Anrechnung von Vorausempfängen (§ 1380)

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Hänsel und Gretel sind verheiratet. Da Gretels Brotbackunternehmen gut läuft, überträgt sie Hänsel Unternehmensanteile im Wert von €500.000. Es kommt zur Scheidung. Hänsel hat neben den Unternehmensanteilen kein Vermögen. Gretel hat einen Zugewinn von €2.500.000. ‌

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Einordnung des Falls

Anrechnung von Vorausempfängen (§ 1380)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Handelt es sich bei der Übertragung der Unternehmensanteile auf Hänsel um eine illoyale Vermögensminderung i.S.d. § 1375 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB?

Nein, das ist nicht der Fall!

Nach § 1375 Abs. 2 BGB werden sog. illoyale Vermögensminderungen als ungeschehen behandelt. Danach werden Schenkungen, durch nie nicht einer sittlichen Pflicht oder den Geboten des Anstands entsprochen wird, dem Endvermögen hinzugerechnet. Allein nach dem Wortlaut des § 1375 Abs. 2 Nr. 1 BGB könnte eine solche Schenkung vorliegen, da Gretel nicht zur unentgeltlichen Übertragung der Unternehmensanteile verpflichtet war. Allerdings ist Sinn und Zweck der Vorschrift, dass Zuwendungen verhindert werden, die allein dem Zweck dienen, das Endvermögen zu schmälern und den Ausgleichsanspruch des Ehepartners zu verringern. Daran fehlt es aber ersichtlich, wenn der Ehegatte selbst Begünstigter einer Schenkung ist. Es liegt somit keine illoyale Vermögensminderung vor. Gretels Endvermögen (und damit zugleich ihr Zugewinn) erhöht sich somit nicht noch um weitere €500.000.
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2. Es könnte sich bei der Übertragung der Unternehmensanteile um einen Vorausempfang i.S.d. § 1380 BGB handeln.

Ja, in der Tat!

Nach § 1380 BGB werden solche Zuwendungen auf den Ausgleichsanspruch angerechnet, die mit der Bestimmung vorgenommen wurden, dass sie auf die Ausgleichsforderung anzurechnen sind. Eine solche Bestimmung ist im Zweifel anzunehmen, wenn ihr Wert den von Gelegenheitsgeschenken übersteigt, die nach den Lebensverhältnissen der Ehegatten üblich sind. Eine Schenkung von €500.000 ist auch bei einem florierenden Backunternehmen nicht ohne weiteres üblich und übersteigt den Wert von Gelegenheitsgeschenken. Somit ist hier von einem Vorausempfang auszugehen.

3. Im Falle des Vorausempfangs soll der Empfänger so gestellt werden, wie er stehen würde, wenn er die Zuwendung erst nach Beendigung des Güterstands erhalten hätte (§ 1380 BGB).

Ja!

Daraus ergibt sich ein folgendes Rechenverfahren: (1) Hinzurechnung der Zuwendung zum Zugewinn (nicht Endvermögen) des Zuwenders. (2) Wert der Zuwendung wird aus dem Zugewinn des Empfängers herausgerechnet. (3) Von dem errechneten Ausgleichsanspruch wird der Wert der Zuwendung abgezogen. Darauf ergibt sich Folgendes: (1) Gretel hat einen hypothetischen Zugewinn von €3.000.000. (2) Nach Abzug der Unternehmensanteile hat Hänsel keinen Zugewinn. (3) Hänsel hätte somit einen Zugewinnausgleichsanspruch i.H.v. €1.500.000. Davon wird die bereits erhaltene Zuwendung abgezogen, § 1380 Abs. 2 BGB. Hänsel hat im Ergebnis somit nur noch einen Anspruch auf €1.000.000.
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