Fehler des Geschäftsverteilungsplans; Rügepräklusion am Amtsgericht

13. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A wird vor dem Strafrichter verurteilt. Der nach der Geschäftsverteilung zuständige Richter und sein einziger Vertreter waren erkrankt und kehrten erst 2 Tage später zurück, sodass das Präsidium am Morgen des Prozesses einen außerordentlichen Vertreter bestellte (§ 21e Abs. 3 GVG).

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Einordnung des Falls

Fehler des Geschäftsverteilungsplans; Rügepräklusion am Amtsgericht

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Geschäftsverteilungsplan wird vom Revisionsgericht nur einer Willkürkontrolle unterzogen.

Nein, das ist nicht der Fall!

Eine Abweichung vom Geschäftsverteilungsplan stellt dann eine revisible Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter dar (Art. 101 Abs. 1 S. 1 GG), wenn die Abweichung willkürlich ist und dem Angeklagten der gesetzliche Richter entzogen wird. Es genügt etwa nicht, wenn das Verfahren versehentlich vor einem anderen Spruchkörper eröffnet wird, weil ein Irrtum über ein Zuteilungskriterium vorliegt. Anders, wenn es um die Regelung des Geschäftsverteilungsplans selbst geht und nicht um deren Anwendung. Nach neuerer Rechtsprechung nimmt das Revisionsgericht hier eine vollständige Rechtmäßigkeitsprüfung, nicht nur eine Willkürkontrolle vor.
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2. Der Geschäftsverteilungsplan kann während des laufenden Geschäftsjahres nicht geändert werden (§ 21e Abs. 3 GVG).

Nein, das trifft nicht zu!

Die Möglichkeiten, den Geschäftsverteilungsplan nach § 21e Abs. 3 GVG während des Geschäftsjahres zu ändern, sind eng begrenzt. Denn die restriktiv anzuwendende Norm soll gerade verhindern, dass für Einzelsachen bestimmte Richter ausgesucht werden. Sie beschränkt sich auf Fälle, in denen ein Spruchkörper oder Richter überlastet oder nicht ausgelastet ist oder die Änderung wegen eines Wechsels oder dauernder Verhinderung einzelner Richter nötig wird.

3. Die Gerichtsbesetzung ist vorliegend revisibel, da die Vertretungsregelung gegen § 21e Abs. 3 GVG verstößt.

Ja!

Die Abweichung wird auf § 21e Abs. 3 GVG gestützt. Hier liegt keine Anwendung des Geschäftsverteilungsplans vor, welche nur auf Willkür zu prüfen wäre, sondern es geht um den Plan selbst und um seinen Inhalt. Eine Änderung ist nur bei „dauernder”, also zumindest mehrmonatiger Verhinderung zulässig. Bei nur vorübergehender Verhinderung lässt die Rechtsprechung eine Änderung nur dann zu, wenn die Entwicklung bei Erstellung der Geschäftsverteilung nicht vorhersehbar war.Da beide Richter nach 2 Tagen zurückkehrten, liegt keine dauerhafte, sondern nur eine vorübergehende Verhinderung vor. Bei kurzen Vertreterketten wie hier ist ein gleichzeitiger Ausfall des Richters und seines Vertreters auch vorhersehbar. Die Geschäftsverteilungspläne sollten längere Vertreterketten enthalten.

4. A ist in der Revision mit dem Besetzungseinwand präkludiert, da er die fehlerhafte Besetzung nicht gerügt hat (§ 338 Nr. 1 Hs. 2 StPO).

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Rügepräklusion greift nur, wenn die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben ist (§§ 338 Nr. 1 Hs. 2, 222a Abs. 1 StPO). Vorgeschrieben ist die Besetzungsmitteilung in der erstinstanzlichen Verhandlung vor den Land- und den Oberlandesgerichten. Die Hauptverhandlung fand hier vor dem Amtsgericht statt. Auch ohne Besetzungsrüge nach § 222b Abs. 1 StPO kann A den Einwand in der Revision geltend machen.
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