Abwandlung 3: Minusmaßmahme: Rückbauverfügung

5. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Jurastudent S befürchtet, dass der Weihnachtsmann nicht durch den Schornstein passt. Um eine reibungslose Bescherung zu ermöglichen, lässt er ohne Baugenehmigung diverse Änderungen am Schornstein vornehmen, die nicht genehmigungsfähig sind. Baubehörde B ordnet den Abriss des gesamten Hauses an.

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Einordnung des Falls

Abwandlung 3: Minusmaßmahme: Rückbauverfügung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Bezüglich des gesamten Hauses ist der Tatbestand der Beseitigungsverfügung (§ 82 Abs. 1 S. 1 BauO NRW) nicht erfüllt, wenn dieses ursprünglich genehmigt war.

Nein!

Der Tatbestand der Beseitigungsverfügung erfordert einen Widerspruch von (baulichen) Anlagen mit öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Ein Widerspruch zum öffentlichen Baurecht besteht dann, wenn das Vorhaben baurechtswidrig ist. Für den Erlass einer Beseitigungsverfügung ist formelle und materielle Illegalität (doppelte Baurechtswidrigkeit) erforderlich. Bei nicht genehmigten Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen verliert ein ursprünglich genehmigtes Vorhaben seine Identität und bedarf daher der erneuten baurechtlichen Überprüfung.Das Haus hat durch die Umbaumaßnahmen seine Identität verloren und bedarf der neuen baurechtlichen Überprüfung. Der veränderte Schornstein ist ausweislich des Sachverhaltes weder genehmigt, noch genehmigungsfähig. Damit ist der Tatbestand der Beseitigungsverfügung erfüllt.
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2. Die Beseitigungsanordnung darf nur erlassen werden, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können.

Genau, so ist das!

Die Beseitigungsanordnung darf gemäß § 82 Abs. 1 S. 1 BauO NRW nur erlassen werden, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Dabei handelt es sich um eine Ausgestaltung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, der die Behörde dazu veranlassen soll, auch minder schwere Eingriffe zu prüfen. Dabei ist zu beachten, dass eine formell und materiell rechtswidrige Anlage nachträglich nicht genehmigt werden kann, sodass ein milderes Mittel als die Beseitigung nur ausnahmsweise in Betracht kommt.

3. Ein milderes Mittel als die vollständige Beseitigung des Hauses ist hier nicht ersichtlich.

Nein, das trifft nicht zu!

Es ist nicht die Aufgabe der Baubehörde, eingehend zu prüfen, ob dem rechtswidrigen Zustand durch bauliche Änderungen anstelle eines Abbruchs abgeholfen werden kann. Bei einer Beseitigungsverfügung ist die Anordnung einer Teilbeseitigung allerdings dann ausnahmsweise geboten, wenn sich die materielle Rechtswidrigkeit auf ohne weiteres abtrennbare Teile der baulichen Anlage beschränkt und sich deren alleinige Beseitigung daher anbietet oder gar aufdrängt.Die materielle Illegalität beschränkt sich vorliegend auf den Schornstein, welcher ohne Weiteres vom Rest des Hauses abtrennbar ist. Ein entsprechender Rückbau des Schornsteins auf den ursprünglichen Zustand würde keinen baurechtswidrigen Torso zurücklassen und drängt sich somit als milderes Mittel auf.

4. Ist die Beseitigungsverfügung (§ 82 Abs. 1 S. 1 BauO NRW) der B damit unverhältnismäßig?

Ja!

Die Beseitigungsverfügung in Bezug auf das gesamte Haus stellt ein übermäßiges Einschreiten dar und ist damit unverhältnismäßig. Ausnahmsweise ist die Anordnung einer Teilbeseitigung als milderes, ebenso geeignetes Mittel geboten.
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