Funktionierender Warenautomat

6. Juli 2025

6 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A wartet auf die S1 Richtung Berlin-Wannsee. Hungrig wirft er in den von der Snack-GmbH (S) aufgestellten Warenautomaten ein 2-Euro-Stück, um sich eine Tafel Ritter Sport Vollmilchschokolade zu kaufen. Der Automat lässt eine Tafel in den Entnahmeschacht fallen.

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Einordnung des Falls

Funktionierender Warenautomat

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Zwischen A und S ist ein Kaufvertrag über die Tafel Schokolade für €2 zustande gekommen.

Ja, in der Tat!

Nach h.M stellt das Aufstellen des Automaten ein Angebot an jeden dar, der das verlangte Geldstück einwirft (offerte ad incertas personas). Nach dem objektiven Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB) gelte es soweit und solange (1) der Vorrat reicht, (2) der Automat funktioniert und (3) der Automat ordnungsgemäß bedient wird. Mit Geldeinwurf hat sich A durch schlüssiges Verhalten mit dem angetragenen Vertragsschluss einverstanden erklärt. Bei der Annahme handelt sich um eine nicht empfangsbedürftige Willensbetätigung i.S.v. § 151 S. 1 BGB.
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2. Nach einem Teil der Literatur ist das bloße Aufstellen eine invitatio ad offerendum.

Ja, in der Tat!

Nach einem Teil der Literatur ist das bloße Aufstellen eine invitatio ad offerendum. Der Kunde mache durch die Bedienung ein Angebot, das dadurch angenommen werde, dass der Automat die Leistung erbringt. Auch nach dieser Auffassung haben A und S einen Kaufvertrag über die Tafel Schokolade geschlossen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

PPAA

Philipp Paasch

11.9.2022, 23:25:44

Könnte man hier § 151 Abs. 1 BGB zitieren? Weil, den Aufstellern geht die Willenserklärung (Annahme) ja nicht zu?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

13.9.2022, 15:00:38

Hallo Philipp Paasch, eine interessante Überlegung. Da würde ich direkt mal mitgehen. Denn ein Empfangsgerät wie ein Briefkasten ist der Automat nicht, es wird ja nicht kontrolliert. Dass S auf den Zugang verzichtet hat zur einfacheren Abwicklung der Geschäfte ist im Rahmen des

objektiven Empfängerhorizont

s nach der

Verkehrssitte

zu erwarten. Von einer

Verkehrssitte

kann gesprochen werden, wenn bei Geschäften der betreffenden Art unter vergleichbaren Umständen auf den Zugang der Annahmeerklärung üblicherweise verzichtet wird (MüKo § 151 Rn. 9). Genauere Informationen insbesondere zu Warenautomaten gibt die einschlägige Kommentarliteratur nicht her. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

cSchmitt

cSchmitt

26.5.2025, 09:22:29

Kommt es für die Annahme der

Offerta ad incertas personas

immer auf den Geldeinwurf und die damit signalisierte Zahlungsbereitschaft an oder stellt man nicht eher auf die letzte, den Vertrag konkretisierende Handlung ab? Denn ein Snack-Automat enthält ja meist verschiedene offertae

ad incertas personas

, z.B. einen Schokoriegel für 2,-€, Erdnüsse für 2,50€ und Softgetränke für 3,-€. Wenn ich nun einen 5,-€ Schein in den Automat gebe, habe ich ja noch keines dieser Angebote angenommen, da auch gar nicht klar wäre, welches davon. Das wird dadurch verstärkt, dass ich den Schein auch jederzeit wieder durch einen Abbruch des Vorgangs zurückerhalten kann. Erst durch das Drücken der entsprechenden Produkttasten konkretisiere ich meinen Willen dann derart, dass ich ein bestimmtes Angebot annehme.

LMA

Lt. Maverick

2.6.2025, 09:57:29

Das hängt wohl von der Funktionsweise der Automaten ab. Im Regelfall fallen die Münzen wieder in die Münzausgabe durch, wenn kein Produkt ausgewählt wurde bzw. ist die Scheinannahme blockiert. Solche Automaten sind meist im Standby-Modus bis sie durch die Eingabe des Produkts aktiviert werden. Sie sind deshalb so konzipiert, damit der Kunde nicht schon durch Geldeinwurf an ein bestimmtes Produkt gebunden ist, da dann die sofortige Ausgabe erfolgt. Denn Kunden vertippen sich oftmals, manchmal reagiert eine Taste nicht ordnungsgemäß. Sollte aber bereits der Geldeinwurf erfolgt sein und erst im Nachgang die Produkteingabe, wäre die Annahme nicht bereits durch den Geldeinwurf, sondern die

Konkretisierung

des Produkts durch Eingabe der Artikelnummer erfolgt. Da sich das antizipierte Angebot auf alle Artikel bezieht, kann dieses erst durch die Annahme entsprechend konkretisiert werden.


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