Grundfall Darlehen

5. Dezember 2024

4,8(7.664 mal geöffnet in Jurafuchs)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Schuldner Donald (S) steht das Wasser mal wieder bis zum Hals. Um sich bei seinen Gläubigern etwas Zeit zu erkaufen, bittet er seinen Onkel Dagobert (D) um €5000. Widerwillig stimmt D zu. Sie vereinbaren, dass S den Betrag in drei Monaten zurückzahlen soll.

Diesen Fall lösen 93,1 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Einordnung des Falls

Grundfall Darlehen

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. S und D haben vorliegend einen schuldrechtlichen Vertrag geschlossen.

Genau, so ist das!

Der Vertrag ist ein Rechtsgeschäft, das aus inhaltlich übereinstimmenden, mit Bezug aufeinander abgegebenen Willenserklärungen von mindestens zwei Personen besteht.D hat sich gegenüber S verpflichtet, ihm €5000 auszuzahlen. S wiederum hat sich verpflichtet, den entsprechenden Betrag nach drei Monaten wieder zurückzuzahlen. Damit liegen zwei übereinstimmende, mit Bezug aufeinander abgegebene Willenserklärungen vor.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. Da S das Geld zeitweise übertragen bekommt, ohne dafür eine Gegenleistung erbringen zu müssen, handelt es sich um einen unentgeltlichen Leihvertrag (§ 598 BGB).

Nein, das trifft nicht zu!

Die Leihe ist auf die unentgeltliche Gebrauchsüberlassung einer beweglichen oder unbeweglichen Sache (einschließlich Tieren, § 90a S. 3 BGB) gerichtet. Wesensmerkmal ist dabei, dass nach Abschluss des Gebrauchs die überlassene Sache zurückgegeben wird.S schuldet nach Abschluss der drei Monate nicht die Rückgabe der erhaltenen Sachen, also der übergebenen Geldscheine und Münzen. Vielmehr beschränkt sich die Rückgabepflicht auf die Rückgabe des erhaltenen Geldbetrags. Damit handelt es sich nicht um einen Leihvertrag.Diese juristische Unterscheidung hat sich im Volksmund nicht durchgesetzt. Dort wird munter „Geld verliehen“.

3. S und D haben einen Darlehensvertrag abgeschlossen (§§ 488 Abs. 1 S. 1 BGB).

Ja!

Gegenstand des Gelddarlehensvertrags ist die Zurverfügungstellung eines Geldbetrages für eine bestimmte Zeit durch den Darlehensgeber (§ 488 Abs. 1 S. 1 BGB). Kennzeichnend für den Darlehensvertrag ist also die Überlassung eines Kapitals zur zeitlich begrenzten Nutzungdes darin steckenden Wertes. Hauptleistungspflicht des Darlehensnehmers ist die Rückzahlung der Darlehensvaluta nach dem bestimmten Zeitraum. Das Gesetz geht grundsätzlich davon aus, dass zudem als Gegenleistung ein Zins geschuldet wird (§ 488 Abs. 1 S. 1 BGB). Dass dies aber keineswegs zwingend ist, ergibt sich bereits systematisch aus den Sondervorschriften zu unentgeltlichen Verbraucherdarlehensverträgen (§ 514 BGB). S und D haben sich darüber geeinigt, dass D dem S €5000 für drei Monate überlässt. Da eine Zinszahlung nicht vereinbart war, handelt es sich um einen zinslosen Darlehensvertrag.
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen
Jurafuchs
Eine Besprechung von:
Jurafuchs Brand
facebook
facebook
facebook
instagram

Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Alfonso_Nitti

Alfonso_Nitti

25.2.2024, 22:59:11

Abwandlung hier: D übergibt dem S 5.000 EUR in bar und will diese in drei Monaten wieder zurück. Sie einigen darauf. Leihvertrag, oder? Da S dem D ja eben genau diese 5.000 EUR wieder zurückgeben soll..

LELEE

Leo Lee

26.2.2024, 20:14:37

Hallo Alfonso_Nitti, vielen Dank für diese sehr gute und interessante Frage! Um die Frage so genau wie möglich zu beantworten, müssen wir zunächst zwischen dem Gelddarlehensvertrag und dem Leihvertrag. Beim Darlehensvertrag (i.Ü. auch beim sog. Sachdarlehensvertrag gem. § 607 I, wobei hier Geld gem. 607 II explizit ausgenommen wird) wird ein Geldbetrag zur Verfügung gestellt, der (naturgemäß) nicht mit den gleichen Scheinen zurückgezahlt wird (denn ansonsten wäre der Sinn des 488 1, der darin besteht, dem Schuldner einen Betrag zur freien Verfügung zu

überlassen

, verfehlt). Bei der

Leihe

hingegen wird genau die entliehene Sache wieder zurückgegeben. Mithin läge in deiner Abwandlung eine

Leihe

vor, wenn vereinbart wird, dass GENAU DIESE Scheine (ohne zwischendurch genutzt und ersetzt zu werden) zurückgezahlt werden sollen (was allerdings sehr realitätsfern ist). Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre von MüKo-BGB 9. Auflage, Häublein § 598 Rn. 4 sehr empfehlen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

Alfonso_Nitti

Alfonso_Nitti

2.3.2024, 10:22:14

Top. Danke für die rasche und ausführliche Antwort. Ja, es ist sehr realitätsfern, aber möglich. Ich finde es demnach auch sehr spannend wie eine gewisse Spitzfindigkeit und Kreativität in der Realität (sei es dem Alltag) zwar solche Konstellationen zulässt, aber selten, wenn fast garnicht, vor kommen mag. So scheint es. LG - Alfonso


Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen