Zur Mitwirkung berufene Amtsträger 2

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

G ist Geschäftsstellenbeamtin im Amtsgericht Oranienburg. In der Geschäftsstelle trifft eine Ermittlungsakte ein, die gegen Gs Schwager S wegen eines von ihm begangenen Betrugs geführt wird. Um S vor der Strafverfolgung zu bewahren, vernichtet G die Akte.

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Einordnung des Falls

Zur Mitwirkung berufene Amtsträger 2

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. G hat sich wegen Verfolgungsvereitelung strafbar gemacht, in dem sie die Ermittlungsakte vernichtete (§ 258 Abs. 1 StGB).

Nein!

Objektive Voraussetzungen für eine Strafbarkeit nach § 258 Abs. 1 StGB sind: (1)Strafbare Vortat eines anderen (2)Ganz oder teilweise Vereitelung der Bestrafung Die Täterin muss subjektiv vorsätzlich bezüglich der Vortat und absichtlich oder wissentlich bezüglich des Vereitelns gehandelt haben. Zudem müsste die Tat rechtswidrig und schuldhaft begangen worden sein und kein persönlicher Strafausschließungsgrund nach § 258 Abs. 5 und 6 StGB eingreifen.Der Betrug des S ist eine strafbare Vortat eines anderen. Durch die Vernichtung der Akte hat G dafür gesorgt, dass die Bestrafung des S zumindest für geraume Zeit unverwirklicht bleibt. G handelte dabei absichtlich, rechtswidrig und schuldhaft. Allerdings ist S Angehöriger der G im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 1a StGB. Dadurch greift der persönliche Strafausschließungsgrund des § 258 Abs. 6 StGB. G ist nicht nach § 258 Abs. 1 StGB strafbar.
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2. G könnte sich nach § 258a Abs. 1 StGB wegen Strafvereitelung im Amt strafbar gemacht haben, indem sie die Ermittlungsakte vernichtete.

Genau, so ist das!

Objektive Voraussetzungen für eine Strafbarkeit nach § 258a Abs. 1 StGB sind: (1)Täter: Amtsträger, der zur Mitwirkung im Strafverfahren oder Verfahren zur Anordnung der Maßnahme berufen ist (2)Strafbare Vortat eines anderen (3)Ganze oder teilweise Vereitelung der Bestrafung Der Täter muss subjektiv vorsätzlich bezüglich der Vortat und absichtlich oder wissentlich bezüglich des Vereitelns gehandelt haben. Zudem muss die Tat rechtswidrig und schuldhaft begangen worden sein und der persönliche Strafausschließungsgrund nach § 258 Abs. 5 nicht eingreifen.

3. Ist G als verbeamtete Mitarbeiterin der Geschäftsstelle des Amtsgerichts Oranienburg Amtsträgerin im Sinne des § 258a Abs. 1 StGB?

Ja, in der Tat!

Der Begriff des Amtsträgers ist in § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB legaldefiniert. Beamte sind demnach Amtsträger im Sinne der Norm, § 11 Abs. 1 Nr. 2 a StGB.

4. G ist als Mitarbeiterin der Geschäftsstelle jedoch nicht zur Mitwirkung beim Strafverfahren berufen.

Nein!

Zum Strafverfahren gehören alle auf Strafverfolgung gerichteten Maßnahmen, mithin auch das Ermittlungsverfahren. Zur Mitwirkung berufen ist ein Amtsträger, wenn ihm die konkrete Amtsstellung die Möglichkeit verschafft, in das Verfahren einzugreifen. Um dem Schutzzweck der Norm gerecht zu werden, darf das Tatbestandsmerkmal nicht zu eng ausgelegt werden.Es gehört zu Gs Aufgaben als Beamtin der Geschäftsstelle, eingehende Strafakten zu bearbeiten. Die konkrete Amtsstellung hat es ihr ermöglicht, die Akte zu vernichten und so die Strafvereitelung zu bewirken. G ist als Amtsträgerin zur Mitwirkung im Strafverfahren berufen.

5. S ist Gs Schwager. Greift für G damit der persönliche Strafausschließungsgrund aus § 258 Abs. 6 StGB, sodass sie straffrei bleibt?

Nein, das ist nicht der Fall!

§ 258a Abs. 3 StGB normiert, dass die Privilegierung der Angehörigenbegünstigung aus § 258 Abs. 6 StGB nicht für die Strafvereitelung im Amt anwendbar ist. G bleibt somit trotz ihrer Schwägerschaft nach § 258a Abs. 1 StGB strafbar.Aber Achtung: Der persönliche Strafausschließungsgrund nach § 258 Abs. 5 StGB (Selbstbegünstigung) gilt auch bei der Strafvereitelung im Amt!
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