Strafrecht

BT 1: Totschlag, Mord, Körperverletzung u.a.

Mord, § 211 StGB

Habgier – Hass und Auftragsmord kommen zusammen

Habgier – Hass und Auftragsmord kommen zusammen

1. Juli 2025

6 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

M bietet T an, ihm €50 zu zahlen, wenn T die O umbringt. Die lächerlichen €50 sind für T kein Anreiz. Er tötet die O vielmehr, weil sie in seinen Augen eine arrogante Intrigantin ist, die er seit Kindheitstagen hasst.

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

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Einordnung des Falls

Habgier – Hass und Auftragsmord kommen zusammen

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Handelt ein Täter aus mehreren Motiven (Motivbündel), kommt es entscheidend darauf an, welches Motiv bewusstseinsdominant ist.

Ja, in der Tat!

Handelt ein Täter aus einer Mehrzahl von Motiven, so spricht man von einem "Motivbündel". Bei einem solchen ist die Gesamtbewertung entscheidend, also welches das Hauptmotiv bzw. welches das vorherrschende Motiv ist. Hier kommt neben Habgier auch der Hass gegenüber O in Betracht. T war jedoch an dem Geld überhaupt nicht interessiert, sodass das Gewinnstreben kein Motiv war. Hier handelt der Täter nur aus einem Motiv: Hass.
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2. T hat das Mordmerkmal der "Habgier" (§ 211 Abs. 2 Gr. 1 Var. 3 StGB) verwirklicht.

Nein!

Habgier ist das gesteigerte abstoßende Gewinnstreben um jeden Preis, auch um den eines Menschenlebens. Ein Habgiermord setzt nicht voraus, dass das Gewinnstreben das einzige Motiv zur Tatbegehung ist, es muss aber tatbeherrschend ("bewusstseinsdominant") sein. Es können weitere Motive (Hass, Mitleid, oder Verzweiflung) neben das Gewinnstreben treten (Motivbündel), die nach einer Gesamtbetrachtung in der Tatsituation jedoch nicht bewusstseinsdominant sein dürfen. T tötet O nicht aufgrund des Geldes, sondern aus tiefem Hass. T hat nicht aus Gewinnstreben gehandelt. Entsprechend scheidet das Mordmerkmal der Habgier aus.

3. T hat die O aus "niedrigen Beweggründen" getötet (§ 211 Abs. 2 Gr. 1 Var. 4 StGB).

Genau, so ist das!

Niedrige Beweggründe liegen vor, wenn die Motive einer Tötung nach allgemeiner sittlicher Anschauung verachtenswert sind und auf tiefster Stufe stehen. Die Beurteilung erfolgt anhand rechtlicher, nicht moralischer Maßstäbe. Es sind die Gesamtumstände der Tat zu berücksichtigen. Gefühle wie Eifersucht, Rache, Zorn, Wut und Enttäuschung können niedrige Beweggründe sein, wenn sie unbegründet bzw. objektiv nicht mehr nachvollziehbar sind. Der Hass gegenüber O wurzelt darauf, dass T die O für eine arrogante Intrigantin hält. Ein solcher Beweggrund ist als niedrig zu beurteilen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

GGL

GGL

22.4.2024, 16:45:19

Hallo, Ich nutze diese App wirklich gerne und merke bereits all die Vorteile davon. Jedoch kommt mir an dieser Stelle die Subsumtion viel zu kurz vor. Es wird ständig davon gesprochen, dass die Subsumtion eigentlich mitunter der wichtigste Bestandteil eines Gutachtens ist, wo Ausführlichkeit, Präzision und

notwendige

Vorsicht geboten sind, damit man nicht zu einer voreiligen (und damit oft auch falschen) Schlussfolgerung kommt. Hier wird das ganze in einem Satz abgehandelt. Außerdem geht es hier um "

niedrige Beweggründe

" iSd § 211 II 3. Alt StGB, welches ohnehin ein ziemlich weit gefasstes Mordmerkmal ist, was einer Eingrenzung bedarf, die hier nicht zu entnehmen ist.

Nora Mommsen

Nora Mommsen

22.4.2024, 18:06:13

Hallo GGL, danke dir für dein ausführliches Feedback! Es freut uns sehr, dass dir die App so toll gefällt. Grundsätzlich gilt natürlich immer, dass die Subsumtion die vorhandenen Informationen verwerten muss. Die Schwerpunktsetzung orientiert sich somit natürlich auch an der "Taklung" des Sachverhalts. Der vorliegenden Sachverhalt ist ausgesprochen kurz zu Trainingszwecken, sodass natürlich auch bei Verwertung aller Information nur wenige Sätze entstehen. Wir nehmen uns die Aufgabe aber nochmal zur Überarbeitung vor. Solltest du aber spezifisch

niedrige Beweggründe

üben wollen, gibt es einige tolle Aufgaben dazu. Umfassender sind im ganz allgemeinen die Fälle in der Rechtsprechungsübersicht. Dort wird der Fall unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten erarbeitet. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

VI

Vivii

1.9.2024, 21:59:05

Verstehe ich es richtig, dass die

Habgier

vollständig abzulehnen ist, sofern ein anderes Mordmerkmal bewusstseinsdominierend ist?

LELEE

Leo Lee

9.9.2024, 11:24:57

Hallo Vivii, vielen Dank für die sehr gute Frage! Du hast es völlig richtig verstanden! Ein Mordmerkmal ist zwar nicht "abzulehnen", allerdings tritt es zurück, solange es nicht dominant ist. Beachte insofern auch, dass bei 216 auch ein

Motivbündel

vorliegen kann (neben Mitleid, was für 216 etwa nötig ist neben etwa

Habgier

) und das Motiv des Mitleids etwa andere Motive zurückdrängen muss. D.h., dass aus 216 jederzeit ein Mord werden kann und vice versa! Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre vom MüKo-StGB 4. Auflage, Schneider § 211 Rn. 83 sehr empfehlen :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

EM

Emmanuella

2.6.2025, 10:10:45

Hallo, Ich hatte die Frage ob man die niedrigen Beweggründe hier auch ablehnen könnte? Der Täter tötete ja das Opfer, weil er sie hasst. Hier werden

niedrige Beweggründe

bejaht, weil der Hass auf eine Subjektive Meinung des Täters über das Opfer, beruht. Ich hätte jetzt gedacht, dass

niedrige Beweggründe

bei Hass nur bejaht werden könnten, wenn sie aus Objektiven Gründen (Beruf etc.)/Dinge die das Opfer nicht ändern kann (Herkunft,Aussehen) entstehen..


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