Strafrecht
BT 6: Urkundsdelikte u.a.
Fälschung technischer Aufzeichnungen (§ 268 StGB)
Einstiegsfall: Fälschung technischer Aufzeichnungen
Einstiegsfall: Fälschung technischer Aufzeichnungen
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Die elektronische Aufzeichnungspflicht der Lenk- und Ruhezeiten von Berufskraftfahrern schmälert die Einnahmen von Truckerin T enorm. Daher manipuliert sie den digitalen Fahrtenschreiber, mit dem ihr LKW ausgestattet ist. Dieser zeichnet dadurch unrichtige Lenkzeiten auf.
Diesen Fall lösen 79,7 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Einstiegsfall: Fälschung technischer Aufzeichnungen
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Eine Strafbarkeit der T wegen Fälschung technischer Aufzeichnungen (§ 268 Abs. 1 StGB) setzt voraus, dass das Aufzeichnungsergebnis des Fahrtenschreibers eine technische Aufzeichnung ist.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Ist das Aufzeichnungsergebnis des digitalen Fahrtenschreibers eine technische Aufzeichnung (§ 268 Abs. 2 StGB)?
Ja!
3. Taugliche Tathandlung der Fälschung technischer Aufzeichnungen (§ 268 Abs. 1 StGB) kann nur das Herstellen einer unechten technischen Aufzeichnung sein.
Nein, das ist nicht der Fall!
4. Indem T den Fahrtenschreiber manipulierte, hat sie eine technische Aufzeichnung verfälscht (§ 268 Abs. 1 Var. 2 StGB).
Nein, das trifft nicht zu!
5. Indem T den Fahrtenschreiber manipulierte, hat sie die Aufzeichnung durch störende Einwirkung beeinflusst und eine unechte technische Aufzeichnung hergestellt (§ 268 Abs. 1 Var. 1, Abs. 3 StGB).
Ja!
Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!
Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
FW
19.9.2024, 15:31:04
Hi, Ich hab leider nicht ganz den Unterschied zwischen dem Verfälschen einer technischen Aufzeichnung und dem Einwirken verstanden. Herstellen bedeutet also, dass ich von Anfang an auf den Vorgang einwirke und dadurch direkt eine unechte technische Aufzeichnung erstelle. Was ist aber nun der Unterschied zwischen einem verfälschen und einem Einwirken, wodurch das Ergebnis beeinflusst wird?
FW
19.9.2024, 15:32:56
Oder ist das Einwirken eine Art Zwischenstadium, d.h. der ordnungsgemäße Aufzeichnungsvorgang hat begonnen, wird jetzt aber durch ein Einwirken des Täters verfälscht während bei einem Verfälschen einer echten technischen Aufzeichnung der Vorgang bereits abgeschlossen war, jedoch nachträglich die Aufzeichnung manipuliert wird?
Leo Lee
21.9.2024, 16:35:38
Hallo FW, vielen Dank für die sehr gute und wichtige Frage! Zunächst mal hilft es bei 268 ungemein, wenn du immer parallel die Konstellationen des 267 im Kopf hast, aber den "Mensch" mit einem technischen Gerät austauschst. Das bedeutet etwa: Wenn ein Versicherungsnehmer einen unechten EKG-Bericht herstellt, indem er diesen selbst etwa zeichnet, um in die Versicherung reinzukommen, stellt er von vornherein eine technische Aufzeichnung her (normalerweise durch EKG-Gerät), die von der Geburt an falsch ist (wie wenn jemand eine unechte Urkunde herstellt und diese von vornherein mit dem falschen Charakter bemakelt ist). Verfälschen läge hingegen etwa vor, wenn der EKG-Bericht an sich "richtig" gedruckt, allerdings der Versicherungsnehmer "nachtouchieren" würde, um das Ergebnis zu verschönern. Das Einwirken ist ein Unterfall des Herstellens und liegt dann vor, wenn das Gerät an sich eine Aufzeichnung herstellt, jedoch der Mensch etwa danebensteht und auf das Gerät einwirkt. In unserem Beispiel könnte ein Einwirken vorliegen, wenn ein EKG-Gerät benutzt wird, der Versicherungsnehmer allerdings danebensteht und "zum Takt" auf das Gerät schlägt, um bestimmte Pulse zu kreieren, um letztlich so einen "guten" Bericht herzustellen. Deshalb kann man in der Tat sagen, dass das Einwirken ein "Zwischenstadium" ist, während das Verfälschen erst NACH dem Vorgang zur Anwendung gelangt. Also hast du völlig Recht mit deinem Vergleich! hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre vom MüKo-StGB 4. Auflage, Erb § 268 Rn. 32 ff. sehr empfehlen :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo