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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A beauftragt die Ehevermittlung V, passende Kandidatinnen auszuwählen. V nimmt den Auftrag an. A heiratet dann auch eine Kandidatin und zahlt V den im Vorfeld vereinbarten Lohn in Höhe von €10.000. Als A kurz darauf erfährt, dass er zur Zahlung des Maklerlohns nicht verpflichtet war, fordert er das Geld zurück.

Einordnung des Falls

§ 656 Abs. 1 S. 2 BGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Zwischen A und V besteht ein wirksamer Vertrag (§ 656 BGB).

Ja!

Die Ehevermittlung ist ein Unterfall des Maklervertrags. Der Maklervertrag kommt nach den allgemeinen Regeln, also Angebot und Annahme, zustande. Dies kann auch konkludent geschehen. A hat V beauftragt, ihm eine Ehe oder die Gelegenheit zum Abschluss einer Ehe zu vermitteln. V hat den Auftrag angenommen. Es besteht ein Vertrag. Der Ehevermittlungsvertrag ist nicht etwa sittenwidrig.

2. A ist verpflichtet, V zu bezahlen (§ 656 Abs. 1 S. 1 BGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Aus § 656 Abs. 1 S. 1 BGB folgt, dass ein Ehevermittlungsvertrag gerade keine Verpflichtung zur Zahlung eines Maklerlohns begründen kann. Die Vergütungsvereinbarung begründet keine Verbindlichkeit, sondern nur eine Naturalobligation. Diese kann erfüllt, aber nicht eingeklagt werden. A ist nicht verpflichtet, zu zahlen. V hat keinen Anspruch auf Zahlung.

3. A hat gegen V einen Anspruch auf Rückzahlung der €10.000 (§ 812 Abs. 1 S. 1 BGB).

Nein, das trifft nicht zu!

Nach § 656 Abs. 1 S. 2 BGB kann der Makler das zur Erfüllung der Lohnvereinbarung Geleistete behalten. Die Vergütungsvereinbarung ist Erwerbsgrund im Sinne des § 812 BGB. Der Auftraggeber kann auf sie Geleistetes nicht unter der Begründung zurückfordern, eine Verbindlichkeit habe nicht bestanden. Dieser Ausschluss berührt aber nicht die Rückforderungsmöglichkeit aus anderen Gründen, z.B. bei Nichtigkeit des Vertrags aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB (bspw. §§ 104 ff. BGB, §§ 119, 123, 142 BGB, § 138 BGB) oder vorzeitiger Kündigung aus § 812 Abs. 1 S. 2 BGB. Ist der Vertrag nichtig, besteht eine Rückforderungsmöglichkeit.

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RAP

Raphaeljura

23.8.2023, 13:34:59

Aber kann so ein Geschäftsmodell überhaupt bestehen, wenn Zahlungen nur auf freiwilliger Basis erfolgen? Das macht doch keinen Sinn.

CR7

CR7

24.8.2023, 01:06:03

Die Norm wurde durch den Gesetzgeber so konzipiert, dass „Unwissende“ nicht über den Tisch gehauen werden. Die Norm ist m.E. Ausdruck einer „Missbilligung“ des Gesetzgebers, dass solche Geschäftsmodelle bestehen.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

24.8.2023, 12:12:59

@[Raphaeljura](207944)Hi Raphael, der Ehemakler wird in der Regel einfach Vorkasse verlangen und ist damit hinreichend abgesichert (vgl. MüKoBGB/Althammer, 9. Aufl. 2023, BGB § 656 Rn. 13). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

RAP

Raphaeljura

23.8.2023, 13:39:58

Und habe eben mal geschaut. Es scheint bei Online-Partnervermittlungsplattformen es anders zu sein. Demnach sei die Norm da nicht anwendbar.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

24.8.2023, 12:08:51

So ist es, Raphael. Schau Dir gerne hierzu folgenden Fall an: https://applink.jurafuchs.de/q12GQhGqwCb Beste Grüße, Lukas -für das Jurafuchs-Team

Natze

Natze

7.12.2023, 18:29:40

zählen hierunter Tinder und Co auch dazu? Wird die „Ehe“ Vermittlung weiter gefasst? ;)

Nora Mommsen

Nora Mommsen

8.12.2023, 11:15:12

Hallo Natze, nach ständiger Rechtsprechung findet § 656 BGB auch auf sogenannte Partnerschaftsvermittlungsanträge Anwendung. Darunter fallen dann auch die einschlägigen Onlineportale. Ein einigermaßen aktuelles Urteil dazu findest du beispielsweise unter: AG Hamburg, 11 C 599/18, BeckRS 2019, 62255. Dort geht es in einem großen Schwerpunkt um AGB Fragen aber auch um die geschuldeten Leistungen aus einem solchen Vermittlungsvertrag, der über Algorithmen "matcht". Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

Natze

Natze

8.12.2023, 11:55:23

Vielen Dank, Nora :)

AR

Artimes

18.3.2024, 17:12:36

Lasse sich die §§ 611 ff. BGB ebenfalls auf den Vertrag aus § 656 BGB anwenden? In einer Falllösung, die ich gelesen habe, wurden die Vorschriften beider Verträge parallel angewendet. Schließen sich Dienstvertrag und Maklervertrag nicht gegenseitig aus, da es sich um ein Entweder-Oder-Verhältnis beider Vertragstypen handelt?

PK

P K

19.3.2024, 18:52:50

Der Kernunterschied ist doch, dass der Makler keine Dienstleistungspflicht hat. Er muss kein Exposé erstellen, Anfragen bearbeiten etc. Das wird aber häufig von den Maklern vereinbart, wofür sie sich ein erfolgsunabhängiges Honorar versprechen lassen, das unabhängig davon verdient wird, ob es zu einer erfolgreichen Vermittlung/Nachweis kommt. In so einem Fall liegt es nahe, ergänzend auf §§ 611 ff. abzustellen. Es ist aber nicht so, dass sich die beiden Verträge kategorisch ausschließen.


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