Strafrecht
BT 1: Totschlag, Mord, Körperverletzung u.a.
Mord, § 211 StGB
§ 28 StGB bei tatbezogenen Mordmerkmalen (2. Gruppe)
§ 28 StGB bei tatbezogenen Mordmerkmalen (2. Gruppe)
6. Juli 2025
17 Kommentare
4,7 ★ (30.296 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
A stiftet den T an, den O heimtückisch zu erschlagen. T tötet den O daraufhin, ohne jedoch heimtückisch zu handeln.
Diesen Fall lösen 67,6 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
§ 28 StGB bei tatbezogenen Mordmerkmalen (2. Gruppe)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Indem T den O tötete, hat er sich wegen Totschlags strafbar gemacht (§ 212 Abs. 1 StGB).
Ja, in der Tat!
2. Indem A den T zur Tat anstiftete, hat er sich wegen Anstiftung zum Totschlag (§§ 212 Abs. 1, 26 StGB) strafbar gemacht.
Ja!
3. A hat sich auch wegen Anstiftung zur heimtückischen Tötung (§§ 211 Abs. 2 Gr. 2 Var. 1, 26 StGB) strafbar gemacht.
Nein, das ist nicht der Fall!
4. A hat sich "nur" der Anstiftung zum Totschlag (§§ 212 Abs. 1, 26 StGB) strafbar gemacht.
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Isabell
15.1.2022, 12:48:53
Ich bin mir nicht ganz sicher, aber mehr Sinn würde die Frage machen, ob man T die
Heimtückezurechnen kann, oder? Bei 28-Konstellationen habe ich immer Knoten im Kopf 😅
Victor
15.1.2022, 19:28:51
§
28 StGBkommt hier theoretisch für beide Beteiligten in Betracht. Eine Prüfung macht jedoch nur im Hinblick auf A Sinn, da er ja eine heimtückische Begehung wünscht. Bei T ist das Merkmal ja offensichtlich nicht erfüllt.

Isabell
16.1.2022, 14:19:42
Wenn doch das Merkmal in A schon vorliegt, muss ich ihm doch nichts zurechnen 🤔
Victor
16.1.2022, 20:01:35
§
28 StGBrechnet nicht fremde Merkmale zu. Vielmehr wird kann ein Täter „nur“ einen Totschlag der Teilnehmer aber einen „Mord“ begangen haben. Die Tathandlung wird zugerechnet. Aber nicht ein fremdes persönliches Merkmal. Das muss beim jeweiligen Beteiligten vorliegen.

Lukas_Mengestu
17.1.2022, 16:18:36
Hallo ihr beiden, wir haben die Aufgabe hier noch einmal überarbeitet und klargestellt, dass es nicht um eine Zurechnung geht. Vielmehr ist die
Heimtückedes A im Rahmen der versuchten Anstiftung zu berücksichtigen. Die vollendete Anstiftung ist aufgrund der limitierten
Akzessorietätdagegen begrenzt auf den Totschlag. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
blu
5.6.2024, 12:49:29
blu
5.6.2024, 12:53:01
A hat sich • A verwirklicht selbst das Mordmerkmal der
Habgier➔ deshalb ggf. Durchbrechung der
Akzessorietätin Form einer
Tatbestandsverschiebungnach § 28 II StGB „hin zu“ à Anstiftung zum Mord und folgt man der h.L dann hat er sich strafbar gemacht wegen Anstiftung zum Mord, da er ja selbst ein MM verwirklich und sich die
Tatbestandsverschiebungin diesem Fall zuungunsten des A auswirkt

Skra8
10.6.2024, 15:42:14
Hi zusammen, vielleicht ist bei mir hier ein Denkfehler vorhanden, aber ist die Frage nach § 28 Abs. 1 und 2 StGB in diesem Kontext nicht verfehlt? Zunächst ist im vorliegenden Fall keine
Habgiergegeben, wie eben dargestellt, sondern es geht um das Mordmerkmal der
Heimtückeim Rahmen des § 211 Abs. 2 Gr. 2 Var. 1 StGB. Meines Verständnisses nach stellt § 28 Abs. 1 und 2 StGB auf „besondere persönliche Merkmale“ ab und entfaltet die Rechtswirkung entsprechend nur auf täterbezogene
Mordmerkmaleder ersten und dritten Gruppe.(MüKoStGB/Joecks/Scheinfeld, 4. Aufl. 2020, StGB § 28 Rn. 42; Schönke/Schröder/Heine/Weißer, 30. Aufl. 2019, StGB § 28 Rn. 15) Wenn solche
Mordmerkmaleder zweiten Gruppe, also tatbezogene
Mordmerkmale, gegeben sind, erfolgt bei Kenntnis des Teilnehmers eine Zurechnung über §§ 26,
27 StGB.(MüKoStGB/Joecks/Scheinfeld, 4. Aufl. 2020, StGB § 28 Rn. 43) Entsprechend ist der Fall vom JuraFuchs-Team ziemlich gut gestellt, um gerade den Unterschied aufzuzeigen, wann §
28 StGBgreift und wann auf die Regelungen der §§ 26,
27 StGBzurückgegriffen werden muss. Korrigiert mich gerne, wenn ich vollkommen auf dem Holzweg bin! Liebe Grüße
Larissa3
30.9.2022, 19:17:37
Wie ist dann das Konkurrenzverhältnis von §§ 212, 26 und §§ 211, 30 I?
IsiRider
15.1.2023, 13:08:32
Ich glaube, sie bleiben nebeneinander bestehen, sonst würde dem Handlungsunwert von 211, 30 nicht Rechnung getragen.

Cosmonaut
17.1.2024, 12:30:15
Mich würde auch die Konkurrenzfrage interessieren: Wegen Handlungseinheit Idealkonkurrenz (Tateinheit, § 52) und kein Fall der
Gesetzeskonkurrenz, da verschiedener Unrechtsgehalt?

Natze
23.8.2024, 11:54:13
Wurde denn nicht der Vorsatz verbraucht bzgl der vollendeten Anstiftung zum Totschlag?
HanDerenoglu
13.1.2025, 19:10:55
Kann jemand antworten
Flow
7.3.2025, 13:00:40
Wenn ich das richtig sehe, dann nein: Ursprüngliche Idee der A war ja der
Heimtückemord der ihr aber aufgrund der limitierten
Akzessorietätnicht zugerechnet werden kann. Das ist ja ihr eigentlicher Vorsatz den sie nicht umgesetzt bekommt, weil der T dieses tatbezogene Merkmal nicht erfüllt. Ihrerseits hat sie aber alles
notwendigegetan um die Antstiftung zum Mord mit
Heimtückezu vollenden, letzteres scheitert aber am Willen des T woraus sich dann ergibt, dass es nur
versuchte Anstiftungzum Mord ist (211,
30 I StGB). Die Anstiftung zum Totschlag ergibt sich wie oben beschrieben als Folge der lim. Akzess., weil die Haptat ein Totschlag ist und der Anstifter gleich dem Täter bestraft wird (212 I,
26 StGB). Verbrauch in dem Sinne gibt es dann hier nicht, sie hat ja nicht noch eine weitere Intention mehr oder anderes Unrecht zu begehen. Korrigiert mich bitte, wenn ich falsch liege, so verstehe ich das aber. :)
Amelie7
30.10.2024, 13:18:14
Müsste nach der Literaturansicht nicht eine Anstiftung zum Mord vorliegen? Oder wieso ist dies hier nicht so?
Leo Lee
3.11.2024, 10:59:18
Hallo Amelie7, vielen Dank für die sehr gute und wichtige Frage! In der Tat ist der Streit um 28 I und II kein einfacher, weil hier sehr viele Varianten vorkommen können. Wichtig ist zunächst, dass du dir merkst, dass sich die Literaturansicht nur den Hintermann (hier A) anschaut. Und genau in dieser Person muss ein Mordmerkmal vorliegen. Allerdings wird es immer so sein, dass der Hintermann lediglich subjektive
Mordmerkmale(1. und 3. Gruppe) erfüllen wird, da die 2. Gruppe tatbezogene Merkmale sind. Bei der
Heimtückeist es so, dass man nicht "heimtückisch", sondern wenn schon nur ZUR
Heimtückeanstiften kann. Insofern würde nach Literaturansicht A keine
Mordmerkmaleaufweisen (keine Angaben im SV), weshalb sie wegen Anstiftung zum Totschlag zu bestrafen ist. Interessant ist hierbei, dass der BGH gem. 28 I die A sehr wohl wegen Anstiftung zum Mord bestrafen würde. Denn der BGH bestraft den Hintermann - SOWEIT ER UM DAS MM BEIM VORDERMANN WEIß!! - in Abhängigkeit zum Vordermann, mildert aber. D.h. also: 1. BGH bestraft nach 28 I die A wegen Anstiftung zum Mord + Milderung, weil sie um die
Heimtückewusste und hierzu auch anstiftete 2. Literatur bestraft nach 28 II die A "nur" wegen Anstiftung zum Totschlag, weil A eben keine MMe aufweist :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
Tom1234
3.6.2025, 16:23:20
Stehen 212, 26 und 211,
30 StGBdann hier in Tateinheit (52 StGB), weil die Schwere der versucht angestifteten Tat (211) über die tatsächliche Tat (212) hinausgeht? Oder wird die
versuchte Anstiftungverdrängt?