Entfernung zur Wahrung der Ordnung, § 177 GVG

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A wird vor dem Landgericht angeklagt. Während der Verhandlung stört der stadtbekannte Wichtigtuer W durch ständige Zwischenrufe. Der Vorsitzenden wird es zu bunt und sie lässt W durch die Wachtmeister aus dem Saal entfernen. As Verteidiger rügt dies erfolglos.

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Einordnung des Falls

Entfernung zur Wahrung der Ordnung, § 177 GVG

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Entfernung Ws aus dem Saal war rechtmäßig (§ 177 S. 1 GVG) und der Öffentlichkeitsgrundsatz damit nicht verletzt.

Nein!

Der Öffentlichkeitsgrundsatz ist verletzt, wenn W zu Unrecht aus dem Saal entfernt wurde. Nach § 177 S. 1 GVG kann auch eine nicht beteiligte Person aus dem Saal entfernt werden, wenn sie den zur Aufrechterhaltung der Ordnung getroffenen Anordnungen nicht Folge leistet. Vorausgehen muss also immer eine verständliche und verstandene sitzungspolizeiliche Anordnung (§ 176 Abs. 1 GVG). Ein Verschulden setzt die Maßnahme nicht voraus. Über Maßnahmen gegen Unbeteiligte entscheidet die Vorsitzende (§ 177 S. 2 GVG).Vorliegend lies die Vorsitzende den W direkt aus dem Saal entfernen, ohne ihn zuvor durch sitzungspolizeiliche Anordnung (§ 176 Abs. 1 GVG) aus dem Saal zu verweisen. Damit war die Maßnahme nach § 177 GVG hier unzulässig.Merke: § 177 GVG regelt also den unmittelbaren Zwang zur Durchsetzung von sitzungspolizeilichen Anordnungen des Vorsitzenden nach § 176 Abs. 1 GVG
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2. § 169 Abs. 1 S.1 GVG ist durch Ws Entfernung verletzt. Kann A dies erfolgreich in der Revision geltend machen?

Genau, so ist das!

Da die Entfernung des W nach § 177 GVG die Öffentlichkeit verletzt und damit in die verfahrensrechtliche Stellung des A eingreift, stellt sie eine auf die Sachleitung bezügliche Anordnung der Vorsitzenden (§ 238 Abs. 2 StPO) dar.Ein erfolgreiches Vorgehen in der Revision setzt damit eine erfolglose Rüge nach § 238 Abs. 2 StPO voraus. Bei einer ungesetzlichen Beschränkung der Öffentlichkeit wird nach § 338 Nr. 6 StPO vermutet, dass das Urteil auf der Beschränkung beruht.As Verteidiger hat die Entfernung des W gerügt, sodass As Rüge nicht präkludiert ist. Nach § 338 Nr. 6 StPO wird das Beruhen des Urteils auf der Verletzung der Öffentlichkeit vermutet. A ist durch die Verletzung der Öffentlichkeit auch beschwert. Er wird also in der Revision Erfolg haben.
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