Strafrecht

Strafrecht Allgemeiner Teil

Täterschaft und Teilnahme

Vermeintliche mittelbare Täterschaft - Vordermann bösgläubig

Vermeintliche mittelbare Täterschaft - Vordermann bösgläubig

12. Juni 2025

13 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
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Klassisches Klausurproblem

U will Rs Regenschirm haben. Als R den Schirm in den Schirmständer eines Cafés stellt, will U das nutzen. Er erzählt Z, er (U) habe seinen Schirm im Café vergessen. Z solle ihm den bringen. Z weiß, dass der Schirm R gehört. Weil er U mag, besorgt er den Schirm trotzdem.

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Einordnung des Falls

Vermeintliche mittelbare Täterschaft - Vordermann bösgläubig

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Z hat sich wegen Diebstahls strafbar gemacht, indem er Rs Regenschirm mitnahm, § 242 Abs. 1 StGB.

Genau, so ist das!

Der Schirm ist eine fremde bewegliche Sache. R hatte Gewahrsam an dem Schirm. Diesen verlor er auch nicht, als er den Schirm im Café in den Schirmständer stellte. Z hat den Gewahrsam gegen den Willen des R gebrochen und neuen Gewahrsam bei sich begründet. Dies tat er vorsätzlich, mit der Absicht rechtswidriger (Dritt-)Zueignung, rechtswidrig und schuldhaft.
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2. U könnte sich wegen Diebstahls in mittelbarer Täterschaft strafbar gemacht haben, §§ 242 Abs. 1, 25 Abs. 1 Var. 2 StGB.

Ja, in der Tat!

Objektive Voraussetzungen für eine Strafbarkeit wegen Diebstahls in mittelbarer Täterschaft sind: (1) Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs durch Handlung des Tatmittlers (2) Einwirkung des mittelbaren Täters auf den Tatmittler (3) Zurechnung der Verwirklichung von Tatbestandsmerkmalen durch den Tatmittler U müsste zudem Vorsatz bezüglich der Tatbestandsverwirklichung durch Z und Vorsatz bezüglich der die Tatherrschaft begründenden Umstände gehabt haben. Weiterhin müsste er rechtswidrig und schuldhaft gehandelt haben.

3. Die Wegnahme des Schirms durch Z kann U im Wege der mittelbaren Täterschaft zugerechnet werden (§ 25 Abs. 1 Var. 2 StGB).

Nein!

Voraussetzungen für eine Zurechnung der Handlung im Sinne des § 25 Abs. 1 Var. 2 StGB sind:(1) ein eigener Verursachungsbeitrag des Hintermannes(2) eine unterlegene Stellung des Vordermannes(3) eine überlegene Stellung des Hintermannes.U hat Z gesagt, er solle ihm den Schirm bringen. Darin liegt ein eigener Verursachungsbeitrag. Z war sich aber im Klaren darüber, dass der Schirm R gehörte. Z handelte vorsätzlich und ist voll strafbar. Es besteht damit bereits keine unterlegene Stellung des Vordermannes.Wenn der Vordermann voll deliktisch handelt, ist eine Strafbarkeit wegen mittelbarer Täterschaft in Fällen des „Täters hinter dem Täter“ trotzdem möglich. Anerkannte Konstellationen sind dabei die Organisationsherrschaft und die Ausnutzung von Irrtümern über den Handlungssinn, die sich nicht auf die Strafbarkeit des Tatmittlers auswirken. Beides liegt hier nicht vor.

4. U könnte sich wegen Anstiftung zum Diebstahl strafbar gemacht haben, indem er Z sagte, er solle den Schirm holen, §§ 242 Abs. 1, 26 StGB.

Genau, so ist das!

U müsste Z dafür objektiv zu dessen vorsätzlicher, rechtswidriger Tat bestimmt haben. Das müsste er mit doppeltem Anstiftervorsatz, rechtswidrig und schuldhaft getan haben.

5. U ging davon aus, Z sei unwissend. Er wollte als mittelbarer Täter und nicht als Anstifter handeln. Ist eine Strafbarkeit wegen Anstiftung deshalb nach allen Auffassungen ausgeschlossen?

Nein, das trifft nicht zu!

Die h.M. bejaht den Anstiftervorsatz. Zwar richte sich der Vorsatz des Beteiligten in solchen Fällen darauf, mittelbarer Täter zu sein. Dieser Vorsatz wiege jedoch „schwerer“ als ein bloßer Anstiftervorsatz. Letzterer sei deswegen als „Minus“ im Täterschaftsvorsatz enthalten. Teilweise wird der Anstiftervorsatz in solchen Konstellationen dagegen abgelehnt. Der Vorsatz des Beteiligten richte sich allein auf die mittelbare Täterschaft. Ziehe man daraus auch einen Anstiftervorsatz, so verstoße dies gegen das Analogieverbot, Art. 103 Abs. 2 GG. Möglich sei allenfalls eine Strafbarkeit wegen versuchter Tatbegehung in mittelbarer Täterschaft. Dem wird allerdings entgegengehalten, dass dies den Unrechtsgehalt der vollendeten Tat nur unzureichend widerspiegele. Eine sehr lesenswerte Entscheidung zum Thema der Anstiftung zur mittelbaren Täterschaft findest du hier!
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