+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Klassisches Klausurproblem

T beobachtet, wie H im Secondhand Laden ein Smartphone kauft. Als Polizist verkleidet klingelt T am nächsten Tag bei H. Er behauptet, dass Handy stamme aus „illegalen Geschäften”, und er, T, müsse es deswegen beschlagnahmen. H will keinen Ärger und gibt T das Handy.

Einordnung des Falls

Vorgetäuschte Beschlagnahme

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. T hat H getäuscht, wodurch H einem Irrtum unterlegen ist (§ 263 Abs. 1 StGB).

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Ja!

Täuschung ist das Einwirken auf einen anderen mit dem Ziel der Erregung eines Irrtums. Irrtum ist das Auseinanderfallen von subjektiver Vorstellung und objektiver Realität.T hat sich als Polizist ausgegeben und behauptet, er dürfe das Handy beschlagnahmen. H glaubte ihm das. H hat sich täuschungsbedingt geirrt.

2. Hat H über sein Vermögen verfügt, als er T sein Handy gab?

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Nein, das ist nicht der Fall!

Eine Vermögensverfügung ist jedes freiwillige Handeln, Dulden oder Unterlassen, das sich unmittelbar vermögensmindernd auswirkt. Freiwilligkeit bestimmt sich dabei nach der inneren Willensrichtung des Opfers.H hat T sein Handy überreicht. Darin könnte eine Vermögensverfügung gesehen werden. H ging jedoch davon aus, mit einem Polizisten konfrontiert zu sein. Er musste deswegen damit rechnen, dass bei Weigerung eine zwangsweise Durchführung der Maßnahme folgen würde. Eine andere Handlung als die Hingabe des Handys wäre damit zwecklos. Hs Handeln ist daher nicht freiwillig. Er hat nicht über sein Vermögen verfügt.Nach einer Mindermeinung kommt es nicht auf die innere Willensrichtung an. Ob das Opfer über sein Vermögen verfügt sei vielmehr allein danach zu bestimmen, ob nach dem äußeren Verhalten ein „Geben” (dann Vermögensverfügung) oder ein „Nehmen” (dann Wegnahme) vorläge. Die ganz h.M. lehnt diese Art der Abgrenzung hier ab.

3. T hat sich stattdessen wegen Diebstahls (§ 242 Abs. 1 StGB) strafbar gemacht.

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Ja, in der Tat!

Für eine Strafbarkeit nach § 242 Abs. 1 StGB benötigt es objektiv (1) eine fremde, bewegliche Sache (2) Wegnahme und subjektiv (1) Vorsatz (2) ZueignungsabsichtDas Handy ist eine fremde, bewegliche Sache. H hat T das Handy unfreiwillig gegeben. T hat fremden Gewahrsam gebrochen und neuen Gewahrsam begründet. Insbesondere liegt kein die Wegnahme ausschließendes Einverständnis vor, weil angesichts der Konfrontation mit der (vermeintlichen) Staatsgewalt kein Raum für eine freie Willensbildung verbleibt. Er hat H das Handy damit weggenommen. Dabei handelte T vorsätzlich und mit Zueignugsabsicht.

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