Zivilrechtliche Nebengebiete

Erbrecht

Gewillkürte Erbfolge

Auslegung - wohlwollende Auslegung (Fall)

Auslegung - wohlwollende Auslegung (Fall)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Der Rentner E hatte sich in jungen Jahren am Jurastudium versucht, ist jedoch gescheitert. Er sieht das Problem in der fehlenden Vorbereitung durch die Uni und den hohen Kosten des Repetitoriums. In seinem Testament setzt er daher die Rechtswissenschaftliche Fakultät als Erbin ein, „um die Qualität der Lehre zu verbessern“.

Diesen Fall lösen 57,9 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Einordnung des Falls

Auslegung - wohlwollende Auslegung (Fall)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Kann die Rechtswissenschaftliche Fakultät Erbin des E sein?

Nein, das trifft nicht zu!

Nur wer rechtsfähig ist kann Erbe sein. Rechtsfähig ist jede natürliche und juristische Person. Da die Rechtswissenschaftliche Fakultät keine eigenständige juristische Person ist, kann sie nicht Erbin des E sein.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. Ist die Verfügung aufgrund der Erbeinsetzung der Rechtswissenschaftlichen Fakultät unwirksam?

Nein!

Lässt eine letztwillige Verfügung mehrere Deutungen zu, so muss gemäß § 2084 BGB derjenigen Auslegungsmöglichkeit der Vorrang gegeben werden, bei der die Verfügung Erfolg haben kann. Diese wohlwollende Auslegung setzt voraus, dass ein gültiges Testament vorliegt und die allgemeine Auslegung nicht zu einer eindeutigen Feststellung des Erblasserwillens geführt hat. Da der Wille des E darauf gerichtet war, die Qualität der rechtswissenschaftlichen Lehre an der Uni zu verbessern, kann man die Verfügung dahingehend auslegen, dass die Uni als Erbin eingesetzt ist. Dies ist jedoch verbunden mit der Auflage, dass die Erbschaft zugunsten der Rechtswissenschaftlichen Fakultät verwendet wird. Die Verfügung des E ist daher nicht unwirksam.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

Jurafuchs kostenlos testen


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

ENU

ehemalige:r Nutzer:in

16.11.2023, 16:13:03

Wieso kann die Verfügung nicht einer Auflage verbunden werden? Sorry für die dumme Frage :)

LELEE

Leo Lee

18.11.2023, 17:16:41

Hallo LKWeisser, überhaupt keine dumme Frage! Die Verfügung kann sehr wohl mit einer Auflage verbunden werden und ist auch sehr häufig in der Praxis anzutreffen. Im vorliegenden Fall gab es nur das Problem, dass die Auflage sich auf die rechtswissenschaftliche Fakultät bezog, die eben nicht selbständig Erbin sein kann wegen einer fehlenden Rechtsfähigkeit (keine eigenständige jur. Person). D.h. also: Wenn die Auflage wirklich gemeint hat, dass NUR die Rewi-Fakultät Erbin werden soll, dann wäre die Verfügung + Auflage unwirksam, weil sie etwas fordert, was unmöglich ist (Fakultät kann nicht Erbin sein, weil keine Rechtsfähigkeit). Wenn jedoch die Auflage meinte bzw. dahingehend interpretiert werden kann, dass die UNI (eigenständige jur. Person, die sehr wohl Erbin sein kann) gemeint war, dann ist die Auflage + Verfügung wirksam. Und hier ging es dem E nur darum, dass die „Lehre“ qualitativ verbessert wird, weshalb wir sagen, dass er die Uni gemeint hat mit der Auflage. Hätte er aber ausdrücklich gesagt „ich will nur, dass die Rewi-Fakultät das

Geld

kriegt“, wäre die Verfügung + Auflage unwirksam gewesen (weil Unmögliches gefordert wird) :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo


© Jurafuchs 2024