Zivilrecht
BGB Allgemeiner Teil
Anfechtung der Willenserklärung
Inhaltsirrtum – Anfechtbarkeit bei Rechtsfolgenirrtum
Inhaltsirrtum – Anfechtbarkeit bei Rechtsfolgenirrtum
16. Februar 2025
9 Kommentare
4,8 ★ (19.134 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
V verkauft K formwirksam (§ 311b Abs. 1 S. 1 BGB) seine "Äppelwoi"-Kneipe in Frankfurt "samt Zubehör". Dabei geht V davon aus, dass der Begriff "Zubehör" nur das fest eingebaute Inventar erfasst.
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Einordnung des Falls
Inhaltsirrtum – Anfechtbarkeit bei Rechtsfolgenirrtum
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Der zwischen K und V geschlossene Kaufvertrag umfasst nur das fest eingebaute Inventar (§ 97 Abs. 1 S. 1 BGB).
Nein, das ist nicht der Fall!
Jurastudium und Referendariat.
2. V kann seine Willenserklärung wegen eines Inhaltsirrtums anfechten (§§ 142 Abs. 1, 119 Abs.1 Alt. 1 BGB).
Ja, in der Tat!
Fundstellen
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Elisabeth F.
12.2.2022, 21:16:58
Im Text „Subsumtion“ steht, der
Rechtsfolgenirrtumberechtige dann zur Anfechtung,wenn die Rechtsfolge unmittelbar miterklärt wurde. Aber die Rechtsfolge (alle zur Kneipe gehörenden beweglichen Sachen werden mitverkauft) wurde so ja gerade nicht erklärt,oder?

Lukas_Mengestu
15.2.2022, 19:11:35
Hallo Elisabeth, vielen Dank für Deine Frage und herzlich willkommen im Forum. Die Abgrenzung in mittelbare und unmittelbare ist abstrakt nicht ganz leicht, deswegen ist es am besten sich dies immer an Beispielen zu vergegenwärtigen. Wenn V hier sagt, ich verkaufe Dir meine Kneipe samt
Zubehör, dann erklärt er aus objektiver Sicht damit unmittelbar die Rechtsfolge, dass K einen Anspruch auf
Übergabe und Übereignungder Kneipe mitsamt des beweglichen und unbeweglichen
Zubehörerwirbt. Die Rechtsfolge ist unmittelbar Bestandteil seiner Erklärung. Anders ist dies z.B. wenn K von V einen Fernseher kauft und dabei denkt, V müsse für alle Mängel einstehen, die innerhalb von zwei Jahren auftreten (=Garantie). Wird er später darüber aufgeklärt, dass V gesetzlich nur für Mängel haftet, die bei Vertragsschluss bestanden (=
Gewährleistung) und will deshalb anfechten, so ist dies nicht möglich. Denn die Rechtsfolge, dass dem Käufer bei einem Kaufvertrag
Gewährleistungsrechte zustehen, war gerade nicht Teil seiner Willenserklärung. Sie folgt vielmehr nur mittelbar aus dieser Erklärung. Ich hoffe, so ist die Abgrenzung etwas klarer geworden. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
sinaaaa
9.1.2023, 18:47:15
Ich verstehe den Unterschied zwischen
rechtsfolgeirrtumund
inhaltsirrtumnicht. Bei deinen irrt sich der erklärende über die rechtsfolge

Nora Mommsen
10.1.2023, 13:01:46
Hallo sinaaaa, danke für deine Frage. Der
Rechtsfolgenirrtumist eine Form des
Inhaltsirrtums, bei dem darüber geirrt wird, dass mit der eigenen Erklärung automatisch - nämlich nach gesetzlicher Regel - eine bestimmte Rechtsfolge eintritt. In der Regel wird dies verkannt, und die Erklärung abgegeben in dem Glauben, die Rechtsfolgen haben nun den gewollten Umfang. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
Frederieke
29.9.2024, 21:30:52
Wenn ich ausdrücklich sage, dass ich dir etwas verkaufen möchte, aber nur weil ich nicht für Mängel hafte, könnte ich dann auch anfechten? Schlussendlich wäre dann ja eine Umgehung der
Gewährleistungsrechte, aber es wäre Teil der eigentlichen Willenserklärung geworden wie in dem Beispiel.

juramen
1.11.2024, 10:39:40
Naja so wie ich es verstehe, könntest du einen solchen Ausschluss im Rahmen der Privatautonomie durchaus vornehmen, solange es sich bei dem Ausschluss um keine AGB handelt. Dann wäre aber keine Anfechtung möglich, weil sich beide Parteien darauf geeinigt hätten.
Deno
19.12.2024, 11:24:03
Im Subsumtionstext steht: „Es handelt sich um einen klassischen
Verlautbarungsirrtum, beim Einsatz von juristischen Fachausdrücken, die der Erklärende nicht beherrscht. Er wird auch als
Rechtsfolgenirrtumbezeichnet, weil der Erklärende hinsichtlich der Rechtsfolgen seiner Erklärung irrt“ Allerdings ist nicht jeder
Verlautbarungsirrtumgleich ein
Rechtsfolgenirrtum, oder? Zum Beispiel beim klassischen Fall des
Verlautbarungsirrtum, dem Toilettenpapier-Fall, bei dem über die Währungseinheit („Gros“) geirrt wird. Oder geht es im Text nur um einen
Verlautbarungsirrtumbzgl. juristischer Fauchausdrücke? Dann finde ich den Wortlaut ein wenig verwirrend. Vielen Dank im Voraus :)