Ausschluss zur Wahrung der Ordnung und Rügepräklusion, § 176 GVG

10. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A wird vor dem Landgericht angeklagt. Eine Mitarbeiterin des Verteidigers macht sich als Zuhörerin Notizen zur Verhandlung. Vorsitzender V verweist sie des Saals. Er befürchtet, die Notizen, deren Wahrheitsgehalt sich später kaum noch feststellen lasse, dienten einer möglichen Revision. A und sein Verteidiger nehmen das hin.

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Einordnung des Falls

Ausschluss zur Wahrung der Ordnung und Rügepräklusion, § 176 GVG

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Verweis der Mitarbeiterin des Verteidigers aus dem Saal war eine zulässige sitzungspolizeiliche Anordnung und der Öffentlichkeitsverstoß damit gerechtfertigt (§ 176 Abs. 1 GVG).

Nein, das ist nicht der Fall!

Ob eine Maßnahme nach § 176 Abs. 1 GVG zulässig ist, bestimmt sich im Einzelfall nach ihrem Zweck, die äußere Ordnung der Verhandlung sicherzustellen. Sie muss verhältnismäßig sein und der Vorsitzende muss die Ermessensgrenzen einhalten.Schon im Hinblick auf die Begründung des V ist zweifelhaft, ob die Maßnahme der Aufrechterhaltung der Ordnung dienen sollte. Jedenfalls überschritt er sein Ermessen. Ein Verteidiger darf sich Notizen zum Verlauf der Verhandlung machen, auch - oder gerade - um darauf eventuell eine Revision zu stützen. Ob er dies selbst oder durch Mitarbeiter tut, kann keinen Unterschied machen. Befürchtet V fehlerhafte oder unwahre Notizen, kann er dem entgegenwirken, indem er den Vorgang ins Protokoll aufnehmen lässt. In der Gesamtschau ist die Maßnahme unzulässig und die Öffentlichkeit verletzt.
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2. As Revision hat aber keinen Erfolg, da er und sein Verteidiger in der Verhandlung keine Rüge nach § 238 Abs. 2 StPO erhoben haben.

Ja, in der Tat!

Die Sitzungspolizei gehört nicht grundsätzlich zur Sachleitung nach § 238 StPO. Berührt die Maßnahme allerdings den Öffentlichkeitsgrundsatz (§ 169 Abs. 1 S. 1 GVG) und damit die verfahrensrechtliche Stellung des Angeklagten, stellt sie eine auf die Sachleitung bezügliche Anordnung im Sinne des § 238 Abs. 2 StPO dar. Dann muss in der Verhandlung eine Entscheidung nach § 238 Abs. 2 StPO herbeigeführt werden. Geschieht dies nicht, ist der Angeklagte mit der Rüge der Verletzung der Öffentlichkeit in der Revision präkludiert.Da A und sein Verteidiger die Maßnahme nicht rügten, ist die Rüge der Verletzung der Öffentlichkeit in der Revision präkludiert.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

TAT

Tat

24.3.2024, 22:50:50

Wieso besteht hier Präklusion und in dem Fall, in dem der Anklagte in der Verhandlung dem Ausschluss der Öffentlichkeit zustimmt, hat die Revision Erfolg?

ALE

Aleks_is_Y

15.5.2024, 16:52:46

Ad hoc würde ich sagen, dass der Unterschied darin liegt, dass vorliegend nur eine Einzelperson ausgeschlossen wurde (die auch nur bedingt Teil der Öffentlichkeit ist); wohingegen in dem anderen Fall die gesamte Öffentlichkeit ausgeschlossen wurde, die für den Angeklagten nicht disponibel ist.Über weitere Gedanken zu diesem Thema wäre ich auch dankbar :).


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