Strafrecht
Strafrecht Allgemeiner Teil
Täterschaft und Teilnahme
Vermeintliche mittelbare Täterschaft - Vordermann bösgläubig
Vermeintliche mittelbare Täterschaft - Vordermann bösgläubig
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
U will Rs Regenschirm haben. Als R den Schirm in den Schirmständer eines Cafés stellt, will U das nutzen. Er erzählt Z, er (U) habe seinen Schirm im Café vergessen. Z solle ihm den bringen. Z weiß, dass der Schirm R gehört. Weil er U mag, besorgt er den Schirm trotzdem.
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Einordnung des Falls
Vermeintliche mittelbare Täterschaft - Vordermann bösgläubig
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Z hat sich wegen Diebstahls strafbar gemacht haben, indem er Rs Regenschirm mitnahm, § 242 Abs. 1 StGB.
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. U könnte sich wegen Diebstahls in mittelbarer Täterschaft strafbar gemacht, §§ 242 Abs. 1, 25 Abs. 1 Var. 2 StGB.
Ja, in der Tat!
3. Die Wegnahme des Schirms durch Z kann R im Wege der mittelbaren Täterschaft zugerechnet werden (§ 25 Abs. 1 Var. 2 StGB)?
Nein!
4. U könnte sich wegen Anstiftung zum Diebstahl strafbar gemacht haben, indem er Z sagte, er solle den Schirm holen, §§ 242 Abs. 1, 26 StGB.
Genau, so ist das!
5. U ging davon aus, Z sei unwissend. Er wollte als mittelbarer Täter und nicht als Anstifter handeln. Ist eine Strafbarkeit wegen Anstiftung deshalb nach allen Auffassungen ausgeschlossen?
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
JCF
9.2.2024, 15:26:07
Bei der Hypothese "U könnte sich wegen Diebstahls in mittelbarer Täterschaft strafbar gemacht, §§ 242 Abs. 1, 25 Abs. 1 Var. 2 StGB" fehlt ein "haben". Das letzte Wort im letzten Vertiefungskasten müsste "widerspiegele" lauten. 😉
JCF
9.2.2024, 15:35:00
Und bei der dritten Frage müsste es "Die Wegnahme des Schirms" heißen.
Leo Lee
10.2.2024, 12:01:58
Hallo JCF, vielen Dank für den Hinweis! In der Tat hatte sich hier der Fehlerteufel eingeschlichen, weshalb wir den Fehler nunmehr korrigiert haben. Wir möchten uns bei dir vielmals dafür bedanken, dass du uns dabei hilfst, die App zu perfektionieren und freuen und auf weitere Hinweise für Verbesserungswürdigkeiten :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
Skywalker
15.2.2024, 16:28:58
Bei der vermeintlichen mittelbaren Täterschaft (Irrtum des Hintermanns über Defekt des Vordermanns) erfüllt der Hintermann in erster Linie die versuchte Straftat in mittelbarer Täterschaft. Das sollte mE nach bei Abhandlung der Problematik Teil der Aufgabe sein oder zu mindestens aus einer Antwort hervorgehen.
Tinki
16.8.2024, 14:25:30
@[Skywalker](111103) dann wäre der Hintermann aber gleichzeitig Täter und Teilnehmer in Bezug auf dasselbe Tatgeschehen, oder? Kann das sein? @[
Nora Mommsen](178057) Könntet ihr hierzu was sagen? Lieben Dank!
Skywalker
17.8.2024, 13:30:55
Um die Streitigkeit nochmal etwas aufzufächern: Die Problematik des Irrtums über einen vorsätzlich handelnden Vordermanns ist sehr umstritten. Es werden insbesondere folgende Streitpunkte hervorgerufen: 1) Ob eine (normale)
mittelbare Täterschaftaufgrund des
Vorsatzes des Vordermanns ausgeschlossen ist, muss anhand der subjektiven Theorie und der Tatherrschaftsl
ehrefestgestellt werden. Da die Tatherrschaft sowohl in Rechtssprechung als auch in der h.L. ein bedeutsames Kriterium ist, kann man wohl davon ausgehen, das eine (normale)
mittelbare Täterschaftnach „h.M.“ ausgeschlossen ist. 2) Geht man davon aus, dass eine
mittelbare Täterschaftausgeschlossen ist, stellt sich die Frage ob sich der Hintermann anders strafbar gemacht haben könnte. Dazu werden 3 verschiedene Ansichten vertreten. a) Eine Ansicht bejaht eine Anstiftung, obwohl der
Vorsatzdes „Hintermanns“ die Anstiftung nicht (explizit) umfasst. Der
Anstiftervorsatzsoll allerdings als „wesensgleiches Minus“ im Willen zur Ausübung der Tatherrschaft enthalten sein. Kritik: Verstoß gegen das Analogieverbot (Art. 103 II GG) b) Eine weitere Ansicht schließt aufgrund des Kritikpunktes eine Anstiftung aus und bestraft nur nach versuchter Straftat in mittelbarer Täterschaft. Kritik: Bestrafung bringt nicht das volle Unrecht zum Ausdruck. c) Die letzte Ansicht hält eine vollendete Anstiftung in Tateinheit mit versuchter Straftat in mittelbarer Täterschaft für möglich. Kritik: Doppelte Anrechnung des
Vorsatztes des Täters. Letztlich glaube ich nicht das man eine dieser Ansichten als h.M. bezeichnen kann. So habe ich es in verschiedenen Lektüren auch nie gelesen. Dort wird höchstens von „vorzugswürdigen Ansichten“ gesprochen. So z.B Wessels, Beulke, Satzger in Strafrecht Allgemeiner Teil RN 860 (Vertreter der 1. Ansicht) oder Rengier in Strafrecht Allgemeiner Teil RN 81, 82 (Vertreter der 2. Ansicht)