Zivilrechtliche Nebengebiete

Erbrecht

Ausschluss von der Erbfolge

Erbverzicht – Erstreckung auf den Stamm und Pflichtteilsanspruch (Fall)

Erbverzicht – Erstreckung auf den Stamm und Pflichtteilsanspruch (Fall)

21. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Als Gegenleistung für das Startkapital seiner Kanzleigründung hat Anwalt A mit seinem Vater E einen Erbverzichtsvertrag geschlossen. Als E stirbt, ist A bereits vorverstorben. A selbst hatte zwei Töchter hinterlassen.

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Einordnung des Falls

Erbverzicht – Erstreckung auf den Stamm und Pflichtteilsanspruch (Fall)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. A konnte auf das Erbe des E verzichten.

Ja, in der Tat!

Jeder zukünftige gesetzlicher Erbe, mit Ausnahme des Staates als gesetzlicher Zwangserbe, ist verzichtsberechtigt. A ist als gesetzlicher Erbe der ersten Ordnung verzichtsberechtigt für das Erbe des E. Auch die Angehörigen fernerer Ordnungen sind verzichtsberechtigt. Es ist somit nicht erforderlich, dass der Verzichtende der tatsächliche gesetzliche Erbe des Erblassers wäre, wenn dieser im Zeitpunkt des Verzichts sterben würde.
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2. Erstreckt sich der Erbverzicht auch auf seine beiden Töchter?

Ja!

Der Verzicht eines Abkömmlings oder Seitenverwandten des Erblassers erstreckt sich gemäß § 2349 BGB auf seinen ganzen Stamm. Der gesamte Stamm wird gemäß erbrechtlich so behandelt, als wäre er nicht vorhanden. Der Erbverzicht erstreckt sich somit auch auf die beiden Töchter des A. Die Rechtsfolge des § 2349 BGB ist unabhängig von einer etwaigen Zustimmung der Abkömmlinge des Verzichtenden. Um den Ausschluss des ganzen Stammst zu verhindern, bedarf es vielmehr einer besonderen Bestimmung im Verzichtsvertrag.

3. Sind die Töchter des A pflichtteilsberechtigt?

Nein, das ist nicht der Fall!

Der Verzicht auf das gesetzliche Erbrecht schließt den Verzicht auf etwaige Pflichtteilsansprüche ein sofern gemäß § 2346 Abs. 1 S. 2 BGB nichts anderes vereinbart ist. Mangels anderweitiger Vereinbarung sind die Töchter des A somit auch nicht pflichtteilsberechtigt.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

ahimes

ahimes

2.8.2024, 19:02:49

Hallo Jurafüchse! Ich habe eine Verständnisfrage: hatten wir nicht im Ausgangsfall gesagt, wo wir die Konstellation mit Kinder A und S (vorverstorben) und E als Erblasser hatten, dass der Erbverzichtsvertrag obsolet ist, da ja S vorverstorben war. Und wieso gilt diese Regel hier nicht, da doch hier auch A als Kind des E vorverstorben ist und dann doch auch der Vertrag zwischen E und A doch keinen Bestand mehr haben dürfte, ergo die Töchter dann doch was vom Kuchen abbekommen?! Ist 2349 so streng, dass die Norm null Ausnahmen macht?

L.G

L.Goldstyn

9.8.2024, 17:37:13

Hallo ahimes, ich bin mir nicht sicher, ob ich Deine Frage richtig verstehe, aber der wesentlichste Unterschied zu dem von Dir geschilderten Ausgangsfall liegt darin, dass hier mit A derjenige vorverstirbt, der den Erbverzicht vereinbart hat, während in dem Ausgangsfall eine Person vorverstirbt, zugunsten derer der A den Erbverzicht erklärt hat. Zudem sind die Fragen, die Jurafuchs gestellt hatte, unterschiedlich. Kurz gesagt: Die Rechtsfolge, dass die Töchter „nichts abbekommen“, ergibt sich aus § 2349 iVm § 2346 Abs. 1 S. 2 BGB. Im Ausgangsfall ergibt sich die Rechtsfolge, dass der Erbverzicht bzgl. S nicht gilt, aus § 2350 Abs. 1 BGB. Ich hoffe, dass Dir das weiterhilft!


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