Zivilrecht

Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA)

Die echte GoA

Fremdgeschäftsführungswille – Einführungsfall

Fremdgeschäftsführungswille – Einführungsfall

26. Dezember 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

N kommt aus dem Urlaub zurück. H erzählt ihm, dass H Ns verängstigte Katze aus Ns Haus vor den zu erwartenden Regenfälle und Überflutungen gerettet und einige Tage gepflegt hat. H bittet N, ihr die entstandenen Versorgungskosten zu erstatten.

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Einordnung des Falls

Fremdgeschäftsführungswille – Einführungsfall

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. N ist der Meinung, er müsse nichts bezahlen, da er H schließlich nicht darum gebeten hat, die Katze zu pflegen. Hat H einen vertraglichen Anspruch auf Ersatz ihrer Kosten gegen N?

Nein, das ist nicht der Fall!

Bevor Du die Voraussetzungen der §§ 677 ff. BGB prüfst, solltest Du kurz überlegen, ob es vertragliche Beziehungen gibt, aus denen sich der geltend gemachte Anspruch ergeben könnte. Da H und N keinerlei Vereinbarungen bezüglich Ns Katze getroffen haben, kommen vertragliche Ansprüche (offensichtlich) nicht in Betracht. H könnte ein Anspruch aus GoA gemäß §§ 677 ff. BGB. Dazu müssen zunächst die Grundvoraussetzungen der echten GoA nach § 677 BGB vorliegen: (1) Geschäftsbesorgung, (2) Fremdheit des Geschäfts, (3) Fremdgeschäftsführungswille, (4) Ohne Auftrag oder sonstige Berechtigung. Deine erste Weichenstellung ist immer die Frage danach, ob es sich überhaupt um eine echte GoA handelt. Ob diese berechtigt oder nicht war, klärst Du im zweiten Schritt.
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2. H hat durch die Rettung der Katze „ein Geschäft besorgt“. Zudem war dieses Geschäft für H objektiv fremd, da es allein im Interessenkreis des N lag. Muss H zusätzlich mit Fremdgeschäftsführungswillen gehandelt haben (vgl. § 677 BGB)?

Ja, in der Tat!

Das Vorliegen einer echten GoA (§§ 677 ff. BGB) setzt voraus, dass der Geschäftsführer mit Fremdgeschäftsführungswillen handelt. Dies folgt aus dem Umkehrschluss aus § 687 BGB, wonach die Vorschriften der echten GoA (§§ 677 – 686 BGB) keine Anwendung finden, wenn jemand ein fremdes Geschäft in der Meinung besorgt, dass es sein eigenes sei. Daraus lässt sich ableiten, dass das Vorliegen einer echten GoA erfordert, dass der Geschäftsführer den Willen hat, das Geschäft eben nicht als eigenes, sondern als fremdes zu führen (Fremdgeschäftsführungswille).

3. Erforderlich ist also, dass H in dem Bewusstsein und mit dem Willen handelt, in fremdem Interesse tätig zu werden.

Ja!

Der Fremdgeschäftsführungswille ist der Wille des Geschäftsführers, ein Geschäft nicht als eigenes, sondern als fremdes zu führen. Erforderlich ist, dass er in dem Bewusstsein und mit dem Willen handelt, in fremdem Interesse tätig zu werden. Der Fremdgeschäftsführungswille hat ein kognitives Element (= Bewusstsein der Fremdheit des Geschäfts) und ein voluntatives Element (= Wille, das Geschäft als fremdes zu führen.) Fehlt eines der beiden Elemente, so liegt kein Fremdgeschäftsführungswille vor, weshalb keine echte, sondern nur eine unechte GoA (§ 687 BGB) vorliegen kann. Es ist teilweise sehr streitig, unter welchen Voraussetzungen ein solcher Fremdgeschäftsführungswille angenommen werden kann. Die h.M. differenziert dazu zwischen objektiv fremden, auch-fremden und subjektiv fremden Geschäften.

4. Wusste der Geschäftsführer, dass das Geschäft objektiv zu einem fremden Interessenkreis gehört, besteht Einigkeit darüber, dass zu vermuten ist, dass er auch mit dem Willen handelte, das Geschäft für den anderen zu tätigen. Handelte H danach mit Fremdgeschäftsführungswillen?

Genau, so ist das!

Es ist teilweise sehr streitig, wann ein Fremdgeschäftsführungswille vorliegt. Die h.M. differenziert dazu zwischen objektiv fremden, auch-fremden und subjektiv fremden Geschäften. Gehört ein Geschäft nach außen hin erkennbar zum Interessenkreis eines anderen (= objektiv fremdes Geschäft), so war dies auch für den Geschäftsführer erkennbar. Deswegen ist man sich hier einig, dass der Geschäftsführer auch in dem Willen handelte, das Geschäft für den anderen zu führen. Der Fremdgeschäftsführungswille wird widerlegbar vermutet. Die Verpflegung der Katze war ein objektiv fremdes Geschäft für H. Es gibt keine Anhaltspunkte, die Hs vermuteten Fremdgeschäftsführungswillen widerlegen würden. Nach Ansicht des BGH wird der Fremdgeschäftsführungswille auch beim „auch-fremden“ Geschäft widerlegbar vermutet. Diese Ansicht ist jedoch sehr strittig. Bei subjektiv fremden Geschäften ist man sich hingegen einig, dass der Fremdgeschäftsführungswille positiv festgestellt werden muss, mithin nach außen erkennbar geworden sein muss.
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