Strafrecht
BT 1: Totschlag, Mord, Körperverletzung u.a.
Vorsätzliche Körperverletzung, § 223 StGB
Ärztlicher Heileingriff - Willensmangel
Ärztlicher Heileingriff - Willensmangel
16. April 2025
9 Kommentare
4,7 ★ (16.246 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
B wird mit einer lebensbedrohlichen Blinddarmentzündung ins Krankenhaus eingeliefert. Arzt A teilt ihm mit, dass er den Blinddarm entfernen muss. Er sichert B zu, dass eine solche Operation absolut risikofrei sei, was jedoch nicht stimmt. B unterschreibt die Einwilligungserklärung und A führt die Operation fehlerfrei durch.
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Einordnung des Falls
Ärztlicher Heileingriff - Willensmangel
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Nach h.M. ist ein ärztlicher Heileingriff eine tatbestandsmäßige Körperverletzung.
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. B hat in die Operation wirksam eingewilligt, sodass eine Bestrafung des A wegen Körperverletzung (§ 223 Abs. 1 StGB) entfällt.
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Jenny Uni HH
3.5.2020, 18:52:47
Da die Situation lebensbedrohlich war dürfte jedoch eine mutmaßliche mindestens eine
hypothetische Einwilligungin Betracht kommen?
Abcdef
19.5.2020, 18:12:49
Eine mutmaßliche Einwilligung scheidet aus, da die tatsächliche irrtumsfreie Einwilligung einzuholen gewesen wäre. Ist nicht klar, wie der Patient reagiert hätte, kann eine
hypothetische Einwilligungangenommen werden, was hier aufgrund der lebensbedrohlichen Situation auch nahe liegt. Tlws. wird aber um den Patienten und die ärztliche Aufklärung zu sichern, eine solche
hypothetische Einwilligungabgelehnt. Die aktuelle Betonung des Selbstbestimmungsrechts des Patienten spricht jedoch dafür, dass – solange, anders als hier, keine Lebensgefahr gegeben ist – der Arzt den Patienten über die potentiellen Behandlungsmaßnahmen aufklären und eine Entscheidung abwarten muss.
Faby
27.4.2023, 20:51:46
Wenn hier eine
hypothetische Einwilligungangenommen werden kann, dann wäre der Arzt ja gerechtfertigt und der letzte Satz in der Lösung, dass er wegen Körperverletzung strafbar ist, wäre falsch. Vielleicht kann das Jurafuchs-Team dazu noch etwas sagen bzw. die Lösung anpassen/ergänzen?

Friedrich CarI von Savigny
18.2.2024, 14:56:32
Würde auch gerne eine genauere Begründung hören wieso die
hypothetische Einwilligungausgeschlossen wird. Aufgrund der lebensbedrohlichen Ausgangslage scheint mir eine ausführlichere Begründung geboten. Wird eventuell vertreten, dass bei einer Täuschung bzw. unrichtigen Aufklärung über die
Tatsacheneine
hypothetische Einwilligungvon vornherein ausscheidet um das Selbstbestimmungsrecht des Patienten gebührend Rechnung zu Tragen ?
TubaTheo
11.6.2024, 13:37:39
Das Problem besteht in diesem Fall darin, dass die OP nicht völlig risikofrei ist. Demnach besteht die Möglichkeit, dass der Patient seine Einwilligung bei richtiger Aufklärung eben nicht gegeben hätte (so wie es in einem vorherigen Fall war; der Patient darf selbst entscheiden, ob er die OP will oder an seiner Erkrankung stirbt). Anders ist der Fall, wenn - wie bei der Nasen-OP im Fall vorher - die OP völlig risikofrei ist. Dann ist trotz fehlerhafter Aufklärung die
hypothetische Einwilligunganzunehmen.
Magnum
21.1.2025, 14:33:06
Ich finde in dem Kapitel die Unterschiede zwischen der mutmaßlichen und der hypothetischen Einwilligung nicht besonders klar aufbereitet. Speziell, wann die zweite Anwendung findet ist mir nicht wirklich klar geworden. Vielleicht können diesbezüglich ja noch ein paar Fälle hinzugefügt werden.

Dodo S.
25.3.2025, 17:50:50
Hallo Magnum, vielen Dank für Deinen Vorschlag! Wir haben ihn notiert und werden in einer der nächsten Redaktionssitzungen prüfen, inwiefern wir hierzu unsere Lerninhalte entsprechend anpassen bzw. noch weitere Aufgaben mit aufnehmen können. Beste Grüße, Dodo Shi, für das Jurafuchs-Team