Zivilrecht
BGB Allgemeiner Teil
Anfechtung der Willenserklärung
Inhaltsirrtum – Abgrenzung zu „reinem Rechtsirrtum“
Inhaltsirrtum – Abgrenzung zu „reinem Rechtsirrtum“
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
V verkauft K seinen gebrauchten „Bulli“. Als K wegen des durchgerosteten Auspuffs Sachmängelgewährleistungsrechte geltend machen will, erklärt V die Anfechtung. Er sei davon ausgegangen, dass der Verkäufer bei Gebrauchtwagen keine Mängelgewährleistung schulde.
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Einordnung des Falls
Inhaltsirrtum – Abgrenzung zu „reinem Rechtsirrtum“
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Mängelgewährleistung (§§ 434ff. BGB) gibt es nur beim Kauf neuer Sachen.
Nein!
Jurastudium und Referendariat.
2. V und K haben einen Kaufvertrag über den "Bulli" geschlossen (§ 433 BGB).
Genau, so ist das!
3. V ist hier – fälschlicherweise – davon ausgegangen, dass dem K keine Mängelgewährleistungsrechte zustehen. Hat V damit über eine Rechtsfolge seiner Willenserklärung geirrt?
Ja, in der Tat!
4. V kann seine Willenserklärung wegen eines Rechtsirrtums anfechten, wenn er über eine unmittelbare Rechtsfolge seiner Willenserklärung geirrt hat (Inhaltsirrtum, § 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB).
Ja!
Fundstellen
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Blotgrim
3.2.2024, 11:08:52
Nur um sicherzugehen, hätte der Verkäufer jetzt die Norm, die den Gewährleistungsanspruch gewährt, inhaltlich zitiert, also in seine Erklärung mit aufgenommen, dann würde ein
Rechtsfolgenirrtumvorliegen?
Leo Lee
3.2.2024, 17:27:42
Hallo Blotgrim, vielen Dank für die sehr gute Frage! Du hast es verstanden! Beim
Rechtsfolgenirrtumgeht es stets darum, dass diese BESTANDTEIL der Erklärung wird, also diese Rechtsfolge, um die es geht, immer mit erklärt wird. Vorliegend ist der Fall etwas tricky gelagert, denn wenn V dem K erklärt hätte, ich verkaufe „ohne Gewährleistung“ (statt dies einfach zu denken), hätte er als Privatkäufer die Gewährleistung – mal von
§ 444 BGBabgesehen – ausgeschlossen. Wenn man aber man hiervon wegschaut, hast du völlig Recht: Wenn er die Norm bzw. das Recht, das hier betroffen ist, erwähnt hätte (irgendwie geartet), wäre die Rechtsfolge Bestandteil der Erklärung geworden! Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre von MüKo-BGB 9. Auflage, Armbrüster § 119 Rn. 85 ff. sehr empfehlen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
Bienenschwarmvereinigung 🐝🐝🐝
7.8.2024, 21:35:17
Ist hier nicht sowieso die Anfechtung des V ausgeschlossen, da bereits ein
Gefahrübergangstattgefunden hat? ich dachte ab dem Moment sei das Gewährleistungsrecht vorrangig und eine Anfechtung wäre nur im Falle einer arglistigen Täuschung möglich oder des Verkäufers, allerdings dann nicht wenn er sich damit seinen Gewährleistungsrechten entziehen möchte, so wie vorliegend...
Dogu
21.8.2024, 00:25:17
Das gilt nur für den
Eigenschaftsirrtum. Das Gewährleistungsrecht ist unabhängig von Erklärungs- oder Inhaltseigentümer zu sehen.
Dogu
21.8.2024, 00:25:39
*irrtümer
caulpoy
22.8.2024, 17:03:39
das würde mich auch interessieren
Tobias Krapp
3.9.2024, 10:44:30
Hallo Bienenschwarmvereinigung, danke für deine wichtige Verständnisfrage! Die Antwort von @[Dogu](137074) ist vollkommen korrekt. Der Vorrang der
Mängelrechtegreift nur, wenn sich der Irrtum des Verkäufers auf eine Anforderung der Sache nach
§ 434 BGB, also einen konkreten Mangel bezieht. Dies ist beim
Eigenschaftsirrtum, § 119 Abs. 2 BGB, der Fall. Liegt der Grund für die Anfechtung dagegen nicht im Mangel der Kaufsache, wie etwa beim Inhalts- oder Erklärungsirrtum, ist die Anfechtung des Verkäufers uneingeschränkt möglich. Daher würde der Ausschluss der Anfechtung beim
Inhaltsirrtumnicht greifen. Da sich das sicher nicht nur @[caulpoy](245038) und du gefragt haben, habe ich das in der Aufgabe jetzt auch als entsprechenden Vertiefungshinweis aufgenommen und einen Link zu unserer Aufgabe zum Vorrang des Gewährleistungsrechts (https://applink.jurafuchs.de/FIcimaPmAMb) aufgenommen. Danke, dass ihr uns mit euren Nachfragen helft, unsere Inhalte noch besser zu vernetzen und wo nötig zu vertiefen! Viele Grüße - für das Jurafuchsteam - Tobias