+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Mitarbeiterin T findet heraus, dass ihr Chef O mit seinem Sekretär eine Affäre hat. Unter Androhung dies öffentlich zu machen, fordert sie O auf, ihm € 10.000 zu überreichen. T hatte ohnehin Anspruch auf einen Bonus von € 20.000, wovon sie jedoch bisher nichts weiß. O fühlt sich - trotz der Erpressung - hieran gebunden und übergibt daher die € 10.000.

Einordnung des Falls

Finalzusammenhang 2

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 1 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Es liegt ein Finalzusammenhang zwischen Nötigung und Vermögensminderung vor.

Diese Rechtsfrage lösen [...Wird geladen] der Jurist:innen in Studium und Referendariat richtig.

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Nein, das ist nicht der Fall!

Ein Finalzusammenhang liegt vor, wenn die Vermögensminderung objektiv kausal und zurechenbar auf die Nötigung zurückzuführen ist.. Vorliegend bestand ein Anspruch der T und O hatte ohnehin vor, der T das Geld zu geben. Zwar war O möglicherweise durch die Erpressung wütend oder sonstwie innerlich erregt, aber er hatte dennoch weiterhin den Plan T den Bonus auszuzahlen. Die Übergabe des Geldes hätte daher ohnehin stattgefunden und ist nicht auf die Erpressung zurückzuführen. Die Vermögensminderung ist daher nicht auf einen Nötigungserfolg zurückzuführen, sondern auf den von O anderweitig gebildeten freien Willen. In Betracht kommt aber eine Versuchsstrafbarkeit der T.

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ISAB

Isabelle.Sophie

17.11.2023, 13:43:28

Ich habe im Studium und Rep gelernt, dass Finalzusammenhang vorliegt, wenn der Täter schon im Zeitpunkt der Nötigungshandlung Vorsatz bzgl. des gesamten Delikts hat und er die Nötigung zur Ermöglichung der vermögensschädigenden Handlung des Opfers einsetzen will. Nach diesem Verständnis läge doch hier ein Finalzusammenhang vor, da die T von Anfang an Vorsatz hatte und die Nötigung auch zur Ermöglichung des Vermögensschadens einsetzt.

ISAB

Isabelle.Sophie

17.11.2023, 13:49:23

Oder ist hier gar nicht der Finalzusammenhang im subjektiven TB gemeint?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

20.12.2023, 14:33:40

Hallo Isabelle.Sophie, hier musst Du leider differenzieren. Beim Raub wird eine subjektiv-finale Verknüpfung gefordert, das bedeutet, dass zumindest nach der Vorstellung des Täters das Nötigungsmittel als erforderliches Mittel zur Wegnahme des Gegenstands eingesetzt wird. Ob die Gewalt/Drohung objektiv tatsächlich kausal war, spielt hier nach hM keine Rolle. Für dieses subjektive Verständnis wird vor allem die besondere Gefährlichkeit des Täters angeführt, der ein qualifiziertes Nötigungsmittel verwendet. Anders ist dies bei der Erpressung. Aufgrund des Wortlautes ("und dadurch") lässt sich ein solch subjektives Verständnis hier nicht durchhalten. Deswegen wird im Rahmen der Erpressung vertreten, dass die Gewalt bzw. Drohung objektiv kausal für die abgenötigte Schädigung sein muss (vgl. hierzu Rengier, Strafrecht BT II,§ 7 RdNr. 22, § 11 RdNr. 5a). Fehlt es hieran, kommt aber immer noch ein Versuch in Betracht. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team


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