Wertgleiche Gegenleistung

14. Februar 2025

4 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
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Klassisches Klausurproblem

Die listige Zeitschriftenverkäuferin Z erzählt K wahrheitswidrig, der Nettogewinn eines Jahresabos käme dem Schutz des Regenwalds zu Gute. K mag die Zeitschrift und will vor allem den Regenwald retten. Er schließt ein Abo für € 150 ab, was dessen objektiven Wert entspricht.

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Einordnung des Falls

Wertgleiche Gegenleistung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Z hat K getäuscht, wodurch K einem Irrtum unterlegen ist (§ 263 Abs. 1).

Ja!

Täuschung ist das Einwirken auf einen anderen mit dem Ziel der Erregung eines Irrtums. Irrtum ist das Auseinanderfallen von subjektiver Vorstellung und objektiver Realität.Z hat K behauptet, der Nettogewinn käme dem Schutz des Regenwalds zu Gute. Das entsprach nicht der Wahrheit. K klaubte der Z. Er irrte sich damit täuschungsbedingt.
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2. K hat über sein Vermögen verfügt, als er das Zeitschriftenabo abschloss.

Genau, so ist das!

Eine Vermögensverfügung ist jedes Handeln, Dulden oder Unterlassen, das sich unmittelbar vermögensmindernd auswirkt.K ist eine vertragliche Verpflichtung eingegangen. Er hat damit über sein Vermögen verfügt.

3. Ist bei K ein Vermögensschaden eingetreten?

Nein, das trifft nicht zu!

Ein Vermögensschaden ist ein negativer Saldo, welches im Wege einer Gesamtbetrachtung aller Zu- und Abflüsse im Zusammenhang mit der Vermögensverfügung ermittelt wird. Grundsätzlich liegt eine Schädigung nur dann vor, wenn der Getäuschte für seine Leistungsverpflichtung kein wertmäßig gleichwertiges Äquivalent erhält.K hat ein Abo für € 150 abgeschlossen. Das Abo hatte auch den Wert von € 150. Die Vertragsverpflichtung war damit wirtschaftlich ausgeglichen. K hat keinen Vermögensschaden erlitten.Hier zeigt sich, dass § 263 StGB das Vermögen und nicht die Dispositionsfreiheit schützt. Erst wenn eine Leistung ihr Geld nicht wert ist, kommen die Grundsätze des Spendenbetrugs zum tragen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Cosmonaut

Cosmonaut

11.2.2024, 20:15:28

Für alle, deren Rechtsempfinden sich aufbäumt: Es verbleibt eventuell bei einer Strafbarkeit der listigen Verkäuferin gem. § 16 Abs. 1 UWG (falsche Werbung).

Skywalker

Skywalker

18.4.2024, 12:47:26

Wenn bei der täuschungsbedingten bewussten

Vermögensverfügung

mit verfehltem Zweck (Bettelbetrug etc.) gleichzeitig ein ausgleichendes Austauschverhältnis besteht, stellt die Rechtssprechung darauf ab, ob der verfehlte Zweck das maßgebliche Motiv für die

Vermögensverfügung

darstellt. Dann nimmt die Rechtssprechung einen Vermögensschaden an, obwohl ein ausgeglichenes Austauschverhältnis vorliegt. (BGH wistra 2003,457,459) Im Sachverhalt steht zwar, dass der Getäuschte auch Interesse an der Zeitschrift hat, weil er diese wohl "mag", allerdings scheint es ihm doch maßgeblich um den sozialen Zweck zu gehen, wenn es heißt: "und will vor allem(!) den Regenwald retten". Das der Zweck alleiniges Motiv des getäuschten ist verlangt die Rechtssprechung m.A.n. gerade nicht. Wenn man den Sachverhalt anders verstehen mag, könnte eine kurze Info in der Lösung für den Lernenden hilfreich sein.

Lord Denning

Lord Denning

12.7.2024, 15:51:18

Ich denke, darauf will der graue Infokasten hinaus (sofern der nicht nach Skywalkers Kommentar hinzugefügt wurde. Primär schützt § 263 I das Vermögen und sofern in wirtschaftlich äquivalentes Kompensat erhalten wurde, ist § 263 I nicht einschlägig. Wenn aber der Wert nicht gleich, oder schon gar nicht vorhanden ist, dann kann man über die Zweckverfehlung nachdenken, sofern der Vermögensschaden „unbewusst“ eingetreten ist.

Simon

Simon

25.7.2024, 01:22:26

Die

Zweckverfehlungslehre

ist nur anwendbar, wenn Leistung und Gegenleistung wirtschaftlich nicht gleichwertig sind (Saliger, in: Matt/Renzikowski, StGB, 2. Aufl. 2020, § 263 Rn. 219). Der Betrugs

tatbestand

dient dem Vermögensschutz. Weiß der Verfügende aber von der vermögensschädigenden Wirkung seiner Verfügung (bewusste Selbstschädigung), so bedarf er keines Schutzes. In gewisser Weise liegt darin eine rechtfertigende Einwilligung. Hingegen ist eine bewusste Selbstschädigung unter dem Aspekt des Vermögensschutzes dann relevant, wenn das Opfer einem beachtlichen Irrtum unterliegt oder m.a.W.: wenn der verfolgte Zweck als Quasi-Gegenleistung nicht erreicht wird. Die Lehre von der Zweckverfehlung soll also nur in Fällen der bewussten Selbstschädigung (in denen rein wirtschaftlich ein Schaden vorliegt, dieser aber aus

normativ

en Gründen abgelehnt wird) in Ausnahmefällen einen Vermögensschaden begründen. Sie soll aber nicht einen (wegen vollkommener Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung) wirtschaftlich schon nicht bestehenden Schaden fingieren. Ansonsten würde § 263 StGB einen reinen Dispositionsschutz darstellen. Auch BGH, wistra 2003, 457, 459 spricht davon, dass "der Abschluss des Geschäfts entscheidend durch den sozialen Zweck bestimmt" sein muss. Damit ist wohl gemeint, dass sich Leistung und Gegenleistung nicht ganz decken, sondern eine Art "gemischter Schenkung" vorliegt. Dafür spricht auch der Verweis im

Urteil

auf BGH, NJW 1992, 2167: "Der

Tatbestand

des Betrugs entfällt in Fällen wie dem vorliegenden nicht deshalb, weil sich der Getäuschte der nachteiligen Wirkung auf sein Vermögen bewußt ist [...]. Es genügt aber die Verfehlung eines Zweckes, der dem Verfügenden in der konkreten Situation notwendig und sinnvoll erscheint." Auch Heger, in: Lackner/Kühl, StGB, 30. Aufl. 2023, § 263 Rn. 56 stellt die zitierte BGH-Entscheidung in den Kontext der Weggabe eines "Vermögenswert[es] ganz oder teilweise (gemischter Vertrag) ohne Entgelt".


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