Leerer Warenautomat
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
M steht auf dem Bahnsteig am Bundesplatz in Berlin und wartet auf die Ringbahn. Er verspürt Appetit und wirft in den Automaten der Snack-GmbH (S) ein 2-Euro-Stück hinein, um sich ein Snickers kaufen zu können. Erst danach fällt ihm auf, dass der Automat leer ist.
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Einordnung des Falls
Leerer Warenautomat
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Durch Aufstellen des leeren Automaten hat S nach der herrschenden Meinung ein Angebot auf Abschluss eines Vertrags über ein Snickers abgegeben.
Nein, das trifft nicht zu!
Jurastudium und Referendariat.
2. Ein Teil der Literatur sieht in dem Aufstellen des Automaten auch bloß eine invitatio ad offerendum.
Ja!
Fundstellen
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Büşra MB
18.2.2020, 17:58:53
Die Fragen sind teilweise viel zu ungenau gestellt. Ärgerlich, weil man zwar das Richtige meint, aber der streak trotzdem abgebrochen wird ! Wie bei der ersten Frage
Marilena
2.3.2020, 16:01:12
Vielen Dank für Deinen Hinweis! Tut uns leid zu hören, dass Dein Streak wegen Missverständnissen abgebrochen ist. Es wäre für uns total hilfreich, wenn Du unter den Fällen direkt kommentieren könntest, was genau Du zu ungenau gestellt findest. So können wir schnell reagieren und daraus lernen. Wir haben hier die erste Frage intern nochmal angeguckt, konnten jedoch keine Ungenauigkeit feststellen. Freuen uns von Dir zu hören/lesen! Danke Dir und liebe Grüße vom Jurafuchs-Team
Henk
5.3.2020, 08:37:52
Ich habe impliziert, dass der Automat beim Aufstellen Ware enthielt, die aber mittlerweile "aufgekauft" wurde. Solange noch Ware enthalten war, wurde durch das Aufstellen ein Angebot abgegeben. Erst nachdem er leer war, lag keines mehr vor. Vlt kann man der Frage hinzufügen, ob das Angebot aktuell oä vorliegt.
デニス
11.6.2020, 14:05:23
Ich glaube meine Vorrednerin meint, dass lediglich nach dem Aufstellen an sich gefragt wird und man meinen könnte, es folgen weitere Fragen bzgl des SV. Denn das Aufstellen an sich sei ja ein Angebot. Monieren würde ich die Fragestellung allerdings nicht, da eine hinreichende Erklärung ohnehin folgt und die Streaks nun wirklich nicht so wichtig sein sollten.
s.t.
3.9.2021, 11:58:02
Hallo, ich finde den Fall verwirrend. Der Automat der voll wäre würde ich trotzdem als ein incertas ad Personas einstufen, da es egal wäre, wer diesen benutzt... durch das Leer-sein, ist doch dann immernoch die gleiche Funktion, nur das das Lager eben leer ist und das offensichtlich ist. Dazu kommt, dass es doch schwachsinnig wäre eine
invitatio ad offerendumanzunehmen, da hier keinerlei Person dasteht um diese Anfrage des Angebots zum Kunden annimmt..
Lukas_Mengestu
8.11.2021, 13:28:19
Hallo s.t., die herrschende Meinung nimmt hier ja auch ein
Angebot ad incertas personasan. Allerdings eben nicht voraussetzungslos. Das Angebot lautet vielmehr: Lieber Kunde, wenn a) der Automat voll ist, b) der Automat funktioniert und c) Du ihn richtig bedienst, dann biete ich Dir ein Snickers für 1€ an. Würde das Angebot voraussetzungslos erfolgen, käme es ja ggfs. zu einem Vertragsschluss, obwohl der Automat leer ist und der Betreiber wäre schadensersatzpflichtig (Nichtleistung). Kauft sich der Kunde im Kiosk dann für 1,20€ ein Snickers, müsste der Automatenbetreiber die Differenz zahlen. Dies ist ersichtlich nicht gewollt. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Arturio
1.11.2022, 22:57:34
Ich weiß, ihr nehmt wahrscheinlich einfach nur die Definitionen aus der Literatur, aber das ist doch hochgradiger Bullshit :D
Offerte ad incertas personas, ABER nur wenn Automat funktioniert, Vorrätig und sachgemäß Bedient wird (rechtsbindungswille fehlt) --> das ist im Prinzip die Definition der
invitatio ad offerendum. Mir macht Jura Spaß aber bei sowas denk ich mir manchmal, dass manche Professoren und Gerichte einfach zu viel Zeit haben.
sinaaaa
27.12.2022, 20:08:27
Ein Teil der Litertaur sagt dass das Auslegen von Waren einen
invitatio ad offerendumdarstellt. Eine andere Ansicht verneint dies und geht von einem
ad incertas personasaus. Welche ist richtig? Für welche sollen wir uns entscheiden ?
Sambajamba10
29.12.2022, 19:18:50
Grundsätzlich kannst du vertreten, was du willst. Hier ist meiner Meinung nach jedoch der herrschenden Meinung (
invitatio ad offerendum) zu folgen. Das liegt daran, dass 1. man nicht davon ausgehen kann, dass der Supermarkt jedem Kunden alles verkaufen will (Bsp. Minderjährige sollen keine Zigaretten kaufen). 2. Grund ist, dass man auch bei der begrenzten Abgabe von Waren in haushaltsüblichen Mengen (wie bei Klopapier, Haferflocken oder Sonnenblumenöl) eine Ausnahme machen müsste.
Lukas_Mengestu
2.1.2023, 18:37:15
Hallo ihr beiden, vielen Dank für eure Anmerkungen. Die lateinischen Begriffe vernebeln leider etwas die dahinterstehenden rechtlichen Überlegungen. Es geht im Kern um die Frage, ob ein rechtsverbindliches Angebot vorliegt (= [verbindliches] Angebot an einen unbestimmten Personenkreis) oder lediglich die unverbindliche Aufforderung ein Angebot abzugeben (=
invitatio ad offerendum). Im Schaufenster/
Selbstbedienungsladenwird man regelmäßig lediglich eine
invitatio ad offerendumannehmen, da der Verkäufer sonst unter Umständen mit einer Vielzahl an Personen Verträge abschließen müsste, die er uU nicht erfüllen kann. Dies hätte zur Folge, dass er sich schadenersatzpflichtig machen würde. Etwas anders gelagert ist die Situation beim Warenautomaten. Das Angebot erfolgt ohnehin unter einer Reihe von Bedingungen (ordnungsgemäße Bedienung, Funktionsfähigkeit des Automaten, genügend Vorrat). Der Automat kann auch nur durch eine Person zugleich bedient werden, sodass auch nur ein Vertrag geschlossen werden kann. Insoweit besteht die Gefahr von Schadensersatzansprüchen wegen Nichterfüllung nicht. Insoweit liegt es näher, hier von einem verbindlichen Angebot auszugehen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Unerkannt Geisteskrank
24.11.2023, 15:07:17
Wäre es in einer Klausursituation nötig grundsätzlich festzustellen, dass in dem Aufstellen des Automaten ein Angebot an einen unbestimmten Personenkreis liegt und dann zu sagen, dass dieses Angebot jedoch erloschen ist, dadurch, dass der Automat nicht befüllt ist oder wäre es sinnvoller festzustellen, dass kein Angebot vorliegt. Ich weiß, dass das sehr kleinkariert ist, aber bei dem ein oder anderen Korrektor kann das ja schon einen Unterschied machen. LG
Lukas_Mengestu
24.11.2023, 16:45:53
Hallo
unerkannt geisteskrank, mir ist völlig bewusst, dass die Korrektoren in der Klausur der Endgegner sind und gerade in den Klausurenkursen durchaus auch die ein oder andere fragwürdige Korrektur mal dabei ist. Lass Dich davon aber bitte nicht beeinflussen! Bei der Lösung einer Klausur geht es in erster Linie um sauberes, systematisches Vorgehen. Der "Automatenfall" ist durch schlichte Auslegung zu lösen. Wie ist das Verhalten der S hier aus Sicht eines
objektiven Empfängerhorizontes auszulegen (§§ 133, 157 BGB). Dabei musst Du Dir immer die Folgen eines geschlossenen Vertrages vor Augen führen, u.a. beispielsweise Schadensersatzansprüche bei verzögerter Leistung bzw. Nichterfüllung. Vor diesem Hintergrund wird klar, dass im Ergebnis bei einem leeren Automaten offensichtlich kein Vertragsschluss durch S gewollt ist. Ob Du dieses Ergebnis nun dadurch erzielst, dass Du bereits das Bestehen eines Angebotes ablehnst oder darauf abstellst, dass es jedenfalls nicht angenommen wurde, ist letztlich eigentlich egal. Im Ergebnis musst Du Dich hier auch nicht entscheiden, denn nach beiden Auffassungen ist hier kein Vertrag zustande gekommen. Ich hoffe, das hilft ein wenig :-) Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Blotgrim
7.1.2024, 08:45:12
Gilt das mit dem Funktionieren, dem ordnungsgemäßen Gebrauch usw. auch für die Ansicht die eine
invitatio ad offerendumsieht. Wenn ja, wie wäre die Situation zu bewerten wenn ich ein ausländisches Geldstück verwenden würde. ich würde ja ein Angebot mit dieser Münze machen, aber würde die e.A. auch hier in der Leistung des Automaten eine Annahme sehen? LG
schwemmely
30.10.2024, 10:37:47
Hei @[Blotgrim](167544) Soweit ich weiß, gilt das grds. als Voraussetzung (genügend Vorrat, ordnungsmäßiger Gebrauch und Funktionstüchtigkeit ) und damit für beide Ansichten . Zu deiner anderen Frage, wären das meine Überlegungen: Naja, wenn du ein ausländisches Geldstück und damit eigentlich ein "falsches Geldstück" einwirfst (=> kein ordnungsgemäßer Gebrauch, denn nach Auslegung §§ 133, 157BGB würde man mMn. sagen, dass die angegebenen Preise auch darauf hindeuten, dass der Aussteller auch mit entsprechendem Geld/Währung gefüttert werden soll), dann gibst du zwar ein Angebot ab, aber es entspricht nicht den gewollten Voraussetzungen. Man kann ja dann verschiedene Situationen spinne: 1. das Geld wird ausgespuckt und das Angebot abgelehnt. Dann ist es erloschen nach §
146 BGB2. das Geld wird "angenommen" aufgrund z.B. eines technischen Fehlers, weil es nicht erkennt, dass es die falsche Münze ist. ->das ist, glaube ich, deine Konstellation oder? Ist dann nicht das Angebot angenommen worden?, aber es besteht evtl. nach § 119 BGB oder sogar § 123 BGB ein Anfechtungsgrund, weil der Automat sich geirrt hat? Da müssen wir aber natürlich schauen wie es mit dem MängelgewährleistungsR aussieht usw. Vill. könnte da jemand den von Blotgrim gebildeten Fall aufdröseln und Abhilfe leisten! :) das würde mich auch interessieren!