Nichtgewährung des letzten Wortes, § 258 Abs. 2 StPO

3. Dezember 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A wird wegen Totschlags verurteilt. Nach der Beweisaufnahme erhalten laut Protokoll zunächst die Staatsanwältin, As Verteidigerin und danach auch A „zu ihren Ausführungen und Anträgen das Wort”. Unmittelbar danach zieht sich das Gericht zur Urteilsfindung zurück.

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Einordnung des Falls

Nichtgewährung des letzten Wortes, § 258 Abs. 2 StPO

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Wird dem Angeklagten das letzte Wort nicht gewährt, liegt ein reversibler Verfahrensfehler vor (§ 258 Abs. 2 StPO).

Ja!

Nach der Beweisaufnahme erhalten Staatsanwaltschaft und der Angeklagte samt Verteidiger zu ihren Ausführungen und Anträgen das Wort (§ 258 Abs. 1 StPO). Das letzte Wort gebührt dem Angeklagten (§ 258 Abs. 2 StPO). Wird es nicht gewährt, liegt ein Verfahrensfehler vor. Sinn und Zweck dieses Rechts liegt darin, dem Angeklagten zu ermöglichen, sich als Letzter persönlich zu äußern und so noch unmittelbar vor der Urteilsberatung zu dem gesamten Prozessstoff Stellung nehmen, seinen Standpunkt verdeutlichen sowie für ihn günstige Umstände darlegen zu können.
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2. Das letzte Wort muss dem Angeklagten ausdrücklich und in einer jedes Missverständnis ausschließenden Weise gewährt werden.

Genau, so ist das!

Die Erteilung des letzten Wortes muss nicht mit den Worten des Gesetzes erfolgen. Sie muss aber ausdrücklich und in einer jedes Missverständnis ausschließenden Weise geschehen. Für alle Verfahrensbeteiligten muss erkennbar sein, dass dem Angeklagten ermöglicht wird, „als Letzter“ zu sprechen. Als für die Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens maßgebliches Recht kann die Gewährung oder Nichtgewährung des letzten Wortes nur durch das Protokoll bewiesen werden (§ 274 StPO). Die Protokollierung muss die Gewährung des letzten Wortes hinreichend deutlich machen.In der Praxis wird das Protokoll daher regelmäßig die Worte des Gesetzes verwenden.

3. Das Gericht muss dem Angeklagten das letzte Wort ausdrücklich erteilen (§ 258 Abs. 2 StPO). Hat hier das Gericht laut dem Protokoll A das letzte Wort gewährt?

Nein, das trifft nicht zu!

Die Erteilung des letzten Wortes muss nicht mit den Worten des Gesetzes geschehen. Sie muss aber ausdrücklich und in einer jedes Missverständnis ausschließenden Weise geschehen. Für alle Verfahrensbeteiligten muss erkennbar sein, dass dem Angeklagten ermöglicht wird, „als Letzter“ zu sprechen. Als für die Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens maßgebliches Recht kann die Gewährung oder Nichtgewährung des letzten Wortes nur durch das Protokoll bewiesen werden (§ 274 StPO). Die Protokollierung muss die Gewährung hinreichend deutlich machen.Im Protokoll finden sich die Schlussvorträge, nicht aber die ausdrückliche Gewährung des letzten Wortes. Damit greift die negative Beweiskraft des Protokolls (§ 274 StPO). Das letzte Wort gilt als nicht gewährt.

4. A kann erfolgreich in Revision gehen (§ 337 StPO).

Ja!

A kann erfolgreich in Revision gehen, wenn ein Verfahrensfehler vorliegt und das Urteil auf diesem beruht (§ 337 StPO).Die Nichtgewährung des letzten Wortes ist ein Verfahrensfehler. Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass durch diese letzte persönliche Stellungnahme des A das Urteil anders ausgefallen wäre. Damit beruht das Urteil auf dem gemäß § 274 StPO beweisbaren Verfahrensfehler. A kann erfolgreich in Revision gehen.Aufgrund des Schutzzwecks der Norm wird sich bei der Nichtgewährung des letzten Wortes das Beruhen regelmäßig nicht verneinen lassen.
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