Begriff des „Forderns eines Vorteils“

22. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Oberbürgermeister O verhandelt mit I über den Kauf von Immobilien. Dabei erwähnt er mehrfach deutlich, dass die städtische Kultur sich „über Förderer freut”. O will erreichen, dass I im Gegenzug für den Immobiliendeal an die Kulturszene spendet. I versteht die Anspielung nicht.

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Einordnung des Falls

Begriff des „Forderns eines Vorteils“

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Ist eine etwaige Spende an die Kulturszene ein Vorteil im Sinne des § 331 Abs. 1 StGB?

Ja!

Ein Vorteil ist jede Leistung materieller oder immaterieller Art, auf die der Amtsträger keinen Anspruch hat und die seine wirtschaftliche, rechtliche oder auch nur persönliche Lage objektiv verbessert. Die Norm erfasst Vorteile für den Täter selbst und für Dritte.Eine Spende an die städtische Kulturszene ist eine Leistung materieller Art, auf die kein Anspruch besteht und die die Lage der Kulturszene wirtschaftlich verbessert. Es handelt sich um einen Vorteil für Dritte.
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2. Weil O nicht ausdrücklich nach einer Zahlung verlangt hat, hat er keinen Vorteil „gefordert“ (§ 331 Abs. 1 StGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Fordern ist das Erkennen lassen des Täters, dass er einen Vorteil für seine Dienstausübung begehrt. Dieses kann ausdrücklich oder konkludent erfolgen. Eine konkludente Forderung ist anzunehmen, wenn die Erklärung von einem verständigen Betrachter in der Situation des Angesprochenen als das Verlangen nach einem Vorteil zu verstehen ist.O hat nicht ausdrücklich eine Spende an die städtische Kulturszene verlangt. Jedoch hat er mehrfach und deutlich auf die Spendenmöglichkeit an die Kulturszene hingewiesen. Dabei verfolgte er auch das Ziel, dass eine solche Spende im Gegenzug für den Immobiliendeal erfolgen solle. Von einem verständigen Betrachter in der Situation von I ist die Erklärung als Verlangen nach einer finanziellen Förderung zu verstehen. O hat damit konkludent einen Vorteil gefordert.

3. I hat Os Verlangen nach einer Spende nicht verstanden. Ist mangels Erfolg der objektive Tatbestand der Vorteilsannahme unvollendet geblieben (§ 331 Abs. 1 StGB)?

Nein, das trifft nicht zu!

Zur Verwirklichung des objektiven Tatbestands muss die Erklärung des Amtsträgers lediglich zur Kenntnis des potenziellen Gebers gebracht werden. Der Vorsatz des Amtsträgers muss dabei darauf gerichtet sein, dass der Erklärungsempfänger den Sinn der Erklärung versteht. Es ist aber nicht erforderlich, dass der Sinngehalt tatsächlich durch den potenziellen Vorteilsgeber verstanden wird. Ein Fordern ist damit bereits dann erfüllt, wenn der andere von der Erklärung Kenntnis erlangt.Du kannst dich in der Klausur gedanklich am zivilrechtlichen Begriff des Zugangs orientieren. Ist eine Erklärung, mit der der Amtsträger einen Vorteil für seine Dienstausübung verlangen will, zivilrechtlich zugegangen, so hat er den Vorteil idR auch im Sinne des § 331 StGB gefordert.
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