Strafrecht

Strafrecht Allgemeiner Teil

Schuld

Unrechtszweifel-Rechtsprechung 8

Unrechtszweifel-Rechtsprechung 8

2. Juli 2025

11 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T ist der Vater von O und glaubt an ein elterliches Züchtigungsrecht. Als dieser ihn eines Tages reizt, beschließt er, diesem abends kräftige Hiebe auf den Hintern zu geben. T versucht nicht, vorab einen der 35 Anwälte in seiner Stadt zu erreichen. 20 davon hätten ihm die Rechtmäßigkeit aber ohnehin bescheinigt.

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Einordnung des Falls

Unrechtszweifel-Rechtsprechung 8

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. T hat eine rechtswidrige Körperverletzung begangen.

Ja!

Die Hiebe stellen eine üble, unangemessene Behandlung dar, die Os körperliche Unversehrtheit mehr als nur unerheblich beeinträchtigt. Ein Züchtigungsrecht der Eltern existiert nicht mehr. Die ursprünglichen entsprechenden Normen in §§ 1626 und 1631 BGB aF sind im Jahr 2000 entfallen und wurden durch § 1631 Abs. 2 BGB ersetzt, der den Kindern ein Recht auf gewaltfreie Erziehung zugesteht. Die Körperverletzung erfolgte somit auch rechtswidrig.
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2. T hatte bei Tatbegehung die Einsicht ,unrechtmäßig zu handeln.

Nein, das ist nicht der Fall!

Unrechtseinsicht ist die Erkenntnis der Rechtswidrigkeit der Tat, mithin das Einsehen, dass die Tat vom Gesetz verboten wird. T geht von einem elterlichen Züchtigungsrecht als Rechtfertigungsgrund aus und unterliegt daher einem Erlaubnisirrtum.

3. Hätte T den Irrtum vermeiden können?

Nein, das trifft nicht zu!

Vermeidbar ist ein Verbotsirrtum, wenn der Täter nach den Umständen des Falles, seiner Persönlichkeit sowie seines Lebens- und Berufskreises zuzumutenden Anspannung des Gewissens die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens hätte erkennen können Vorliegend hätte ein Großteil der Anwälte den T falsch beraten. Die Frage ist daher, wie die Kausalität zu bestimmen ist. Geht man in dubio pro reo vor, dann kann nicht ausgeschlossen werden, dass T bei hinreichender Erfüllung seiner Sorgfaltspflicht an einen der 20 Anwälte geraten wäre, die ihn falsch beraten hätte. Teilweise wird auch ein Maßstab vertreten, der der Risikoerhöhungslehre entspricht: Dadurch, dass T seine Sorgfaltspflicht nicht erfüllt hat, hat er die sonst bestehende Möglichkeit zur Einsicht ausgeschlossen, was als Schuldvorwurf ausreichend ist. Die wohl herrschende Meinung in der Literatur vertritt den Ansatz im Zweifel für den Angeklagten zu entscheiden.
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