Strafrecht
BT 1: Totschlag, Mord, Körperverletzung u.a.
Mord, § 211 StGB
§ 28 StGB bei tatbezogenen Mordmerkmalen (2. Gruppe)
§ 28 StGB bei tatbezogenen Mordmerkmalen (2. Gruppe)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
A stiftet den T an, den O heimtückisch zu erschlagen. T tötet den O daraufhin, ohne jedoch heimtückisch zu handeln.
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Einordnung des Falls
§ 28 StGB bei tatbezogenen Mordmerkmalen (2. Gruppe)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Indem T den O tötete, hat er sich wegen Totschlags strafbar gemacht (§ 212 Abs. 1 StGB).
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Indem A den T zur Tat anstiftete, hat er sich wegen Anstiftung zum Totschlag (§§ 212 Abs. 1, 26 StGB) strafbar gemacht.
Ja!
3. A hat sich auch wegen Anstiftung zur heimtückischen Tötung (§§ 211 Abs. 2 Gr. 2 Var. 1, 26 StGB) strafbar gemacht.
Nein, das ist nicht der Fall!
4. A hat sich "nur" der Anstiftung zum Totschlag (§§ 212 Abs. 1, 26 StGB) strafbar gemacht.
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Isabell
15.1.2022, 12:48:53
Ich bin mir nicht ganz sicher, aber mehr Sinn würde die Frage machen, ob man T die Heimtücke zurechnen kann, oder? Bei 28-Konstellationen habe ich immer Knoten im Kopf 😅
Victor
15.1.2022, 19:28:51
§
28 StGBkommt hier theoretisch für beide Beteiligten in Betracht. Eine Prüfung macht jedoch nur im Hinblick auf A Sinn, da er ja eine heimtückische Begehung wünscht. Bei T ist das Merkmal ja offensichtlich nicht erfüllt.
Isabell
16.1.2022, 14:19:42
Wenn doch das Merkmal in A schon vorliegt, muss ich ihm doch nichts zurechnen 🤔
Victor
16.1.2022, 20:01:35
§
28 StGBrechnet nicht fremde Merkmale zu. Vielmehr wird kann ein Täter „nur“ einen Totschlag der Teilnehmer aber einen „Mord“ begangen haben. Die
Tathandlungwird zugerechnet. Aber nicht ein fremdes persönliches Merkmal. Das muss beim jeweiligen Beteiligten vorliegen.
Lukas_Mengestu
17.1.2022, 16:18:36
Hallo ihr beiden, wir haben die Aufgabe hier noch einmal überarbeitet und klargestellt, dass es nicht um eine Zurechnung geht. Vielmehr ist die Heimtücke des A im Rahmen der versuchten Anstiftung zu berücksichtigen. Die vollendete Anstiftung ist aufgrund der limitierten Akzessorietät dagegen begrenzt auf den Totschlag. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
blu
5.6.2024, 12:49:29
blu
5.6.2024, 12:53:01
A hat sich • A verwirklicht selbst das Mordmerkmal der
Habgier➔ deshalb ggf. Durchbrechung der Akzessorietät in Form einer
Tatbestandsverschiebungnach § 28 II StGB „hin zu“ à Anstiftung zum Mord und folgt man der h.L dann hat er sich strafbar gemacht wegen Anstiftung zum Mord, da er ja selbst ein MM verwirklich und sich die
Tatbestandsverschiebungin diesem Fall zuungunsten des A auswirkt
Skra8
10.6.2024, 15:42:14
Hi zusammen, vielleicht ist bei mir hier ein Denkfehler vorhanden, aber ist die Frage nach § 28 Abs. 1 und 2 StGB in diesem Kontext nicht verfehlt? Zunächst ist im vorliegenden Fall keine
Habgiergegeben, wie eben dargestellt, sondern es geht um das Mordmerkmal der Heimtücke im Rahmen des § 211 Abs. 2 Gr. 2 Var. 1 StGB. Meines Verständnisses nach stellt § 28 Abs. 1 und 2 StGB auf „
besondere persönliche Merkmale“ ab und entfaltet die Rechtswirkung entsprechend nur auf täterbezogene Mordmerkmale der ersten und dritten Gruppe.(MüKoStGB/Joecks/Scheinfeld, 4. Aufl. 2020, StGB § 28 Rn. 42; Schönke/Schröder/Heine/Weißer, 30. Aufl. 2019, StGB § 28 Rn. 15) Wenn solche Mordmerkmale der zweiten Gruppe, also tatbezogene Mordmerkmale, gegeben sind, erfolgt bei Kenntnis des Teilnehmers eine Zurechnung über §§ 26, 27 StGB.(MüKoStGB/Joecks/Scheinfeld, 4. Aufl. 2020, StGB § 28 Rn. 43) Entsprechend ist der Fall vom JuraFuchs-Team ziemlich gut gestellt, um gerade den Unterschied aufzuzeigen, wann §
28 StGBgreift und wann auf die Regelungen der §§ 26, 27 StGB zurückgegriffen werden muss. Korrigiert mich gerne, wenn ich vollkommen auf dem Holzweg bin! Liebe Grüße
Larissa3
30.9.2022, 19:17:37
Wie ist dann das Konkurrenzverhältnis von §§ 212, 26 und §§ 211, 30 I?
IsiRider
15.1.2023, 13:08:32
Ich glaube, sie bleiben nebeneinander bestehen, sonst würde dem Handlungsunwert von 211, 30 nicht Rechnung getragen.
Cosmonaut
17.1.2024, 12:30:15
Mich würde auch die Konkurrenzfrage interessieren: Wegen Handlungseinheit Idealkonkurrenz (Tateinheit, § 52) und kein Fall der
Gesetzeskonkurrenz, da verschiedener Unrechtsgehalt?
Natze
23.8.2024, 11:54:13
Amelie7
30.10.2024, 13:18:14
Müsste nach der Literaturansicht nicht eine Anstiftung zum Mord vorliegen? Oder wieso ist dies hier nicht so?
Leo Lee
3.11.2024, 10:59:18
Hallo Amelie7, vielen Dank für die sehr gute und wichtige Frage! In der Tat ist der Streit um 28 I und II kein einfacher, weil hier sehr viele Varianten vorkommen können. Wichtig ist zunächst, dass du dir merkst, dass sich die Literaturansicht nur den Hintermann (hier A) anschaut. Und genau in dieser Person muss ein Mordmerkmal vorliegen. Allerdings wird es immer so sein, dass der Hintermann lediglich subjektive Mordmerkmale (1. und 3. Gruppe) erfüllen wird, da die 2. Gruppe tatbezogene Merkmale sind. Bei der Heimtücke ist es so, dass man nicht "heimtückisch", sondern wenn schon nur ZUR Heimtücke anstiften kann. Insofern würde nach Literaturansicht A keine Mordmerkmale aufweisen (keine Angaben im SV), weshalb sie wegen
Anstiftung zum Totschlagzu bestrafen ist. Interessant ist hierbei, dass der BGH gem. 28 I die A sehr wohl wegen Anstiftung zum Mord bestrafen würde. Denn der BGH bestraft den Hintermann - SOWEIT ER UM DAS MM BEIM VORDERMANN WEIß!! - in Abhängigkeit zum Vordermann, mildert aber. D.h. also: 1. BGH bestraft nach 28 I die A wegen Anstiftung zum Mord + Milderung, weil sie um die Heimtücke wusste und hierzu auch anstiftete 2. Literatur bestraft nach 28 II die A "nur" wegen
Anstiftung zum Totschlag, weil A eben keine MMe aufweist :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo