Unrechtszweifel-Rechtsprechung 6
3. Juni 2025
9 Kommentare
4,7 ★ (6.382 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

T ist Gewohnheitsverbrecher und begeht nachts regelmäßige Diebstähle und Raubtaten. Eines Tages wird er bei einem Diebstahl erwischt und äußert nur, dass er nichts anderes kennt und auch kein Unrecht darin erkennen kann.
Diesen Fall lösen 76,4 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Unrechtszweifel-Rechtsprechung 6
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. T hatte bei Tatbegehung die Einsicht, unrechtmäßig zu handeln.
Nein!
Jurastudium und Referendariat.
2. Konnte T den Irrtum vermeiden?
Genau, so ist das!
Fundstellen
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Jonas Neubert
14.8.2023, 12:12:00
Es erscheint als schwierig zu begründen, warum man Roxin hier nicht folgt. Was sagt diesbezüglich die Rechtsprechung?
Leo Lee
18.8.2023, 11:46:09
Hallo Jura für Alle, die Begründung der Rechtsprechung - genauer gesagt BGHSt 2, 194 Rn. 29 - scheint in der Tat etwas seltsam. Leider gibt es nach dieser Entscheidung keine Entscheidungen mehr (die zumindest öffentlich aufrufbar sind), die etwa auf die Ansicht Roxin eingehen :). Liebe Grüße - für das Jurafuchsteam - Leo
Robinski
28.6.2024, 19:06:04
Ich verstehe nicht ganz
was mit dem Punkt: Aufhebung der Konstruktion Übernahme
schuldgenau gemeint ist. Ich stehe da etwas auf dem Schlauch ^^'

Tim Gottschalk
9.5.2025, 15:19:24
Hallo @[Robinski](194197), damit ist folgendes gemeint: Anerkannt sowohl in Rechtsprechung als auch in Literatur ist das Konstrukt der Übernahme
schuld. Dieses besagt, dass jemand, den bei Ausführung einer Tätigkeit keine
Schuldtrifft, sich damit nicht der Strafbarkeit entziehen kann, wenn er selbst diese Lage
schuldhaft herbeigeführt hat. Ein Beispiel wäre der medizinisch unerfahrene A, der sich unter Vor
täuschungbestimmter Zeugnisse etc. eine Stelle als Chefarzt erschleicht. Bei einer OP macht er jetzt wegen seiner fehlenden Kenntnisse fahrlässig einen Fehler. Bei der Prüfung der subjektiven
Vorwerfbarkeitwürde man nun hinsichtlich der OP selbst aussteigen müssen, da der A diese aufgrund seiner fehlenden Kenntnisse nicht besser hätte durchführen können. Deswegen knüpft man stattdessen daran an, dass es fahrlässig vom A war, überhaupt die OP durchzuführen, obwohl er hätte erkennen können, dass er dafür nicht hinreichend qualifiziert ist und es infolgedessen zu Fehlern kommen kann. Das nennt man Übernahme
schuld. Die Literatur meint bezogen auf unseren Fall nun, dass die "Lebensführungs
schuld" des BGH zu weit geht, weil man diese ja immer heranziehen könnte und es die Übernahme
schuld, die für ähnliche Zwecke etabliert wurde, aber inhaltlich strengere Voraussetzungen hat, überflüssig machen würde. Liebe Grüße Tim - für das Jurafuchs-Team
Moritz
29.5.2025, 22:57:51
So wie ich es verstanden habe ist es im Prinzip eine Art "Vorver
schulden". Dem Täter wird also vorgeworfen, dass er sich nicht bereits früher (z.B. mit Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit) hinreichend mit den rechtlichen relevanten Regelungen befasst hat. Inwiefern das aber auf einen Gewohnheitsverbrecher zutrifft, erscheint mir auch fraglich.
Moritz
29.5.2025, 23:00:49
Aber letztendlich wäre es hier sowieso überzeugender, bereits das Unrechtsbewusstsein zu bejahen. Denn auch der Gewohnheitsverbrecher weiß natürlich, dass sein Verhalten Widerrechtlich ist, auch wenn er subjektiv andere Wertvorstellungen haben mag.