haben.
9. A hat den G über Tatsachen getäuscht und dadurch einen Irrtum bei G erregt.
Ja, in der Tat!
Täuschung ist die ausdrückliche oder konkludente intellektuelle Einwirkung auf das Vorstellungsbild eines anderen mit dem Ziel bewusster Irreführung. Tatsachen sind alle in der Vergangenheit oder Gegenwart liegenden äußeren sowie inneren, also psychische Vorgänge oder Zustände, die dem Beweis zugänglich sind. Irrtum bezeichnet das Auseinanderfallen von subjektiver Vorstellung und objektiver Wirklichkeit.
A hat durch das Versenden der gefälschten Zeugnisse bei G den Eindruck erweckt, dass er die dort genannten Qualifikationen besitzt. A hat G getäuscht. Dass seine wirklichen Qualifikationen dem nicht entsprachen, stellt eine Tatsache dar. Durch die gefälschten Zeugnisse irrte G darüber, dass A die Qualifikationen tatsächlich besaß.
Wenn du die Urkundenfälschung schon vorher geprüft hast, kannst du die Täuschung hier schnell abhandeln und nach oben verweisen.
10. Infolge des Irrtums ging die W-GmbH einen Arbeitsvertrag mit A ein. Liegt eine Vermögensverfügung erst in dem Zeitpunkt vor, in dem A das erste Gehalt überwiesen wird?
Nein!
Eine Vermögensverfügung ist jedes Handeln, Dulden oder Unterlassen, das sich unmittelbar vermögensmindernd auswirkt. Eine Vermögensverfügung erfordert nicht, dass unmittelbar Geld fließt. Es reicht schon der Abschluss eines Vertrages, wenn dadurch Zahlungspflichten begründet werden, da bereits dann das Vermögen um den Zahlungsanspruch gemindert wird.
Es handelt sich um einen sog. Eingehungsbetrug, bei dem der Täter einen Vertrag eingeht mit dem Wissen, später gar nicht oder schlecht leisten zu wollen. Der Anstellungsbetrug ist ein Unterfall des Eingehungsbetruges.
Bereits mit dem Abschluss des Arbeitsvertrages zwischen der W-GmbH und A wurde die W-GmbH zur Lohnzahlung verpflichtet. Folglich lag bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages eine Vermögensverfügung vor.
Ob das Vermögen in Folge des Eingehens des Vertrages tatsächlich gemindert ist, ist eine Frage des Vermögensschadens.
11. Infolge des Irrtums hat G den A angestellt. Liegt darin eine Vermögensverfügung des G über eigenes Vermögen?
Nein, das ist nicht der Fall!
Der Anstellungsvertrag kam zwischen A und der W-GmBH zustande, den G nur als Geschäftsführer für die W-GmbH abgeschlossen hat. Achte auf derartige „Kleinigkeiten“ bei der Formulierung deiner Obersätze.
Ein Betrug ist auch dann möglich, wenn der Getäuschte über das Vermögen eines Dritten verfügt und dieses dadurch schädigt (sog. Dreiecksbetrug). Der Getäuschte wird vom Täter dabei als Mittelsperson zur Schädigung eines Dritten genutzt. Ein Dreiecksbetrug liegt dabei nur dann vor, wenn die Verfügung des Getäuschten dem geschädigten Dritten zurechenbar ist. Wann eine Zurechenbarkeit im Einzelnen besteht, ist strittig.
12. Ist die Verfügung des G – hier der Abschluss des Arbeitsvertrages zwischen der W-GmbH und A – der W-GmbH nach allen Theorien zuzurechnen?
Ja, in der Tat!
Nach der „Befugnistheorie“ (auch „Ermächtigungstheorie“) muss der Getäuschte zivilrechtlich zur Verfügung (Besitzübertragung) über das Vermögen des Dritten berechtigt sein. Nach der Lagertheorie genügt es, dass der Getäuschte im „Lager“ des Dritten steht. Dies ist der Fall, wenn er in einem faktischen Näheverhältnis zum Vermögenskreis des Geschädigten steht und eine Schutzposition für den Vermögensgegenstand innehat.
Die Theorien werden insbesondere bei der Abgrenzung vom Dreiecksbetrug und Diebstahl in mittelbarer Täterschaft relevant.
G ist als Geschäftsführer nach § 35 Abs. 1 GmbHG zivilrechtlich dazu befugt, über das Vermögen der W-GmbH zu verfügen. Damit wird Gs Verfügung der W-GmbH bereits nach der Befugnistheorie zugerechnet und es liegt eine Vermögensverfügung vor. Es kommt daher nicht weiter auf die Lagertheorie an.
Da hier kein Problem liegt, reicht eine kurze Darstellung aus.
13. Als nächste Voraussetzung muss ein Vermögensschaden eingetreten sein. Kann dieser schon bei Vertragsabschluss entstanden sein, obwohl zwischen der W-GmbH und A noch gar keine Leistungen ausgetauscht wurden?
Ja!
Ein Vermögensschaden liegt vor, wenn die Vermögensverfügung des Getäuschten bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise unmittelbar zu einer nicht durch Zuwachs ausgeglichenen Minderung des Gesamtwerts seines Vermögens führt. Er wird durch eine Gesamtsaldierung festgestellt. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bestimmung des Vermögensschadens ist die Vermögensverfügung.
Ein Vermögensschaden kann bereits bei einer sog. schadensgleichen Vermögensgefährdung vorliegen. Dies ist etwa der Fall, wenn das Vermögen bereits durch Eingehung eines Vertrages so konkret gefährdet ist, dass nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten schon eine Vermögensverschlechterung eingetreten ist (RdNr. 33).
A hatte schon bei Vertragsschluss nicht die in den Zeugnissen geschilderten Qualifikationen. As Arbeitsleistung könnten wirtschaftlich geringwertiger sein als der ausgezahlte Lohn. Es könnte eine schadensgleiche Vermögensgefährdung vorliegen.
14. Reicht es für die Feststellung einer schadensgleichen Vermögensverfügung danach aus, dass A die Qualifikationen aus den Zeugnissen nicht besaß?
Nein, das ist nicht der Fall!
Beim Eingehungsbetruges ist der Eintritt eines Vermögensschadens durch Vergleich der gegenseitigen Ansprüche zu ermitteln. Wenn der Wert des Anspruchs auf die Leistung des Täuschenden (hier: As Arbeitsleistung) hinter dem
Wert der Verpflichtung zur Gegenleistung durch den Getäuschten (hier: Arbeitsentgelt) zurückbleibt, erleidet der Getäuschte einen Vermögensschaden (RdNr. 33). Die nach Vertragsschluss erbrachten Leistungen können bei der Beurteilung der Frage, ob bei Vertragsschluss eine Vermögensgefährdung eingetreten war, als Indiz herangezogen werden. Dabei ist der eingetretene Schaden konkret zu beziffern und darzulegen (RdNr. 34).
Für die Annahme einer schadensgleichen Vermögensgefährdung reicht es nicht aus, lediglich festzustellen, dass A die Qualifikationen aus den Zeugnissen nicht besaß. Vielmehr ist der Wert seiner Gegenleistung genau zu bestimmen, wobei seine erbrachten Arbeitsleistungen Indizien darstellen können.
15. Beamte unterliegen einer besonderen Treuepflicht. Könnten deswegen für die Feststellung des Vermögensschadens bei Beamtenverhältnissen und privaten Anstellungsverhältnissen andere Maßstäbe gelten?
Ja, in der Tat!
Ein Vermögensschaden liegt in privatrechtlichen und beamtenrechtlichen Anstellungsverhältnissen stets vor, wenn der Täter fachlich außerstande ist, die erwartete Arbeitsleistung zu erbringen. Bei Beamtenverhältnissen kann ein Schaden nach der Rspr. auch bei fehlender persönlicher Eignung vorliegen, obwohl der Täter seine Arbeitsleistung sonst einwandfrei erbringt (z.B. bei Verschweigen einer ehemaligen Tätigkeit bei der Stasi).
Ausnahmsweise sind diese Grundsätze übertragbar, wenn eine besondere Vertrauenswürdigkeit und Zuverlässigkeit erforderlich ist und daher die Bezahlung höher ausfällt oder wenn Anstellung und Höhe der Bezüge eine abgeschlossene Ausbildung voraussetzen oder von Art und Dauer früherer Beschäftigung abhängen (RdNr. 34).
In dem Urteil selbst wurde nur betrachtet, ob As Arbeitsleistungen hinter dem ihm gezahlten Gehalt zurückblieb. Wir habe die Frage zur Vertiefung eingeschoben.
16. A wurde erst nach 7 Monaten gekündigt und es blieb offen, ob A zumindest irgendwelche kaufmännische oder berufliche Vorerfahrung hatte. Spricht dies für die Annahme einer schadensgleichen Vermögensgefährdung?
Nein!
Nach dem OLG Celle waren die Feststellungen und Beweiswürdigung des LG unvollständig und widersprüchlich. So sei es widersprüchlich, von der völligen Unbrauchbarkeit von As Leistungen auszugehen und es andererseits für nachvollziehbar zu erklären, dass A erst nach 7 Monaten gekündigt wurde (RdNr. 37). Es fehle auch an einer konkreten Bezifferung des Schadens und es hätte einer Begründung bedurft, warum das LG annimmt, dass der Schaden dem kompletten Bruttogehalt entspricht (RdNr. 38).
Die Höhe des Gefährdungsschadens muss nach BVerfG Beschl. v. 23.6.2010 - 2 BvR 2559/09 konkret festgestellt und beziffert werden. Daran mangelte es an dem Urteil der Vorinstanz.
Da nicht eindeutig geklärt werden konnte, ob As Arbeitsleistung tatsächlich nicht der Gegenleistung entsprach bzw. in welchem Umfang sie nicht der Gegenleistung entsprach, kann das Vorliegen eines Vermögensschadens nicht sicher bejaht werden. Damit hat sich A nicht nach § 263 Abs. 1 StGB strafbar gemacht.