Gesetzliche Rechte (Pfandrecht)

22. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Klassisches Klausurproblem

R gibt sein Rennrad (Wert: € 3000) in Us Werkstatt zur Reparatur. U repariert das Rad, wobei ihm Kosten in Höhe von € 200 entstehen. R hatte von Anfang an vor, die Reparatur nicht zu bezahlen, und das Rad in einem unbeobachteten Moment einfach mitzunehmen.

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Einordnung des Falls

Gesetzliche Rechte (Pfandrecht)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Hat R den U über Tatsachen getäuscht, als er das Rad zu ihm in Reparatur gab (§ 263 Abs. 1 StGB)?

Ja!

Täuschung ist das Einwirken auf einen anderen mit dem Ziel der Erregung eines Irrtums. Tatsachen sind alle in der Vergangenheit oder Gegenwart liegenden äußeren sowie inneren, also psychische Vorgänge oder Zustände, die dem Beweis zugänglich sind.Die Zahlungswilligkeit des R ist als innerer Zustand eine Tatsache. Zwar hat R nicht ausdrücklich erklärt, zahlungsunwillig zu sein. Allgemein ist aber mit dem Eingehen einer vertraglichen Verpflichtung ein positiver Erklärungsgehalt verbunden, Erfüllungswillen und Erfüllungsfähigkeit zu haben, sofern sich nach den Umständen nicht ausnahmsweise ein anderes ergibt. Mit der Aufgabe des Rads zur Reparatur hat R konkludent erklärt, zahlungswillig zu sein. R hat U getäuscht.
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2. U hat sich täuschungsbedingt über Rs Zahlungswilligkeit geirrt (§ 263 Abs. 1 StGB).

Genau, so ist das!

Irrtum ist das Auseinanderfallen von subjektiver Vorstellung und objektiver Realität.U hat sich möglicherweise nicht explizit Gedanken über R’s Zahlungswilligkeit gemacht. Beim Abschluss eines Vertrages zahlungswillig zu sein gehört aber zu den gemeinhin als selbstverständlich angesehenen Tatsachen. U hatte darüber zumindest ein „sachgedankliches Mitbewusstsein“. Er hat sich mithin täuschungsbedingt geirrt.

3. Hat U auch über sein Vermögen verfügt?

Ja, in der Tat!

Eine Vermögensverfügung ist jedes Handeln, Dulden oder Unterlassen, das sich unmittelbar vermögensmindernd auswirkt.U hat mit R einen Vertrag über die Reparatur des Rads geschlossen (§ 631 BGB). U ist deshalb verpflichtet, das Rad zu reparieren. In der Eingehung dieser Vebindlichkeit liegt eine Vermögensverfügung.

4. U hat allerdings im Gegenzug ein Werkunternehmerpfandrecht erlangt (§ 647 BGB).

Ja!

Voraussetzung für die Entstehung eines Werkunternehmerpfandrechts ist: (1) ein bestehender Werkvertrag (2) eine Forderung aus dem Werkvertrag (3) Eigentum des Bestellers (4) Besitz des Werkunternehmers an der SacheZwischen U und R besteht ein Werkvertrag aus dem U eine offene Forderung hat. Das Rennrad ist im Eigentum von R und im Besitz von U. Ein Werkunternehmerpfandrecht ist von Gesetzes wegen entstanden.

5. Das erlangte Werkunternehmerpfandrecht stellt nach allen Auffassungen eine hinreichende Kompensation dar, sodass bei U kein Vermögensschaden eingetreten ist?

Nein, das ist nicht der Fall!

Ein Vermögensschaden ist ein negativer Saldo, welches im Wege einer Gesamtbetrachtung aller Zu- und Abflüsse im Zusammenhang mit der Vermögensverfügung ermittelt wird. Grundsätzlich liegt eine Schädigung nur dann vor, wenn der Getäuschte für seine Leistungsverpflichtung kein wertmäßig gleichwertiges Äquivalent erhält.U ist zur Reparatur des Rennrads verpflichtet. Dieser Leistungspflicht steht ein (wegen Rs Zahlungsunwilligkeit) wirtschaftlich nicht gleichwertiger Zahlungsanspruch gegenüber. U hat jedoch auch ein Werkunternehmerpfandrecht am Rennrad erworben. Ob es sich dabei um eine hinreichende Kompensation handelt, die den Vermögensschaden ausschließt, ist umstritten.

6. Gegen eine Schadenskompensation könnte sprechen, dass das Werkunternehmerpfandrecht nicht unmittelbar mit der Vermögensverfügung zusammenhängt.

Ja, in der Tat!

Mit diesem Argument bejaht ein Teil der Rechtsprechung den Vermögensschaden trotz bestehenden Werkunternehmerpfandrechts. Eine Schadenskompensation sei ausgeschlossen, da sich das Pfandrecht nicht unmittelbar aus der Vermögensverfügung ergäbe. Es entstehe erst dann, wenn die Sache in Besitz des Werkunternehmers gelangt. Der Schaden hingegen entstehe bereits bei Vertragsschluss. Zudem bestünde das Risiko, dass der Getäuschte die ihm vom Gesetz eingeräumte Sicherung des Pfandrechts nicht kenne und diese deshalb nicht verwirkliche.Der BGH hat zur möglichen Schadenskompensation durch das Werkunternehmerpfandrecht soweit ersichtlich bisher nicht entschieden.

7. Für eine hinreichende Kompensation durch das Werkunternehmerpfandrecht spricht, dass es automatisch eintritt und leicht durchsetzbar ist.

Ja!

Nach der in der Literatur vorherrschenden Ansicht kann das Werkunternehmerpfandrecht einen Vermögensschaden grundsätzlich kompensieren. Es trete direkt von Gesetzes wegen und ohne rechtlich selbstständige Handlungen ein. Zudem könne es problemlos realisiert werden, ohne, dass der Schuldner dies in irgendeiner Weise einschränken könne. Allerdings stellt das Pfandrecht nur dann eine Schadenskompensation dar, wenn und soweit es werthaltig ist. Bleibt der Wert der Sachen hinter dem Wert der Forderung zurück, liege keine Schadenskompensation vor.Hier hat U eine Forderung in Höhe von € 200 und das Pfandrecht an einem Gegenstand mit einem Wert von € 3000. Das Pfandrecht ist damit werthaltig und der Vermögensschaden nach dieser Ansicht kompensiert.
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