Zivilrechtliche Nebengebiete

Erbrecht

Gesetzliche Erbfolge

Einfluss der Zugewinngemeinschaft auf den Erbteil (Fall 3)

Einfluss der Zugewinngemeinschaft auf den Erbteil (Fall 3)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Der Erblasser E und seine Ehefrau F leben im Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Sie haben zwei Kinder. Infolge eines Unfalls verstirbt E plötzlich und unerwartet. Bei Eingehung der Ehe hatten beide kein Vermögen. Der Zugewinn des E über die zehn Ehejahre beträgt €100.000. F hat sich um den Haushalt gekümmert und konnte daher keinen Zugewinn erzielen.

Diesen Fall lösen 72,6 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Einordnung des Falls

Einfluss der Zugewinngemeinschaft auf den Erbteil (Fall 3)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. F erbt von ihrem Ehegatten €50.000.

Ja, in der Tat!

Neben Abkömmlingen des Erblassers ist dessen überlebender Ehegatte zu ¼ gesetzlicher Erbe, § 1931 BGB. Allerdings erhöht sich im Falle der Zugewinngemeinschaft der gesetzliche Erbteil des überlebenden Ehegatten pauschal um ein Viertel der Erbschaft, § 1371 Abs. 1 BGB. Der gesetzliche Erbteil der F beträgt somit insgesamt ½. Ihr stehen aus dem Nachlass daher 50.000 € zu.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. Die Ausschlagung der Erbschaft würde sich für F finanziell lohnen.

Ja!

Mit Ausschlagung der Erbschaft kann der überlebende Ehegatte den güterrechtlichen Ausgleich des Zugewinns beanspruchen. Daneben hat er Anspruch auf den kleinen Pflichtteil nach der Regelung des § 1371 Abs. 2 BGB, wobei die Nachlassverbindlichkeiten zur Berechnung abgezogen werden. Der Nachlass des E besteht aus reinem Zugewinn. F erhält bereits über den Zugewinnausgleich die Hälfte seines Vermögens. Dazu kommt noch der Pflichtteilsanspruch in Höhe von 1/8 des Nachlasswertes. Der Nachlasswert beträgt nach Abzug des Zugewinnausgleichsanspruchs €50.000. F erhält also weitere €6.250, insgesamt also €56.250. Bei Annahme der Erbschaft hätte sie nur €50.000 erhalten, sodass die Ausschlagung sich für F finanziell lohnt.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

Jurafuchs kostenlos testen


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

simp4zuko

simp4zuko

15.8.2021, 09:33:30

Wie kommt man auf das 1/8 des Nachlasswerts für den Pflichtteilsanspruch?

TeamRahad 🧞

TeamRahad 🧞

16.8.2021, 08:58:09

Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils, 2303 II, I 2. Gem. 1371 II Hs. 2 ist für die Berechnung im vorliegenden Fall der nicht erhöhte gesetzliche Erbteil maßgeblich für die Berechnung, also der gesetzliche Erbteil ohne pauschale Erhöhung um 1/4 nach 1371 I Hs1. Nach 1931 I 1 beträgt der gesetzliche Erbteil 1/4. 1/2 * 1/4 = 1/8

simp4zuko

simp4zuko

16.8.2021, 09:16:47

Ah top vielen Dank🙌🏻 Dass man nach 1371 II Hs.2 nur vom ursprünglichen (nicht erhöhten) gesetzlichen Erbteil ausgeht, hatte ich übersehen. Jetzt ist alles klar! 👌🏼

Klima-Kleber

Klima-Kleber

20.6.2023, 13:18:41

schreibt sowas doch direkt mit in die Erklärung

Juratiopharm

Juratiopharm

17.2.2022, 13:37:15

Ich verstehe 1371 "nicht gesetzliche erhöhter Erbteil" immer als 1/4 nach 1931. Und wenn ausgeschlagen wird, erbe ich ja nichts - und nicht nur bloß den Pflichtteil, oder nicht? Wo biege ich falsch ab?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

21.2.2022, 13:56:07

Hallo Juratiopharm, der "nicht gesetzliche erhöhte Erbteil" (§ 1371 Abs. 2 BGB) ist lediglich der Ausgangspunkt der Berechnung des Pflichtteils. Richtig ist, dass es sich hierbei um 1/4 handelt. Diesen Erbteil musst Du jetzt aber noch halbieren, um beim Pflichtteil zu landen (§ 2301 Abs. 1 S. 2 BGB), dies ergibt dann 1/8. Richtig ist auch, dass grundsätzlich das Ausschlagen der Erbschaft dazu führt, dass man keinen Pflichtteil geltend machen kann. Davon macht aber § 1371 Abs. 3 BGB explizit eine Ausnahme, sodass der ausschlagende Ehegatte dennoch seinen Pflichtteil geltend machen kann. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

HARE

HaRe

16.2.2023, 09:42:10

Die Aussage "erbt 50.000 Euro" sehe ich im Hinblick auf die entstehende Erbengemeinschaft als nicht korrekt an. Allenfalls könnte man es so formulieren, dass ihr wirtschaftlich gesehen 50.000 Euro am Nachlass zustehen.

Nora Mommsen

Nora Mommsen

16.2.2023, 10:48:05

Hallo DeRe, danke für deinen Vorschlag. Wir haben die Formulierung nun geändert. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

Anna-Lena.2002

Anna-Lena.2002

14.5.2023, 15:06:06

Wie zur Hölle kann ich einschätzen, ob sich das finanziell für F lohnt, wenn ich nicht weiß, wie viel beim Erbe drin gewesen wäre… also dahingehend ist der Fall echt unschön.

Carl Wagner

Carl Wagner

14.5.2023, 17:32:25

Vielen Dank für deine Frage Anna-Lena.2002! Da E bei Eingehung der Ehe kein Vermögen hatte, ist der erreichte Zugewinn (100.000 €) identisch mit dem Vermögen, dass vererbt wird (100.000 €). Viele Grüße - Carl für das Jurafuchs-Team

ASA

asanzseg

16.6.2023, 13:08:12

Also ich sehe das genauso wie Anna-Lena. Mit der bloßen aussage er hätte einen Zugewinn erwirtschaftet lässt sich aus dem Sachverhalt erstmal nicht schließen dass das mit dem Veerbten Vermögen identisch ist.

MLENA

MLena

26.3.2024, 10:18:12

Das kann man meiner Ansicht nach schon aus dem SV schließen, falls noch mehr vererbt werden würde, wären natürlich weitere Angaben im SV ;)

DIAA

Diaa

16.10.2023, 09:00:09

Hey, ich finde die erste Frage ein bisschen verwirrend. Denn gesetzlich erbt der Ehegatte 1/4 und später kommt der zweite 1/4 dazu.

SE.

se.si.sc

16.10.2023, 09:19:19

In gewissem Umfang ist die Verwirrung dem System geschuldet, weil § 1

371 BGB

eben auch das Ehegattengüterrecht und das Erbrecht in gewisser Weise vermengt. Dennoch finde ich die Frage zumindest für den vorliegenden Fall richtig und präzise gestellt. Zunächst spricht § 1371 I BGB explizit davon, dass die Anrechnung durch Erhöhung des gesetzlichen Erbteils geschieht, 1/4 aus § 1

371 BGB

wird also dem gesetzlichen Erbteil zugeschlagen, sodass man mE durchaus sagen kann, dass auch dieser Teil "geerbt" wird. So sieht es jedenfalls für die Frage der Anknüpfung nach der EuErbVO auch der EuGH (C-558/16 - Mahnkopf), der in einer Vorschrift wie § 1371 I BGB eine Regelung sieht, die in den Anwendungsbereich der VO fällt. Die Anrechnung nach § 1371 I BGB geschieht auch nicht "später", wie du schreibst, sondern nach § 1371 I BGB genau im Zeitpunkt des Todes des Erblassers/Ehegatten - und damit zum selben Zeitpunkt wie die Gesamtrechtsnachfolge nach § 1922 I BGB. Ein Rangverhältnis zwischen Erbrecht und dem güterrechtlichen Ausgleich gibt es damit mE nicht.

CHU

chu

12.1.2024, 09:16:11

Liebes Jurafuchs-Team, in der Subsumtion zur letzten Frage muss "sie" im letzten Satz kleingeschrieben werden.

LELEE

Leo Lee

14.1.2024, 09:05:52

Hallo chu, vielen Dank für den Hinweis! Wir haben den Fehler nun korrigiert :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo


© Jurafuchs 2024