Referendariat: Prozessrecht & Klausurtypen

Die ZVR-Klausur

Vollstreckungsabwehrklage, § 767 ZPO

Statthafter Rechtsbehelf bei Zwangsvollstreckung aus Zuschlagsbeschluss (Kläger=Mieter)

Statthafter Rechtsbehelf bei Zwangsvollstreckung aus Zuschlagsbeschluss (Kläger=Mieter)

16. Februar 2025

7 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

B hat auf einer Zwangsversteigerung das an K vermietete Grundstück des G erworben. Nun betreibt er die Zwangsvollstreckung aus dem Zuschlagsbeschluss (§ 93 ZVG) gegen K auf Räumung und Herausgabe des Grundstücks. K möchte gerichtlich hiergegen vorgehen. ‌

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Einordnung des Falls

Statthafter Rechtsbehelf bei Zwangsvollstreckung aus Zuschlagsbeschluss (Kläger=Mieter)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Durch den Zuschlagsbeschluss nach § 93 ZVG ist B Eigentümer des Grundstücks geworden.

Ja, in der Tat!

Auf einer Zwangsversteigerung wird dem Meistbietenden der Zuschlag erteilt (§ 81 Abs. 1 ZVG). Durch den Zuschlag wird der Ersteher Eigentümer des Grundstücks (§ 90 Abs. 1 HS 1 ZVG). Hierbei handelt es sich um einen Eigentumserwerbs durch Hoheitsakt. B hat das Grundstück des G im Rahmen einer Zwangsversteigerung erworben. Das heißt, ihm wurde als Meistbietendem der Zuschlag erteilt, durch den er nun Eigentümer des Grundstücks wurde.
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2. Durch die Zwangsversteigerung ist das Besitzrecht des K am Grundstück erloschen.

Nein!

Wird der vermietete Wohnraum nach der Überlassung an den Mieter von dem Vermieter an einen Dritten veräußert, so tritt der Erwerber anstelle des Vermieters in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein (§ 566 Abs. 1 BGB). Dieser Grundsatz gilt nach § 57 ZVG auch im Rahmen der Zwangsversteigerung von Grundstücken (Kauf bricht nicht Miete! = gesetzliche Vertragsübernahme). Als G noch Eigentümer des Grundstücks war, hat er es an K vermietet. Anschließend hat B das Eigentum am Grundstück auf einer Zwangsversteigerung erworben. Dadurch ist B als neuer Vermieter in den Mietvertrag mit K eingetreten. Dieser Mietvertrag berechtigt K weiterhin zum Besitz am Grundstück.

3. Somit kann sich K mit der Vollstreckungsabwehrklage gegen die Räumung wehren (§ 93 Abs. 1 S. 3 ZVG).

Nein, das ist nicht der Fall!

Aus einem Zuschlagsbeschluss findet gegen den Besitzer des Grundstücks die Zwangsvollstreckung auf Räumung und Herausgabe statt (§ 93 Abs. 1 S. 1 ZVG). Sofern dem Besitzer allerdings ein Besitzrecht zusteht, welches trotz der Zwangsvollstreckung fortbesteht, so begründet dies ein von Amts wegen zu berücksichtigendes Vollstreckungshindernis. Erfolgt dennoch die Vollstreckung, so muss der Besitzer nach § 93 Abs. 1 S. 3 ZVG Drittwiderspruchsklage erheben.Der Mietvertrag mit G begründete ein Besitzrecht für K am Grundstück, das schon vor der Zwangsversteigerung bestand und nicht erloschen ist (Grundsatz: Kauf/Zwangsversteigerung bricht nicht Miete gem. § 57 ZVG i.V.m. § 566 BGB). Da B dennoch die Zwangsvollstreckung aus dem Zuschlagsbeschluss betreibt, muss K sein Besitzrecht im Rahmen einer Drittwiderspruchsklage geltend machen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

EN

Entenpulli

1.5.2024, 10:57:16

Fehlt hier nicht § 578 BGB, da der §

566 BGB

unter den Vorschriften zur Wohnraummiete steht?

PH

philosophe

21.5.2024, 15:02:10

ich verstehe nicht so richtig, wieso in diesem Fall die DWK statthaft ist, bei dem Fall zuvor aber die Vollstreckungsabwehrklage?

ALE

Aleks_is_Y

23.5.2024, 15:40:52

Ich glaube weil für diesen Fall § 93 I S.3 ZVG auf die

Drittwiderspruchsklage

verweist; es ist also explizit im Gesetz geregelt.

FI

finnjh

21.8.2024, 10:27:27

Ich denke es ist so: Im vorherigen Fall haben B und K erst nach der Zwangsvollstreckung einen gemeinsamen Mietvertrag geschlossen. Dieser gibt K unmittelbar gegenüber B ein eigenes Recht zum Besitz. Hier "behält" K quasi sein ihm aus dem (ursprgl mit G geschlossenem) Mietvertrag zustehendes RzB trotz der Zwangsversteigerung. Das ist genau der Fall, der in § 93 I S. 2, 3 ZVG geregelt ist. Zwar tritt B in die Rechte und Pflichten als Vermieter ein, aber der Gedanke scheint zu sein, dass es sich ihm gegenüber wie ein Drittrecht darstellt, da er den Mietvertrag ursprünglich nicht selbst geschlossen hat...

FI

fisko

27.11.2024, 16:45:33

Auch ohne die Verweisung aus §

93 ZVG

wäre die

Drittwiderspruchsklage

die statthafte Klageart, da die Vollstreckungsabwehrklage nur dem (Vollstreckungs-)

Schuld

ner zusteht. Im Rahmen der

Drittwiderspruchsklage

erhebt der Mieter ''Widerspruch" als Dritter gegen die Zwangsvollstreckung, die auf Räumung des Grundstücks gerichtet ist, das er gemietet hat. Sein Mietrecht ist das notwendige

Interventionsrecht

, das er nur im Wege der

Drittwiderspruchsklage

gemäß § 771 ZPO geltend machen kann.

FI

finnjh

29.11.2024, 18:39:17

@[fisko](267457): Ich stimme dir zu. Allerdings betreibt ja B die Zwangsvollstreckung im Sachverhalt direkt gegen K und nicht gegen G...

PI

Pit

3.8.2024, 21:04:23

Im T/P ist kommentiert, dass die

Drittwiderspruchsklage

nicht mit dem (unmittelbare/mittelbaren) Besitz (insb. an unbeweglichen Sachen) begründet werden kann. Laut Kaiserskript ist dies eine mM und nach hM wird auch der berechtigte (unmittelbare/mittelbare) Besitz erfasst. - Ein systematisches Argument hierfür ist ua. der § 93 I 3 ZVG, der ja genau das ermöglicht. (!) Allerdings ließe sich hiergegen natürlich auch einwenden, dass dies eine lex-specialis Regel ist nach dem Motto: "Normalerweise würde Besitz nicht ausreichen, aber beim Besitz aus dem Mietvertrag machen wir eine Ausnahme".


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