Abwesenheit des Verteidigers - Verteidiger als Zeuge

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A wird vor dem Schöffengericht wegen einer Dorffest-Schlägerei verurteilt. Als Pflichtverteidigerin lässt er seine Bekannte V bestellen. Im Prozess beantragt V, die ebenfalls vor Ort war, als Zeugin vernommen zu werden. Dies geschieht, nachdem A V von der Schweigepflicht entbindet.

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Einordnung des Falls

Abwesenheit des Verteidigers - Verteidiger als Zeuge

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Liegt ein Fall der notwendigen Verteidigung vor, kann der Angeklagte auch selbst den zu bestellenden Verteidiger bezeichnen (§ 142 Abs. 5 StPO).

Genau, so ist das!

Wird ein Pflichtverteidiger bestellt, gibt das Gericht dem Angeklagten zunächst Gelegenheit, einen Wunschverteidiger zu benennen. Dieser ist vorrangig als Pflichtverteidiger zu bestellen, sofern kein wichtiger Grund dagegen spricht (§ 142 Abs. 5 StPO). Ein wichtiger Grund liegt etwa vor, wenn der Verteidiger nicht zur Verfügung steht (§ 142 Abs. 5 S. 3 StPO), oder bei Interessenkonflikten, etwa wenn der Verteidiger im selben Verfahren schon einen anderen Angeklagten vertritt (§ 146 StPO). Dies sichert auch As Recht, sich durch eine Verteidigerin seines Vertrauens vertreten zu lassen (Art. 6 Abs. 3 lit. 3c) EMRK).
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2. Ein Verteidiger kann nie als Zeuge vernommen werden.

Nein, das trifft nicht zu!

Auch der Verteidiger kann Zeuge sein und zwar auch in dem Verfahren, in dem er den Angeklagten verteidigt. § 53 Abs. 1 Nr. 2 StPO sieht eine Vernehmung eines Verteidigers als Zeuge ausdrücklich vor. Der Angeklagte kann die Vernehmung seines Verteidigers verhindern, wenn er ihn von der Schweigepflicht nicht befreit. Im Übrigen ist die Rolle des Verteidigers mit der des Zeugen aber nicht gänzlich unvereinbar.

3. Da V als Zeugin vernommen werden durfte, lag kein Verstoß gegen § 140 StPO vor.

Nein!

Ein Verstoß gegen § 140 StPO liegt vor, wenn der notwendige Verteidiger in der Verhandlung abwesend war.Zwar durfte V auch in dem Verfahren, in dem sie den A verteidigte, als Zeugin auftreten. Jedoch kann sie für die Dauer der Vernehmung als Zeugin ihre Verteidigerrechte nicht ausüben, weil Zeugen nur Personen sein können, die (zumindest während ihrer Vernehmung) am Verfahren unbeteiligt sind. Insofern besteht ein Interessenkonflikt. V legte deshalb für die Dauer der Vernehmung die Verteidigung nieder. Danach durfte sie die Verteidigung wieder aufnehmen. Liegt eine notwendige Verteidigung vor, muss für diese Zeit aber ein anderer Verteidiger bestellt werden, was hier nicht geschah.Etwas anderes gilt, wenn der Ersatzverteidiger in dieser Zeit die Verteidigerpflichten kaum anders ausüben konnte als durch bloße Anwesenheit, wenn also kein Anlass für Verteidigungsaktivität bestand.
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