Zivilrechtliche Nebengebiete

Erbrecht

Gesetzliche Erbfolge

Einfluss der Zugewinngemeinschaft auf den Erbteil (Fall 2)

Einfluss der Zugewinngemeinschaft auf den Erbteil (Fall 2)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

E und seine Ehefrau M leben im Güterstand der Zugewinngemeinschaft und haben eine Tochter. E verstirbt. Schon zu Beginn der Ehe besaß E €100.000, M war vermögenslos. Der Zugewinn der M über die zehn Ehejahre beträgt €100.000. E hat sich um den Haushalt gekümmert und keinen Zugewinn erzielt.

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Einordnung des Falls

Einfluss der Zugewinngemeinschaft auf den Erbteil (Fall 2)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Da M den höheren Zugewinn erzielt hat, wäre sie eigentlich dem E gegenüber ausgleichspflichtig gewesen.

Ja!

Die Zugewinngemeinschaft beruht auf dem Gedanken, dass das während der Ehe erwirtschaftete Vermögen nicht nur auf der Leistung des berufstätigen, sondern auch auf der Leistung des haushaltsführenden Ehegatten beruht. Dementsprechend sollen beide Ehegatten gleichermaßen an diesem Vermögen beteiligt werden, indem nach Auflösung der Ehe dem Ehegatten dessen Zugewinn geringer ist, ein schuldrechtlicher Ausgleichsanspruch in Höhe der Hälfte des Überschusses nach § 1378 BGB zusteht. Nur M hat einen Zugewinn in Höhe von €100.000 erzielt. Bei Auflösung der Ehe hätte E somit einen Ausgleichsanspruch in Höhe von €50.000 zugestanden.
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2. Der gesetzliche Erbteil der M beträgt nur ¼, da ihr mangels Zugewinnes des E kein Ausgleichsanspruch zusteht.

Nein, das ist nicht der Fall!

Neben Abkömmlingen des Erblassers ist dessen überlebender Ehegatte zu ¼ gesetzlicher Erbe. Allerdings führt § 1371 Abs. 1 BGB zu einer pauschalen Erhöhung des gesetzlichen Erbteils des Ehegatten um ein Viertel unabhängig davon, ob oder durch wen und in welcher Höhe ein überhaupt ein Zugewinn erzielt wurde. Auch wenn E keinen Zugewinn erzielt hat und eigentlich selbst einen Anspruch gegenüber M gehabt hätte, ist § 1371 Abs. 1 BGB anwendbar. Der gesetzliche Erbteil der M beträgt daher insgesamt ½. Sie erbt somit €50.000.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

TeamRahad 🧞

TeamRahad 🧞

16.8.2021, 08:48:56

Den letzten Satz verstehe ich nicht. Wieso erbt F 50k, wenn E am Anfang der Ehe vermögenslos war und keinen Zugewinn erzielt hat? Dann müsste E doch immer noch vermögenslos sein und F 50% von 0, also 0 erben, oder?

TAY

Taylaw

9.9.2021, 16:47:52

Nein, F bekommt hier tatsächlich 50.000€. Anders als beim normalen Zugewinnausgleich ist es im Erbrecht so, dass der Zugewinn pauschaliert wird. Es kommt dabei gerade nicht darauf an, wer wann wieviel Zugewinn gemacht hat. Das kann man auch am Wortlaut des § 1371 festmachen, der allein davon spricht, dass sich der Erbteil des Ehegatten um 1/4 *der Erbschaft* erhöht – es wird gerade nicht auf den Zugewinn des Verstorbenen abgestellt. Das Erbe des F setzt sich damit aus 1/4 (gesetzlich) + 1/4 (pauschalierter Zugewinn) zusammen :)

TeamRahad 🧞

TeamRahad 🧞

9.9.2021, 17:45:52

Danke Taylaw, das mit der 50%-Erbquote habe ich schon verstanden :) ändert aber nichts daran, dass E vermögenslos ist, die 100k Vermögen gehören doch F laut Sachverhalt

TAY

Taylaw

9.9.2021, 20:54:18

Ahh, jetzt sehe ich was du meinst und meinen Gedankenfehler – sorry! Du hast absolut Recht. Prinzipiell wäre es ja nach der Sachverhaltskonstellation gerade so, dass F ihr eigenes Vermögen erbt und das macht in der Tat keinen Sinn. mEn ließe sich die Problematik besser darstellen, würde man E einen Zugewinn von bspw 10.000€ andichten. Bei einer Scheidung hätte F so zwar keinen Anspruch auf Zugewinnausgleich, da ihr Zugewinn den des E deutlich übersteigt, bei einem Erbfall würde sie aber trotzdem den pauschalierten Zugewinn von 1/4, also insgesamt also 1/2 erben.

TeamRahad 🧞

TeamRahad 🧞

9.9.2021, 21:12:04

Jo genau, irgendein Vermögen müsste der E haben damits Sinn ergibt 😊

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

18.11.2021, 10:23:31

Vielen Dank euch beiden! Ihr habt natürlich vollkommen recht, dass F hier nicht ihr eigenes Vermögen erben kann. Wir haben den Sachverhalt dahingehend angepasst, dass E nun mit 100.000€ in die Ehe startet. Dann hat er zwar weiterhin keinen Zugewinn, aber F kann nun von ihm etwas erben. Beste Grüße, Lukas- für das Jurafuchs-Team


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