+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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M bietet T an, ihm €50 zu zahlen, wenn T die O umbringt. Die lächerlichen €50 sind für T kein Anreiz. Er tötet die O vielmehr, weil sie in seinen Augen eine arrogante Intrigantin ist, die er seit Kindheitstagen hasst.

Einordnung des Falls

Habgier – Hass und Auftragsmord kommen zusammen

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Handelt ein Täter aus mehreren Motiven (Motivbündel), kommt es entscheidend darauf an, welches Motiv bewusstseinsdominant ist.

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Ja, in der Tat!

Handelt ein Täter aus einer Mehrzahl von Motiven, so spricht man von einem "Motivbündel". Bei einem solchen ist die Gesamtbewertung entscheidend, also welches das Hauptmotiv bzw. welches das vorherrschende Motiv ist. Hier kommt neben Habgier auch der Hass gegenüber O in Betracht. T war jedoch an dem Geld überhaupt nicht interessiert, sodass das Gewinnstreben kein Motiv war. Hier handelt der Täter nur aus einem Motiv: Hass.

2. T hat das Mordmerkmal der "Habgier" (§ 211 Abs. 2 Gr. 1 Var. 3 StGB) verwirklicht.

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Nein!

Habgier ist das gesteigerte abstoßende Gewinnstreben um jeden Preis, auch um den eines Menschenlebens. Ein Habgiermord setzt nicht voraus, dass das Gewinnstreben das einzige Motiv zur Tatbegehung ist, es muss aber tatbeherrschend ("bewusstseinsdominant") sein. Es können weitere Motive (Hass, Mitleid, oder Verzweiflung) neben das Gewinnstreben treten (Motivbündel), die nach einer Gesamtbetrachtung in der Tatsituation jedoch nicht bewusstseinsdominant sein dürfen. T tötet O nicht aufgrund des Geldes, sondern aus tiefem Hass. T hat nicht aus Gewinnstreben gehandelt. Entsprechend scheidet das Mordmerkmal der Habgier aus.

3. T hat die O aus "niedrigen Beweggründen" getötet (§ 211 Abs. 2 Gr. 1 Var. 4 StGB).

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Genau, so ist das!

Niedrige Beweggründe liegen vor, wenn die Motive einer Tötung nach allgemeiner sittlicher Anschauung verachtenswert sind und auf tiefster Stufe stehen. Die Beurteilung erfolgt anhand rechtlicher, nicht moralischer Maßstäbe. Es sind die Gesamtumstände der Tat zu berücksichtigen. Gefühle wie Eifersucht, Rache, Zorn, Wut und Enttäuschung können niedrige Beweggründe sein, wenn sie unbegründet bzw. objektiv nicht mehr nachvollziehbar sind. Der Hass gegenüber O wurzelt darauf, dass T die O für eine arrogante Intrigantin hält. Ein solcher Beweggrund ist als niedrig zu beurteilen.

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GGL

GGL

22.4.2024, 16:45:19

Hallo, Ich nutze diese App wirklich gerne und merke bereits all die Vorteile davon. Jedoch kommt mir an dieser Stelle die Subsumtion viel zu kurz vor. Es wird ständig davon gesprochen, dass die Subsumtion eigentlich mitunter der wichtigste Bestandteil eines Gutachtens ist, wo Ausführlichkeit, Präzision und notwendige Vorsicht geboten sind, damit man nicht zu einer voreiligen (und damit oft auch falschen) Schlussfolgerung kommt. Hier wird das ganze in einem Satz abgehandelt. Außerdem geht es hier um "niedrige Beweggründe" iSd § 211 II 3. Alt StGB, welches ohnehin ein ziemlich weit gefasstes Mordmerkmal ist, was einer Eingrenzung bedarf, die hier nicht zu entnehmen ist.

Nora Mommsen

Nora Mommsen

22.4.2024, 18:06:13

Hallo GGL, danke dir für dein ausführliches Feedback! Es freut uns sehr, dass dir die App so toll gefällt. Grundsätzlich gilt natürlich immer, dass die Subsumtion die vorhandenen Informationen verwerten muss. Die Schwerpunktsetzung orientiert sich somit natürlich auch an der "Taklung" des Sachverhalts. Der vorliegenden Sachverhalt ist ausgesprochen kurz zu Trainingszwecken, sodass natürlich auch bei Verwertung aller Information nur wenige Sätze entstehen. Wir nehmen uns die Aufgabe aber nochmal zur Überarbeitung vor. Solltest du aber spezifisch niedrige Beweggründe üben wollen, gibt es einige tolle Aufgaben dazu. Umfassender sind im ganz allgemeinen die Fälle in der Rechtsprechungsübersicht. Dort wird der Fall unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten erarbeitet. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team


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