+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Justizminister J holt seine Frau, Staatsanwältin S, von der Arbeit ab. Auf ihrem Bildschirm sieht er eine Ermittlungsakte gegen seinen Parteifreund P wegen Untreue. J, der von Ps begangener Untreue weiß, löscht die Akte. Die Ermittlungen verzögern sich so erheblich.
Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen
unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
...Wird geladen
Einordnung des Falls
Zur Mitwirkung berufene Amtsträger 1
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. J hat sich wegen Strafvereitelung strafbar gemacht, indem er die Akte löschte, § 258 Abs. 1 StGB.
Ja, in der Tat!
Objektive Voraussetzungen für eine Strafbarkeit nach § 258 Abs. 1 StGB sind:
(1) Strafbare Vortat eines anderen
(2) Ganz oder teilweise Vereitelung der Bestrafung
Der Täter muss subjektiv vorsätzlich bezüglich der Vortat und absichtlich oder wissentlich bezüglich des Vereitelns gehandelt haben. Zudem muss die Tat rechtswidrig und schuldhaft begangen worden sein und kein persönlicher Strafausschließungsgrund nach § 258 Abs. 5 und 6 StGB eingreifen.P hat sich der Untreue schuldig gemacht. Indem J die Ermittlungsakte gegen P löschte, sorgte er dafür, dass die Bestrafung für geraume Zeit unverwirklicht blieb. J handelte mit Absicht bezüglich der Vereitelung, rechtswidrig und schuldhaft. Ein Strafausschließungsgrund liegt nicht vor.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.
2. J könnte sich zudem wegen Strafvereitelung im Amt nach § 258a Abs. 1 StGB strafbar gemacht haben, indem er die Ermittlungsakte löschte
Ja!
Objektive Voraussetzungen für eine Strafbarkeit nach § 258a Abs. 1 StGB sind:
(1) Täter: Amtsträger, der zur Mitwirkung im Strafverfahren oder Verfahren zur Anordnung der Maßnahme berufen ist
(2) Strafbare Vortat eines anderen
(3) Ganz oder teilweise Vereitelung der Verfolgung
Der Täter muss subjektiv vorsätzlich bezüglich der Vortat und absichtlich oder wissentlich bezüglich des Vereitelns gehandelt haben. Zudem müsste die Tat rechtswidrig und schuldhaft begangen worden sein und der persönliche Strafausschließungsgrund nach § 258 Abs. 5 nicht eingreifen.
3. Als Minister ist J kein Beamter und damit auch kein Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB.
Nein, das ist nicht der Fall!
Der Begriff des Amtsträgers ist in § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB legaldefiniert. Dazu gehören neben den Beamten u.a. auch diejenigen, die in einem sonstigen öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis stehen (§ 11 Abs. 1 Nr. 2 b StGB), also einem Beamten vergleichbare Dienst- und Treuepflichten haben. Darunter fällt J als Minister. Er ist Amtsträger.
4. Somit hat sich J auch wegen Strafvereitelung im Amt strafbar gemacht (§ 258a Abs. 1 StGB).
Nein, das trifft nicht zu!
Die Qualifikation erfordert, dass der Amtsträger zur Mitwirkung im Strafverfahren berufen ist. Zur Mitwirkung berufen ist ein Amtsträger, wenn ihm die konkrete Amtsstellung die Möglichkeit verschafft, in die Strafverfolgung einzugreifen. Es muss eine konkrete Beziehung zur Tat vorliegen.J ist zwar Justizminister und damit Amtsträger. Er hat hier aber nicht infolge seiner konkreten Amtsstellung als Justizminister eingegriffen, sondern wegen einer privaten Verbindung zu S die Strafvereitelung begehen können. Eine Strafbarkeit nach § 258a Abs. 1 StGB scheidet hier deshalb aus.