Grundfall § 261 StGB

15. April 2025

3 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

M hat aus einem ebay-Betrug €500 überwiesen bekommen. Das Geld hebt sie ab. Ihr in alles eingeweihter Freund F kauft mit dem Bargeld einen neuen Kühlschrank.

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Einordnung des Falls

Grundfall § 261 StGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. F könnte sich wegen Geldwäsche strafbar gemacht haben, indem er mit den 500 € einen neuen Kühlschrank kaufte, § 261 Abs. 1 StGB.

Genau, so ist das!

Objektive Voraussetzungen für eine Strafbarkeit nach § 261 Abs. 1 StGB sind: (1) Rechtswidrige Vortat (2) Gegenstand, der aus Vortat herrührt (3) Tathandlung: Verbergen, Umtauschen etc. in Vereitelungsabsicht, Verschaffen, Verwahren bzw. Verwenden oder Inverkehrbringen und Verschleiern der Herkunft (4) Tatbestandsausschluss: Strafloser Vorerwerb, § 261 Abs. 7 StGB F müsste darüber hinaus vorsätzlich oder, in Bezug auf die Herkunft des Gegenstandes, zumindest leichtfertig gehandelt haben. Die Tat müsste zudem rechtswidrig und schuldhaft begangen worden sein.Der § 261 StGB sieht zunächst sehr komplex aus. Lies dir die Norm deswegen einmal in Ruhe von Anfang bis Ende durch. In Klausuren gibt es oftmals keine komplizierten Probleme mit der Geldwäsche.
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2. Stellt der Betrug von M (§ 263 StGB) eine taugliche Vortat für die Geldwäsche dar (§ 261 StGB?

Ja, in der Tat!

Als taugliche Vortat genügt jede rechtswidrige Tat und damit auch der Betrug der M.2021 hat sich der Gesetzgeber in einer umfassenden Gesetzesänderung von einem festgelegten Katalog von als Vortat tauglichen Straftaten abgewandt und stattdessen den sog. „All-Crime-Approach” implementiert. Die Strafbarkeit nach § 261 StGB wurde dadurch deutlich ausgeweitet.

3. Stellen die €500 einen „Gegenstand“ im Sinne des § 261 StGB dar?

Ja!

Mit Gegenstand wird jeder Vermögenswert erfasst. Das Merkmal ist weit zu verstehen. Neben beweglichen und unbeweglichen Sachen fallen auch Rechte an Sachen, Buchgeld, Wertpapiere und Forderungen unter den Begriff.Die €500 Bargeld stellen einen Vermögenswert dar und sind ein Gegenstand im Sinne der Norm.

4. Nur der Überweisungsbetrag, nicht aber die abgehobenen €500 in bar „rühren“ aus dem Betrug (§ 261 Abs. 1 StGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Ein Gegenstand rührt aus einer Vortat her, wenn er unmittelbar aus der Vortat erlangt wurde (Ursprungsgegenstand) oder wenn er sich bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise im Sinne eines Kausalzusammenhangs auf die Vortat zurückführen lässt. Damit werden auch Surrogate, die an Stelle des Ursprungsgegenstands treten, erfasst.Aus dem Betrug erlangte M ursprünglich eine Gutschrift in Höhe von €500 auf ihrem Konto. Dieses Geld hob sie ab. Die €500 Bargeld lassen sich bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise kausal auf die Vortat zurückführen. Das Bargeld rührt damit aus der Vortat her.Der Begriff ist vom Gesetzgeber bewusst weit gewählt worden. Er will damit sicherstellen, dass die für die Geldwäsche typische Kette an Verwertungshandlungen (bei denen der ursprüngliche Gegenstand in der Regel unter Beibehaltung seines Wertes ersetzt wird) vom Straftatbestand erfasst werden.

5. F hat die €500 „verwendet“ (§ 261 Abs. 1 Nr. 4 StGB), indem er damit den Kühlschrank gekauft hat.

Ja, in der Tat!

Verwenden im Sinne des § 261 Abs. 1 Nr. 4 StGB meint Verfügungen über den Gegenstand oder dessen bestimmungsgemäßen Ge- oder Verbrauch.F hat über die €500 verfügt und sie damit verwendet.

6. Handelte F vorsätzlich?

Ja!

Grundsätzlich genügt im Rahmen des § 261 StGB vorsätzliches Handeln im Sinne des § 15 StGB und damit auch Eventualvorsatz. Nach § 261 Abs. 6 S. 1 StGB genügt - außer bei Strafverteidigern - bezüglich der bemakelten Herkunft des Gegenstandes bereits Leichtfertigkeit.F wusste, woher das Geld stammte. Er verwendete es auch vorsätzlich.

7. F handelte auch rechtswidrig und schuldhaft. Er hat sich nach § 261 Abs. 1 StGB strafbar gemacht, indem er den neuen Kühlschrank mit den 500 € kaufte.

Genau, so ist das!

F hat den Straftatbestand verwirklicht und insbesondere auch keine tätige Reue nach § 261 Abs. 8 StGB geübt. Er hat sich somit wegen Geldwäsche strafbar gemacht.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

VI

Viktoria6

8.7.2024, 12:56:12

Ist auch die eigene

rechtswidrig

e Vortat eine taugliche Vortat i.S.d. § 261 StGB?

L.G

L.Goldstyn

6.8.2024, 15:40:05

Ja, aber nur unter den Voraussetzungen des § 261 Abs. 7 StGB. „Beteiligter“ ist auch der Täter, s. § 28 Abs. 2 StGB.

Simon

Simon

16.1.2025, 15:34:28

Hier sollte man mMn noch genauer auf das Merkmal des "Herrührens" eingehen. Insbesondere bei der Vermischung von Giral

geld

ist umstritten, inwieweit die Forderung gegen die Bank (nach §§ 700 I 1, 2, 3, 488 I 2, 695 S. 1, 6

97 BGB

) aus der Vortat herrührt. Die Rechtsprechung und eine starke Literaturansicht bejahen eine Totalkontamination, d.h. das Herrühren des gesamten aus der Vermengung entstandenen

Geld

es, wenn der aus der Vortat herrührende Anteil bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht völlig

unerheblich

ist (BGH, NZWiSt 2016, 157; aus der Lehre z.B. Neuheuser, in: MüKo-StGB, 4. Aufl. 2021, § 261 Rn. 63; Rengier, StrafR BT I, 26. Aufl. 2024, § 23 Rn. 21). Bsp.: Täter T zahlt 500€, die er von Opfer O erpresst hat, auf sein Bankkonto ein, auf dem sich schon 2.500€ befinden. Nach dieser Ansicht rühren dann die gesamten 3.000€ aus der Vortat her. Dafür spricht, dass § 261 StGB das Einführen illegal erlangter Vermögenswerte in den Wirtschaftskreislauf verhindern soll. Darüber hinaus ist "Herrühren" dem Wortlaut nach relativ weit und kann auch so verstanden werden, dass der durch Vermengung "neu geschaffene" Gegenstand wirtschaftlich kausal eben nur durch Hinzufügen der illegal erlangten Vorteile entstanden ist (m.a.W.: er rührt als solcher aus der Vortat her). Der systematische Vergleich mit § 259 StGB, der eine Identität der Gegenstände fordert, bestätigt eine solche Auslegung. Nicht zuletzt könnte in der heutigen Zeit, in der Bar

geld

im Geschäftsverkehr zunehmend durch Giral

geld

ersetzt wird, § 261 StGB ohne ein solches Verständnis quasi leerlaufen. Die Lehre von der Teilkontamination (bspw. Jahn/Ebner, JuS 2009, 597, 599 f.) bejaht ein Herrühren hingegen nur im Wertverhältnis der illegal erlangten Vermögenswerte. Bsp.: Täter T zahlt 500€, die er von Opfer O gestohlen hat, auf sein Bankkonto ein, auf dem sich bereits 2.500€ befinden. Nach dieser Ansicht wären die 3.000€ nur im Verhältnis von 1/6 bemakelt. Dafür lässt sich Anführen, dass nach Ansicht der Rechtsprechung eine komplette Isolation des Täters aus dem Wirtschaftsverkehr droht, was seine allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 I GG unverhältnismäßig beschränken könnte. Auch kann man unkörperliche Gegenstände nicht zwangsläufig gleichsetzen mit körperlichen Gegenständen. Nur bei Letzteren rührt die gesamte Sache mangels Teilbarkeit vollständig aus der Vortat, während sich ein Bankguthaben sehr wohl teilen und daher differenziert betrachten lässt. Zudem läuft § 261 StGB auch nach der Lehre von der Teilkontamination nicht leer, denn der Täter kann faktisch auf den bemakelten Vermögensteil nicht aktiv zugreifen, denn hebt er einen Betrag ab, der den nicht kontaminierten Teil seines Guthabens übersteigt, wäre der abgehobene Betrag insgesamt bemakelt.


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