Klarer Fall einer körperlichen Misshandlung und einer Gesundheitsschädigung durch Unterlassen


+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

B leidet an einer schweren Krebserkrankung. Ihr behandelnder Arzt A unterlässt absichtlich die gebotene Behandlung. Der Tumor der B wächst weiter, was zu zunehmenden Schmerzen führt.

Einordnung des Falls

Klarer Fall einer körperlichen Misshandlung und einer Gesundheitsschädigung durch Unterlassen

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Indem A die gebotene Behandlung unterlässt, hat er die B körperlich misshandelt (§§ 223 Abs. 1 Var. 1, 13 Abs. 1 StGB).

Diese Rechtsfrage lösen [...Wird geladen] der Jurist:innen in Studium und Referendariat richtig.

...Wird geladen

Ja!

Eine körperliche Misshandlung kann auch durch Unterlassen begangen werden, wenn die Voraussetzungen des § 13 StGB erfüllt sind, d.h. der Täter eine Garantenstellung gegenüber dem Opfer hat. Der Täter ist dann strafbar wegen Körperverletzung durch Unterlassen (§§ 223 Abs. 1, 13 Abs. 1 StGB). Unterlässt der Arzt eine gebotene Behandlung gegenüber seinem Patienten, verletzt er seine Schutzpflichten und handelt garantenpflichtwidrig (Beschützergarant). Der Tumor der B wächst weiter und sie hat zunehmend starke Schmerzen, womit ihre körperliche Unversehrtheit nicht nur unerheblich beeinträchtigt ist (körperliche Misshandlung).

2. Indem A die gebotene Behandlung unterlässt, hat er die B auch an der Gesundheit geschädigt (§§ 223 Abs. 1 Var. 2, 13 Abs. 1 StGB).

Diese Rechtsfrage lösen [...Wird geladen] der Jurist:innen in Studium und Referendariat richtig.

...Wird geladen

Genau, so ist das!

Eine Gesundheitsschädigung, also insbesondere das Steigern eines pathologischen Zustands, ist auch durch Unterlassen möglich. Arzt A hat die gebotene Behandlung unterlassen und damit den pathologischen Zustand der B gesteigert. A hat somit auch eine Gesundheitsschädigung durch Unterlassen (§§ 223 Abs. 1 Var. 2, 13 Abs. 1 StGB) begangen. Die beiden Tatbestandsvarianten stehen zueinander in Tateinheit (§ 52 StGB), sodass A eine Körperverletzung durch Unterlassen (§§ 223 Abs. 1, 13 Abs. 1 StGB) begangen hat.

Jurafuchs kostenlos testen

© Jurafuchs 2024