Ärztlicher Heileingriff - Willensmangel
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
B wird mit einer lebensbedrohlichen Blinddarmentzündung ins Krankenhaus eingeliefert. Arzt A teilt ihm mit, dass er den Blinddarm entfernen muss. Er sichert B zu, dass eine solche Operation absolut risikofrei sei, was jedoch nicht stimmt. B unterschreibt die Einwilligungserklärung und A führt die Operation fehlerfrei durch.
Einordnung des Falls
Ärztlicher Heileingriff - Willensmangel
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Nach h.M. ist ein ärztlicher Heileingriff eine tatbestandsmäßige Körperverletzung.
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Genau, so ist das!
2. B hat in die Operation wirksam eingewilligt, sodass eine Bestrafung des A wegen Körperverletzung (§ 223 Abs. 1 StGB) entfällt.
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Nein, das trifft nicht zu!
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Jenny Uni HH
3.5.2020, 18:52:47
Da die Situation lebensbedrohlich war dürfte jedoch eine mutmaßliche mindestens eine hypothetische Einwilligung in Betracht kommen?
Abcdef
19.5.2020, 18:12:49
Eine mutmaßliche Einwilligung scheidet aus, da die tatsächliche irrtumsfreie Einwilligung einzuholen gewesen wäre. Ist nicht klar, wie der Patient reagiert hätte, kann eine hypothetische Einwilligung angenommen werden, was hier aufgrund der lebensbedrohlichen Situation auch nahe liegt. Tlws. wird aber um den Patienten und die ärztliche Aufklärung zu sichern, eine solche hypothetische Einwilligung abgelehnt. Die aktuelle Betonung des Selbstbestimmungsrechts des Patienten spricht jedoch dafür, dass – solange, anders als hier, keine Lebensgefahr gegeben ist – der Arzt den Patienten über die potentiellen Behandlungsmaßnahmen aufklären und eine Entscheidung abwarten muss.
Faby
27.4.2023, 20:51:46
Wenn hier eine hypothetische Einwilligung angenommen werden kann, dann wäre der Arzt ja gerechtfertigt und der letzte Satz in der Lösung, dass er wegen Körperverletzung strafbar ist, wäre falsch. Vielleicht kann das Jurafuchs-Team dazu noch etwas sagen bzw. die Lösung anpassen/ergänzen?
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Feuerbach Abi
18.2.2024, 14:56:32
Würde auch gerne eine genauere Begründung hören wieso die hypothetische Einwilligung ausgeschlossen wird. Aufgrund der lebensbedrohlichen Ausgangslage scheint mir eine ausführlichere Begründung geboten. Wird eventuell vertreten, dass bei einer Täuschung bzw. unrichtigen Aufklärung über die Tatsachen eine hypothetische Einwilligung von vornherein ausscheidet um das Selbstbestimmungsrecht des Patienten gebührend Rechnung zu Tragen ?
TubaTheo
11.6.2024, 13:37:39
Das Problem besteht in diesem Fall darin, dass die OP nicht völlig risikofrei ist. Demnach besteht die Möglichkeit, dass der Patient seine Einwilligung bei richtiger Aufklärung eben nicht gegeben hätte (so wie es in einem vorherigen Fall war; der Patient darf selbst entscheiden, ob er die OP will oder an seiner Erkrankung stirbt). Anders ist der Fall, wenn - wie bei der Nasen-OP im Fall vorher - die OP völlig risikofrei ist. Dann ist trotz fehlerhafter Aufklärung die hypothetische Einwilligung anzunehmen.