Auslegung - Andeutungstheorie (Fall)

16. September 2025

9 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Der verwitwete Erblasser E hat zwei Söhne. In seinem Testament hat er bestimmt, dass beide Söhne je eines seiner Grundstücke erhalten sollen, wobei auf einem ein Weinberg steht. Auf Familienfeiern hatte E stets vor Zeugen ausgesagt, dass der ältere Sohn den Weinberg erben solle. E hatte jedoch vergessen, diese Verfügung in das Testament aufzunehmen.

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Einordnung des Falls

Auslegung - Andeutungstheorie (Fall)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Dürfen bei der Auslegung des Testaments die Aussagen des E bei den Familienfeiern berücksichtigt werden?

Genau, so ist das!

Da keine schutzwürdigen Belange anderer bestehen, darf sich die Testamentsauslegung nicht auf die Analyse des Wortlautes beschränken. Auch alle zugänglichen außerhalb der Testamentsurkunde liegenden Umstände sind bei der Auslegung heranzuziehen. Die Äußerungen des E bei den Familienfeiern dürfen bei der Auslegung des Testaments daher hinzugezogen werden.
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2. Ist die Verfügung des E über den Weinberg zugunsten des älteren Sohns wirksam?

Nein, das trifft nicht zu!

Es kann nur ausgelegt werden, was auch tatsächlich im Testament erklärt worden ist. Verfügungen, die daher nicht wenigstens andeutungsweise im Testament zum Ausdruck kommen, können aufgrund der strengen Formvorschriften des Erbrechts nicht hineininterpretiert werden (Andeutungstheorie). Da die Verfügung über den Weinberg keinen Niederschlag im Testament findet, ist diese formnichtig.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Deno

Deno

28.8.2025, 17:20:48

Die erste Frage hatte ich wegen der

Andeutungstheorie

bereits verneint. Was bringt es,

Tatsache

n berücksichtigen zu dürfen, wenn man sie dann nicht verwerten darf solange sie nicht im Testament angedeutet werden?

Tim Gottschalk

Tim Gottschalk

30.8.2025, 13:21:38

Hallo @[Deno](267269), die erste Frage ist eher grundsätzlicher gemeint. Grundsätzlich dürfen für die Auslegung alle Umstände berücksichtigt werden, Grenze der Auslegung ist jedoch der Wortlaut. Ich würde auch nicht sagen, dass man die

Tatsache

n nicht verwerten darf, solange sie nicht angedeutet sind, sondern eher, dass eine Auslegung eben nur bis zu einer bestimmten Grenze möglich ist und danach ist die Aussage darin nicht mehr enthalten. Nichts anderes sagt ja die

Andeutungstheorie

. Wir prüfen hier also auf zwei Stufen: 1. Hat der E für die Auslegung grundsätzlich relevante Sachen gesagt? 2. Kommen wir unter Berücksichtigung dieser Sachen bei der konkreten Auslegung des Wortlauts des Testaments zu einem bestimmten Ergebnis? Liebe Grüße Tim - für das Jurafuchs-Team

JURE

Jurensohn96

29.8.2025, 17:58:46

In der Aufgabe fehlt ein Wort, was diese schwieriger verstehen lässt. Es müsste heißen "(...) wobei eines/ein Grundstück auf dem Weinberg steht".

Tim Gottschalk

Tim Gottschalk

30.8.2025, 13:11:54

Hallo @[Jurensohn96](216593), ich finde den Sachverhalt ehrlich gesagt nicht unverständlich. Der Satz ist grammatikalisch korrekt. Es gibt zwei Grundstücke, auf einem (Grundstück) steht ein Weinberg. Dein Vorschlag hätte dagegen eine andere Bedeutung, die wir so nicht ausdrücken wollen. Liebe Grüße Tim - für das Jurafuchs-Team


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