Zivilrechtliche Nebengebiete

Erbrecht

Ausschluss von der Erbfolge

Erbunwürdigkeit – Ausschluss durch Verzeihen (Vertiefungsfall)

Erbunwürdigkeit – Ausschluss durch Verzeihen (Vertiefungsfall)

22. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Tochter T hat bereits zweimal versucht ihren Vater E zu vergiften, um an ihren Erbteil zu gelangen. Der gutmütige E hatte der T dieses Verhalten stets verziehen und keine Konsequenzen gezogen. Bei einem weiteren Tötungsversuch ist T schließlich erfolgreich. Sohn S möchte seiner Schwester ihren Erbteil nicht überlassen.

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Einordnung des Falls

Erbunwürdigkeit – Ausschluss durch Verzeihen (Vertiefungsfall)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. T ist erbunwürdig.

Genau, so ist das!

Bei besonders schweren Verfehlungen des Erben gegen den Erblasser, verlangt das Gerechtigkeitsempfinden den Ausschluss oder die Beschränkung des Erbrechts. Nach § 2339 Abs. 1 Nr. 1 BGB ist erbunwürdig, wer den Erblasser vorsätzlich und widerrechtlich getötet oder zu töten versucht hat. Da T ihren Vater getötet hat, ist sie nach § 2339 Abs. 1 Nr. 1 BGB als erbunwürdig anzusehen.
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2. Ist die Anfechtung nach § 2340 BGB ausgeschlossen, weil E Zeit seines Lebens der T stets verziehen hat?

Nein, das trifft nicht zu!

Nach § 2343 BGB ist die Erbunwürdigkeit ausgeschlossen, wenn der Erblasser dem Erbunwürdigen verziehen hat. Dazu ist erforderlich, dass er zu erkennen gibt, dass er aus dem Verhalten des Erbunwürdigen keine negativen Konsequenzen zu ziehen gedenkt. Auch wenn E der T die erfolglosen Mordversuche verziehen hat, ist davon auszugehen, dass er dies unter der Annahme tat, dass T von ihren kriminellen Neigungen Abstand genommen hat. Die Erbunwürdigkeit der T ist daher nicht durch Verzeihung des Erblassers ausgeschlossen. Hier ist auf den mutmaßlichen Willen des E abzustellen, da E keinen wirklichen Willen mehr bilden kann.

3. Ist S zur Anfechtung des Erbschaftserwerbs zur Geltendmachung der Erbunwürdigkeit der T berechtigt?

Ja!

Anfechtungsberechtigt ist gemäß § 2341 BGB jeder, dem der Wegfall des Erbunwürdigen, sei es auch nach dem Wegfall eines anderen, zustattenkommt. Es ist somit bereits die mittelbare erbrechtliche Begünstigung des Anfechtungsberechtigten durch die Erbunwürdigkeitserklärung ausreichend. Durch Wegfall der E wird S zum alleinigen Erben. Er profitiert daher von der Erbunwürdigkeit der T unmittelbar und ist somit anfechtungsberechtigt.
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